Ein offenbar tödlich eskalierter Streit am Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof ist seit Dienstag Verhandlungsgegenstand am Leipziger Landgericht. Verantworten muss sich ein 25-jähriger Mann, der einen 29-Jährigen so brutal attackiert haben soll, dass er kurz darauf an seinen Verletzungen starb. Der Verdächtige äußerte sich bisher nicht.

Laut Anklage kam es am Abend des 12. November 2020 zu einem zunächst verbalen Streit zwischen mehreren Personengruppen auf dem Kleinen Willy-Brandt-Platz neben dem Bürgermeister-Müller-Park. Gegen 19:30 soll der nun angeklagte Abdelkader G. sein Opfer mit gestrecktem Bein von vorn angesprungen und ihn am Kopf verletzt haben.

Schließlich habe er dem 29-Jährigen mit der Klinge eines 15 cm langen Messers in die Herzgegend gestochen. Al Amin A. erlitt Stiche an Lunge und einer Hauptschlagader am Herz, verstarb kurze Zeit später. „Dies hatte der Angeklagte als Folge seines Handels vorausgesehen und wollte das auch“, sagte Staatsanwältin Jenny Mosbacher, die dem Arbeitslosen Totschlag vorwirft.

Hintergründe der Tat bisher unklar

Die genauen Hintergründe der Auseinandersetzung sollen nun bis Ende August gründlich beleuchtet werden. Fest steht, dass der des Totschlags verdächtigte Mann bei der Konfrontation selbst schwerste Verletzungen davongetragen hatte und ins Krankenhaus gebracht werden musste.

Darüber hinaus ist das Gebiet rund um den Leipziger Hauptbahnhof neben weiteren Orten in der Stadt seit langem als Drogen- bzw. Kriminalitätsschwerpunkt in der öffentlichen Wahrnehmung. Immer wieder werden dort Razzien durchgeführt, die jedoch offenbar keine nachhaltige Zurückdrängung der Probleme mit sich brachten.

Erst vor wenigen Wochen war die Bundespolizei hier mit einer größeren Aktion präsent, die nach Behördenangaben unter anderem der Gefahrenabwehr und Verhinderung von Straftaten diente. Vor wenigen Wochen folgte ein weiterer Einsatz.

Inwieweit das dramatische Geschehen vom 12. November in die Gesamt-Problematik reinfällt, wird der Prozessverlauf zeigen. Abdelkader G. bestätigte am Dienstag lediglich seine Personalien, ansonsten wolle er an diesem Tag keine Angaben zum Tatvorwurf machen, so Verteidiger Mario Thomas.

Video zeigt Auseinandersetzung

Die Beweisaufnahme begann zunächst mit der Sichtung vom Videomaterial einer Überwachungskamera, die den Kleinen Willy-Brandt-Platz aus größerer Entfernung vom Hauptbahnhof aus zeigt. Auf der tonlosen Sequenz ist zu erkennen, wie am Tatabend offensichtlich mehrere Personen einige Male aufeinander losgehen und über den Platz rennen, ehe einer der Menschen am Boden liegt. Wenig später ist auch schon das Eintreffen von Polizei und Rettungsdienst sichtbar.

Zudem sagten die ersten Zeugen aus, darunter auch Polizisten. Der Streifenbeamte Marcel R. (31) erinnerte sich, er habe zunächst an einen Verkehrsunfall gedacht, als er und sein Kollege einen blinkenden Wagen am Fahrbahnrand wahrnahmen. Doch schon kurz danach sahen die Gesetzeshüter den niedergestochenen 29-Jährigen auf dem Boden liegen.

Die 1. Strafkammer hat bis 27. August neun weitere Verhandlungstermine eingeplant.

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