Mit einem brutalen, sexuellen Übergriff in einem innerstädtischen Hotel befasste sich das Amtsgericht am Montag. Am Ende wurde das Verfahren jedoch vorläufig ausgesetzt: Der Tatverdächtige (27) gilt als psychisch auffällig und soll nun begutachtet werden, um die Frage zu klären, ob er für sein Handeln rechtlich überhaupt zur Verantwortung gezogen werden kann – oder etwa in die Psychiatrie muss.
Der fragliche Vorfall, angeklagt als sexueller Übergriff und sexuelle Nötigung, liegt fast genau drei Jahre zurück: Am Vormittag des 20. Mai 2022 gegen 10:30 Uhr soll der Angeklagte Abdualah A. (27) ein Hotel im Leipziger Zentrum betreten und die Angestellte Julia H. (Name geändert) gebeten haben, ihm die Toilette zu zeigen. Als die junge Mitarbeiterin dem nachkam und auf den Wunsch des Mannes hin den Wasserhahn aufdrehte, soll der damals 24-Jährige die Tür verschlossen und das Opfer zu Boden gebracht haben.
Die Geschädigte habe er sodann mit der linken Hand am Körper und im Intimbereich berührt, sagte Staatsanwältin Jana Kalex. Julia H. gelang es letztlich, sich loszureißen und vom Ort des Geschehens zu flüchten, so die Anklage.
Ist der Angeklagte zurechnungsfähig?
Bereits unmittelbar nach deren Verlesung fand im Gerichtssaal ein nicht-öffentliches Rechtsgespräch zwischen Schöffengericht, Anklage und Verteidigung statt. Auch für ihn sei die Kommunikation mit seinem Mandanten schwierig gewesen, sagte Anwalt Michael Tornow, der dem Angeklagten im Prozess als Pflichtverteidiger beisteht. Äußern wollte sich Abdualah A. zum Vorwurf der Staatsanwaltschaft nicht.

Laut seines Rechtsanwalts seien aber Zweifel angebracht, ob der im Westen Syriens geborene Mann, der keinen Beruf erlernt haben will, überhaupt schuldfähig ist. Sowohl bei der Tatbegehung als auch danach hätten sich Auffälligkeiten beim Angeklagten offenbart, der schon zweimal zur stationären Behandlung in einer Psychiatrie gewesen sei.
Am Montag wurde er von Beamten in Handschellen aus dem Gefängnis gebracht, nachdem er einem ersten Verhandlungstermin im Februar ferngeblieben war. Daraufhin war Haftbefehl erlassen worden.
Begutachtung geplant: Prozess ausgesetzt
Auch das Tatopfer musste im Zeugenstand aussagen. Julia H. ist Nebenklägerin im Prozess und wurde auf Intervention ihrer Anwältin Giulia Borsalino unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Gerichtssaal vernommen. Außerdem schilderten zwei Polizeibeamte ihren Eindruck vom Tatverdächtigen bei dessen Festnahme und danach. Angeblich soll sich Abdualah A. kurz nach dem angeklagten Übergriff in einem anderen Hotel ebenfalls auffallend verhalten haben.
Als der junge Mann beinahe nackt in dieser Einrichtung gefasst wurde, habe er erst einmal wenig bis gar nichts gesagt, so ein Polizeiobermeister (33) im Zeugenstand. Doch wenig später, im Gewahrsam, habe der Verdächtige auf eine Decke gebissen, sich dann auch noch eine Socke ausgezogen und in den Mund gesteckt: „Er hatte nach wie vor die Socke im Mund und Spaß damit, sich per Pantomime zu verständigen“, so die Erinnerung des Polizisten.
Der Prozesstag endete schließlich Montagmittag – und dies ohne Urteil: Das Schöffengericht unter Vorsitz von Alexander Länge entschied, dass man sich zunächst um eine psychiatrische Begutachtung von Abdualah A. kümmern müsse, um über dessen Schuldfähigkeit zu entscheiden. Das Verfahren wurde daher vom Amts wegen ausgesetzt. Mit einem neuen Termin dürfte erst in ein paar Monaten zu rechnen sein.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:










Keine Kommentare bisher