Enrico Böhm (32) kann sich mental auf einen längeren Gefängnisaufenthalt einstellen. Das Leipziger Amtsgericht entschied am Mittwoch, den NPD-Stadtrat nicht aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Der erheblich vorbestrafte Kommunalpolitiker sitzt seit dem 2. August hinter Gittern. Er soll an diesem Tag gemeinsam mit Lebensgefährtin Annemarie K. einen Radfahrer angegriffen haben.

Böhms Vorstrafenregister ist ellenlang. Im Bundeszentralregister sind zu seiner Person 13 Einträge vermerkt. Demnächst könnten noch ein paar Verurteilungen hinzukommen. Im Mai war Böhm erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Leipziger NPD-Vorsitzende hatte im Mai 2014 eine Radfahrerin attackiert. Der Fall wird Ende Oktober vor dem Landgericht erneut verhandelt.

Nächsten Mittwoch beschäftigt sich das Amtsgericht mit einer Prügelei in der Straßenbahn, an der Böhm sich im Februar 2013 beteiligt haben soll. Seit Januar ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Kommunalpolitiker wegen falscher Verdächtigung. Böhm hatte die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke) wegen eines Gewaltaufrufs angezeigt, den die Politikerin allerdings nicht selbst in die Welt gesetzt hatte. Offenbar hatte der NPD-Mann das Beweismittel, den Screenshot einer Pressemitteilung des Aktionsbündnisses “Leipzig nimmt Platz”, in dem Nagel zu Wort kommt, kurzerhand manipuliert.

Am 2. August geriet Böhm auf dem Weg zu einer Kundgebung in die Auseinandersetzung mit dem Radfahrer, die nach Polizeiangaben seine Lebensgefährtin Annemarie K. (29) angezettelt haben soll. Der Vorfall war für die Staatsanwaltschaft zu viel des Guten. Die Behörde beantragte einen Haftbefehl wegen drohender Verdunkelungsgefahr und ließ Böhm festnehmen. Das Amtsgericht bestätigte die Inhaftierung am Mittwoch bei einem Haftprüfungstermin. “Es ist Haftfortdauer angeordnet worden”, berichtet Gerichtssprecher Stefan Blaschke.

Der NPD-Politiker bleibt demzufolge bis auf Weiteres hinter Gittern. Seine Partei äußerte sich bislang nicht zu den jüngsten Entwicklungen. Unklar bleibt, ob Böhm sein Stadtratsmandat niederlegen wird. Eine rechtliche Verpflichtung besteht hierzu nicht. Allerdings kann er das Mandat aus der Haftanstalt heraus nur sehr eingeschränkt ausüben. Die Teilnahme an der Ratsversammlung bleibt ihm für die Dauer der Inhaftierung verwehrt.

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