Bei einer Fahrzeugkontrolle schlug den Beamten schon der scharfe Geruch entgegen: Gesetzeshüter aus Leipzig und Oschatz stellten letzte Nacht am Ende insgesamt sechs Tatverdächtige, die etwa 100 Kilo Bärlauchknollen bei sich hatten, mutmaßlich aus dem Norden des Leipziger Auwalds. Eine Genehmigung dafür konnten sie nicht vorweisen. Das kommende Frühjahr ist zugleich wieder Bärlauch-Saison – und damit auch die Zeit der Wilderer.
Kommissar Zufall war offenbar behilflich, dass Polizisten in der letzten Nacht insgesamt sechs mutmaßliche Bärlauchdiebe zu fassen bekamen: Wie Polizeidirektions-Sprecherin Sandra Freitag heute mitteilt, waren Beamte auf der Staatsstraße 38 Richtung Wermsdorf unterwegs, als ihnen etwa 00:40 Uhr ein dunkler Volvo mit eingeschaltetem Fernlicht auffiel. Bei einer Kontrolle des Autos und seiner drei Insassen (27, 29, 39) nahmen die Ordnungshüter bereits einen markanten Geruch wahr.
Drei weitere Verdächtige gestellt
„Im Kofferraum fanden sie mehrere Einkaufstüten voller Bärlauchknollen und Erntewerkzeug. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen stellten die Beamten fest, dass die drei Männer den Bärlauch vermutlich im Auwald im Leipziger Stadtteil Wahren ausgegraben hatten“, so die Polizeisprecherin.
Kollegen des Reviers Nord wurden um Hilfe gebeten, sie prüften den für Bärlauchdiebstahl bekannten Bereich des Leipziger Auwalds. Das erwies sich als Volltreffer: Gegen 02:00 Uhr stellten sie einen BMW vor Ort fest, dazu drei weitere Männer von 26, 32 und 35 Jahren. Diese hatten ebenfalls drei gefüllte Taschen mit knapp 50 Kilogramm Bärlauchknollen dabei. Schon der Wert von 100 Kilo wird mit mehreren tausend Euro beziffert.
Unter den Verdächtigen waren auch alte Bekannte: „Zwei der drei in Leipzig angetroffenen Tatverdächtigen waren bereits vor einigen Tagen in Borna beim Diebstahl von Bärlauch auf frischer Tat gestellt worden“, erklärt Polizeisprecherin Sandra Freitag.Â
Bärlauch: Küchenliebling des Frühjahrs
Der Diebstahl von Bärlauch im Auwald ist jedes Frühjahr wieder ein Ereignis, nach dem man beinahe schon die Uhren stellen kann, möchte man meinen. Bereits vor zwei Jahren hatten die Behörden einen großangelegten Diebstahl gerade noch vereitelt, indem sie sage und schreibe 40 mit Bärlauch gefüllte Säcke konfiszierten, die wahrscheinlich bereits zum zeitnahen Abtransport geplant waren.
Bärlauch (lateinisch Allium ursinum) ist eine Wildpflanze, die jährlich etwa von März bis Mai austreibt. Besonders gut gedeiht sie in schattigen Laub- und Mischwäldern. Tendenziell zeigt sich der Bärlauch mit dem markanten Knoblauchgeruch seiner Blätter, gemeinsam mit anderen Frühlingsboten, aufgrund höherer Temperaturen auch oft schon zeitiger im Jahr.
Beliebt ist er besonders für den privaten Gebrauch in der heimischen Frühjahrsküche, etwa als Salatzugabe, Pesto, Suppe oder Brotaufstrich. Nicht zuletzt der Ruf des Bärlauchs als Gesundheits-Booster mit vielen Mineralien und Vitaminen dürfte ein Grund sein, dass viele Menschen die Blätter im Frühjahr gern pflücken.
HandstrauĂźregel und Verwechslungsgefahr: Was ist erlaubt und was ist zu beachten?
Das dürfen sie grundsätzlich auch: Das Pflücken eines Handstraußes für den reinen Eigenbedarf ist ohne Sondererlaubnis gestattet, erst bei der Ernte größerer Mengen oder bei gewerblicher Nutzung braucht es Genehmigungen. Zu beachten ist dabei aber, dass die Bärlauch-Entnahme nur außerhalb von Naturschutzgebieten und Flächennaturdenkmälern erfolgen darf. Wer sich daran nicht hält und erwischt wird, den bitten die Behörden mit einem empfindlichen Bußgeld zur Kasse.
Darüber hinaus muss auch vor der Verwechslungsgefahr von Bärlauch mit Aronstab, Maiglöckchen und Herbstzeitlosen gewarnt werden. Im Ernstfall kann es zu tödlichen Vergiftungen kommen. Vor Ausformung der Bärlauch-Blüten können die Blätter anhand äußerer Merkmale auseinandergehalten werden, vor allem aber die Geruchsprobe liefert einen wichtigen Anhaltspunkt: Die Bärlauch-Blätter entfalten ihren scharfen Knoblauchduft, wenn man sie zwischen den Fingern zerreibt. Bärlauchsammler sind angehalten, sich unbedingt vorab zu informieren.
Gegen die letzte Nacht gefassten, mutmaßlichen Bärlauchdiebe laufen indes Ermittlungen wegen des Verdachts auf Bandendiebstahl, so die Polizei.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:
Es gibt 5 Kommentare
@Heiko WeiĂźbach:
“Denn darĂĽber, dass der Bärlauch im Auwald ĂĽberhaupt nicht vorkommen soll oder darf, hatte ich gar nichts geschrieben”
Wie wollen Sie dann diesen Satz verstanden haben:
“Wird der Auwald regelmäßig geflutet, verschwindet auch der Bärlauch, und fĂĽr Auwälder typischere Vegetation ersetzt ihn.”
@fra
Und da Sie die Wikipedia zitieren: ich habe auch ein Zitat. Allerdings nicht allgemein zum Auwald, sondern konkret zur Paußnitzflutung. Denn darüber, dass der Bärlauch im Auwald überhaupt nicht vorkommen soll oder darf, hatte ich gar nichts geschrieben:
“Obwohl noch vereinzelt nachgewiesen, wurden u.a. Geophyten wie Bärlauch […] auf der Flutungsfläche nur noch mit ganz geringen Stetigkeiten und Deckungsgraden erfasst, wohingegen sie auf den Vergleichsflächen regelmäßig vorkommen bzw. hier der Bärlauch im FrĂĽhjahr flächendeckend die Krautschicht bestimmt.”
Aus: “Leipzig Natour: Projekt PauĂźnitzflutung 1993-2020”, S. 15f.
@fra
Keine Annahme. Schauen Sie selbst.
@Heiko WeiĂźbach
Ihre Annahme ist leider falsch, der Bärlauch ist eine Pflanze die im Auenwald heimisch ist.
Wikipedia:
“Er findet sich teils in groĂźen Beständen in schattigen, feuchten und humusreichen Auwäldern und Laubwäldern, in Auen, Schluchten, unter Sträuchern oder an Bächen.[3] Der Bärlauch ist ein Nährstoffzeiger, schätzt tiefgrĂĽndige und humose, lockere, anhaltend feuchte Böden. Zusammen mit dem Buschwindröschen, dem Gelbstern, der FrĂĽhlingsknotenblume und dem Lerchensporn gehört er zur Corydalis-Gruppe, die fĂĽr mäßig feuchte bis feuchte, kalkreiche Böden kennzeichnend ist.”
Ich wag mich mal vor: der Bärlauch wächst im Auwald nur dort, wo der Auwald zu trocken ist. Wird der Auwald regelmäßig geflutet, verschwindet auch der Bärlauch, und für Auwälder typischere Vegetation ersetzt ihn.
Besichtigen kann man das im Bereich der Paußnitzflutung am Elsterflutbett nahe des Schleußiger Wegs. In dem Bereich wächst er nämlich nicht (mehr).
Disclaimer: Irgendetwas in einem Landschaftsschutzgebiet auszubuddeln ist natĂĽrlich ein No-Go.