LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 74, ab Freitag, 20. Dezember 2019 im HandelFür FreikäuferSeit 9. Dezember muss sich die ehemalige AfD-Parteisprecherin Frauke Petry wieder vor dem Leipziger Amtsgericht verantworten. Bereits vor einem Jahr hatte der Prozess gegen die 44-Jährige begonnen, war dann aber wegen eines formalen Fehlers bei der Vorladung ihres Anwalts geplatzt. Ein für April 2019 angesetzter Neustart fiel aus, da die hochschwangere Politikerin kurz vor der Entbindung ihres sechsten Kindes verhandlungsunfähig war.

Laut Anklage soll Frauke Petry 2014/15 eine sogenannte Turn-Around-Beratung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für ihre in Schieflage geratene Plagwitzer Firma „PURinvent GmbH“ in Anspruch genommen haben. Über dieses Programm erhalten Selbstständige unter Umständen einen Zuschuss, um externe Berater zu bezahlen, die im Falle einer Unternehmenskrise helfen.

Allerdings habe Petry die so bewilligten 6.000 Euro nicht für die Firma, sondern zur Begleichung ihrer Privatinsolvenz genutzt, sagte Staatsanwalt Michael Ullrich. Die Angeklagte soll dies bei der Umsatzsteuervoranmeldung falsch deklariert und außerdem die Berater-Rechnung von rund 9.500 Euro über ihre Firma bezahlt haben. Gegen einen Strafbefehl über 38.000 Euro hatte die Ex-AfD-Politikerin Einspruch erhoben. Damit muss die Sachlage in öffentlicher Verhandlung geklärt werden.

Das Titelblatt der letzten LZ für 2019. Leipziger Träume zum Jahresschluss. Foto: Screen LZ
Das Titelblatt der letzten LZ für 2019. Leipziger Träume zum Jahresschluss. Foto: Screen LZ

Ulrich A., Geschäftsführer der Leipziger Beratungsgesellschaft, gilt der Anklage als zentraler Belastungszeuge. Auch vor Amtsrichter Christian Brudnicki wiederholte der 43-Jährige seinen Vorwurf, wonach die in Rechnung gestellten Honorare eigentlich persönlichen Leistungen für Frauke Petry und nicht deren Firma gegolten hätten. Auch der Mann selbst geriet zuweilen ins Visier der Ermittlungsbehörden. Das Strafverfahren gegen ihn sei inzwischen jedoch eingestellt.

Derweil versuchte die Verteidigung, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erschüttern. So habe der sich mit Frauke Petry vergebens einen zivilrechtlichen Streit um die Berater-Honorare geliefert – und daher ein Motiv zur Falschaussage.

Das Gericht legte kurzerhand zwei weitere Prozesstermine fest. Damit wird erst im Januar mit einem Urteil über Frauke Petry gerechnet. Die promovierte Chemikerin war im April 2013 neben Konrad Adam und ihrem späteren Rivalen Bernd Lucke auf dem ersten AfD-Parteitag zur Sprecherin im Bundesvorstand gewählt worden. Im Juli 2015 konnte sie einen Machtkampf mit Lucke für sich entscheiden, der die AfD daraufhin verließ.

Kurz nach der Bundestagswahl 2017 hatte auch sie der AfD wegen interner Richtungsstreitigkeiten den Rücken gekehrt und noch im gleichen Jahr die „Blaue Partei“ initiiert. Nach verheerenden Schlappen bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen kündigten die „Blauen“ kürzlich ihre Auflösung zum Jahresende 2019 an. Petry gab überdies ihren mittelfristigen Rückzug aus der aktiven Politik bekannt. Ihr laufendes Bundestagsmandat will sie aber bis zu dessen Ablauf 2021 wahrnehmen.

Hohe Geldstrafe für angeklagte Oberstaatsanwältin: „Mafia-Jägerin“ will sich gegen Urteil wehren.

Hohe Geldstrafe für angeklagte Oberstaatsanwältin: „Mafia-Jägerin“ will sich gegen Urteil wehren

Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 1. November 2019): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.

Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen.

Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.

Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 400 Abonnenten.

Alle Artikel & Erklärungen zur Aktion „Freikäufer“

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar