Seit vier Tagen ist schon Betrieb im historischen Kaffeehaus „Zum Arabischen Coffe Baum“. Noch ganz ohne große Werbeaktion. Denn der Betrieb soll sich erst einspielen, nachdem Deutschlands ältestes Kaffeehaus nach über sechs Jahren Schließung endlich wieder öffnet. So lange hat die Sanierung nicht dauern sollen, stellte Dr. Ansgar Scholz, der die Sanierung für das Kulturamt der Stadt betreute, am Dienstag, dem 8. April fest. Da hatte die Stadt zum ersten Pressetermin ins endlich sanierte Haus eingeladen.

Nach rund sechs Jahren Schließzeit sind Restaurant und Café unter den neuen Pächtern Henrik Dantz und Sven Gerling wieder für Gäste geöffnet. Auf drei Etagen kann im denkmalgerecht sanierten und mehr als 400 Jahre alten Haus wieder der Kaffeehaustradition gefrönt werden. Zumindest bald. Denn aktuell werden vor allem die Gasträume im Erdgeschoss bespielt, in die die Touristen auch ohne Werbung schon strömen. Denn das kann man sich auf einem Leipzigbesuch nicht entgehen lassen.

Und die Mannschaft, die Dantz und Gerling für den Start im „Coffe Baum“ zusammengestellt haben, kann sich einspielen, bevor zu Ostern der große Andrang kommt. Dann sollen auch die Räume in den oberen Geschossen bereit sein für das Publikum. Eingerichtet sind sie schon in klassischer Kaffeehaus-Tradition – die einen als Wiener Café, die anderen als Café Francais. Während im Erdgeschoss die Gasthaustradition fortgesetzt wird, wird in den oberen Geschossen die Kaffeekultur gelebt.

Pressegespräch mit den Pächtern Sven Gerling und Henrik Dantz, Kulturbürgermeisterin Dr. Skadi Jennicke und Dr. Ansgar Scholz, dem Baubetreuer aus dem Kulturamt. Foto: Ralf Julke
Pressegespräch mit den Pächtern Sven Gerling und Henrik Dantz, Kulturbürgermeisterin Dr. Skadi Jennicke und Dr. Ansgar Scholz, dem Baubetreuer aus dem Kulturamt. Foto: Ralf Julke

Mit in der Region geröstetem Kaffee und direkt auf der Etage aufgebrüht, wie Sven Gerling erzählt.

Für die Räume in den darüber liegenden Geschossen braucht es noch etwas Geduld. Den hier beginnt erst in Kürze die Einrichtung der überarbeiteten Ausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums, die ab 1. Juli für Besucher geöffnet sein wird, teilt das Kulturdezernat mit.

„Die Wiedereröffnung dieses historischen Gasthauses wurde von den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch von den Gästen unserer Stadt, lange herbeigesehnt. Leider hat sich der Abschluss der Baumaßnahme aus einer Vielzahl von Gründen verzögert. Umso mehr freue ich mich, dass ich nun die Gasträume und die Küchen den erfahrenen Gastronomen Henrik Dantz und Sven Gerling übergeben kann. Ich wünsche ihnen und uns ein allzeit gut besuchtes Haus“, sagt Kulturbürgermeisterin Dr. Skadi Jennicke.

Über 400 Jahre Hausgeschichte

Das Traditionshaus „Zum Arabischen Coffe Baum“ im Zentrum Leipzigs ist das älteste, durchgehend geöffnete Café-Restaurant Europas mit einer Ausstellung rund um den Kaffee und seine sächsische Geschichte. Nach dem Ende der Bewirtschaftung der Gastronomie durch den vorherigen Pächter zum Jahresende 2018, erfolgte ab 2019 schrittweise eine umfangreiche Teilsanierung, die sich durch in der Corona-Pandemie ausgelöste Lieferengpässe und unvorhersehbare Herausforderungen in der Bausubstanz mehrfach verzögerte.

Ursprünglich war eine Eröffnung im letzten Jahr geplant, doch zuletzt kam das Projekt durch Lieferverzögerungen bei der Gastronomietechnik ins Stocken. Nach der bauordnungsrechtlichen Abnahme Ende März ist das Gebäude jetzt wieder in bestmöglichem Zustand.

Kaffeehaus-Flair in der ersten Etage. Die Presse durfte schon einmal hineinschauen. Foto: Ralf Julke
Kaffeehaus-Flair in der ersten Etage. Die Presse durfte schon einmal hineinschauen. Foto: Ralf Julke

Nach der planmäßigen Beendigung der letzten Gastronomieverpachtung im Jahr 2018 zeigte sich, dass ohne eine Instandsetzung der Haustechnik das Museum nicht wieder geöffnet und die Gastronomie nicht mehr aufgenommen werden kann. Mit 250.000 Euro für die Erneuerung der Technik, rechnete Ansgar Scholz damals noch. Aber nach dem Ausbau der Haustechnik stellte sich schnell heraus, dass das alte Haus doch mehr Defekte verbarg, als die erste Machbarkeitsstudie noch annahm.

Am schwerwiegendsten war dabei der Hausschwamm, der sich unbemerkt entwickelt hatte und teilweise auch die Decken im Haus in Mitleidenschaft gezogen hatte. Beim Öffnen des Innenhofes stellte sich auch noch heraus, dass die alten Leitungen nicht dem entsprachen, was in den Plänen zum Haus eingezeichnet war.

Ergebnis: Mehrere Gewerke mussten in den nächsten Jahren Stück für Stück erst einmal das Haus in Ordnung bringen. Und das ging auch deshalb nur so langsam, so Scholz, weil das Haus so eng und verwinkelt ist, dass nicht alle Handwerker gleichzeitig hinein konnten. Die Corona-Zeit sorgte für zusätzliche Verzögerungen.

Dazu kamen dann noch Anpassungen der Kühl-, Tiefkühl- und Lüftungstechnik, die Verbesserung des Brandschutzes, sowie die organisatorische Neuordnung der Küchen- und Sozialbereiche („Schwarz-Weiß-Trennung“). Außerdem wurden Fenster, Türen und Fassade erneuert sowie die historischen Fußböden aufgearbeitet.

Die Kosten stiegen für die Stadt, der das über 400 Jahre alte Gebäude gehört, zuerst auf 3 Millionen Euro, zuletzt auf rund 3,8 Millionen Euro, wovon der Freistaat Sachsen aus PMO-Fördermitteln eine Million Euro beisteuerte. Diese Million war zwar ursprünglich fürs Sportmuseum am Sportforum vorgesehen. Aber da sich dort alles anders entwickelte, war Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke froh, dass die Mittel für die Sanierung der „Coffe Baum“ zur Verfügung standen.

Die anheimelnden Räume im zweiten Geschoss des "Coffe Baum". Foto: Ralf Julke
Die anheimelnden Räume im zweiten Geschoss des „Coffe Baum“. Foto: Ralf Julke

Ein besonderes Geschenk

Henrik Dantz und Sven Gerling, die die Leipziger schon als Betreiber der Milchbar Pinguin kennen, hielten trotzdem an ihrer Zusage fest, den „Coffe Baum“ zu pachten. Und investierten natürlich auch noch in die eigene Einrichtung.

„Nach langer Planung und Renovierung in diesem wunderschönen historischen Haus freuen wir uns sehr, dass wir eine erfolgreiche Übergabe vom Kulturamt durchführen konnten. Wir sind uns dieser verantwortungsvollen und anspruchsvollen Aufgabe bewusst, hier die Geschichte eines so tollen Hauses mit so langer Tradition fortführen zu dürfen. Vielen Dank noch mal an alle Projektbeteiligten und Handwerksfirmen für die Durchführung dieser komplexen Aufgabe. Wir freuen uns jetzt nun endlich auf unsere Gäste und hoffen, dass wir die Erwartungen erfüllen können“, sagen die Pächter Dantz und Gerling.

Und beide bekamen auch gleich noch ein „Geschenk“, das selbst schon eine eigene Geschichte hat: Das Gästebuch des „Coffe Baum“, das seit dem Jahr 1928 geführt wird und in das sich Berühmtheiten aus Kunst, Kultur, Politik und Wirtgschaft eingetragen haben. Peter Steffen, der den „Coffe Baum“ bis 2018 gepachtet und übe 20 Jahre geführt hatte, brachte das Buch am Dienstag mit, um es den beiden neuen Pächtern zu treuen Händen zu geben. Noch ist ein Drittel der Seiten unbeschrieben, Platz also genug für weitere Berühmtheiten, die sich im „Coffe Baum“ zu offiziellen und weniger offiziellen Gesprächen treffen.

Und wenn es dann einmal gefüllt ist bis zur letzten Seite, so wünscht sich Museumsdirektor Anselm Hartinger, dann soll es unbedingt in die Sammlung des Stadtgeschichtlichen Museums. Denn mit diesem Buch wird nicht nur die Geschichte eines weit über Leipzig hinaus bekannten Kaffeehauses sichtbar, sondern auch ein Teil der großen und kleinen Geschichte, die manchmal auch in Leipzig Station machte. Mit Pflichttermin im „Coffe Baum“.

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