Ein sichtbares Zeichen gegen Rassismus und für Vielfalt setzen – das wollen zahlreiche Initiativen und Gruppen am Sonntag in Leipzig schaffen. Zunächst soll eine Menschenkette vom Rabet bis in die Innenstadt reichen. Anschließend steht im Clara-Zetkin-Park die zweite Auflage des interkulturellen „Brückenfestes“ auf dem Programm. Die Veranstalter hoffen auf mehrere tausend Teilnehmer und Besucher.

13 Prozent in Rheinland-Pfalz, 15 Prozent in Baden-Württemberg, 24 Prozent in Sachsen-Anhalt – die Ergebnisse der AfD bei den Landtagswahlen im März kamen nicht überraschend, waren für viele Beobachter aber dennoch ein Schock. Obwohl sich die Partei seit der Trennung vom wirtschaftsliberalen Lucke-Flügel im Sommer 2015 rasant Richtung völkisches Spektrum radikalisiert hatte, liefen ihr die Wähler aus allen erdenklichen Richtungen zu. Nun sitzt die AfD schon in acht Landesparlamenten und avanciert somit zur erfolgreichsten Rechtspartei in der Geschichte der Bundesrepublik. Politik, Medien und Gesellschaft tun sich weiterhin schwer damit, einen angemessenen Umgang mit diesem neuen Phänomen zu finden.

Dennoch haben die zurückliegenden politischen Erfolge einiges bewirkt. Die bundesweite Antifa-Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“ macht seit einigen Monaten gegen die AfD mobil und organisierte etwa die Proteste gegen den Bundesparteitag Ende April. Lokale Gruppen sorgen immer wieder mit kleineren Aktionen für Aufmerksamkeit, beispielsweise indem sie Infostände stören oder die Überreste einer abgebrannten Asylunterkunft in der Parteizentrale abliefern. Ebenfalls noch recht neu ist die Initiative „Aufstehen gegen Rassismus“, die nur wenige Tage nach den Landtagswahlen an den Start ging. Zu den etwa 200 Erstunterzeichnern des Aufrufs zählen Journalisten, Wissenschaftler, Künstler, Politiker, Gewerkschafter, Auschwitz-Überlebende sowie verschiedene religiöse und antirassistische Organisationen. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ und „No Legida“ sind ebenfalls darin vertreten.

Die Aktionsformen des Bündnisses sind entsprechend breit und reichen von Konferenzen über die Ausbildung von „Stammtischkämpfern“ bis hin zu einer für Anfang September geplanten Großdemonstration in Berlin. Eine weitere, eher symbolische Mobilmachung gegen den Rechtsruck steht bereits am kommenden Wochenende auf dem Programm. In mehreren deutschen Städten, darunter Berlin, Hamburg, München und Leipzig, möchte die Kampagne „Hand in Hand gegen Rassismus“ große Menschenketten auf die Beine stellen. Zu den Initiatoren zählen Organisationen wie Amnesty International, Pro Asyl, Brot für die Welt und Oxfam sowie die Union progressiver Juden in Deutschland und der Zentralrat der Muslime.

Der Zeitpunkt für ein antirassistisches Statement könnte kaum besser gewählt sein. Erst am Mittwoch veröffentlichten Leipziger Wissenschaftler eine neue Studie über die „Enthemmte Mitte“. Aus dieser geht hervor, dass insbesondere antiziganistische, antimuslimische und nationalistische Einstellungen in Deutschland weit verbreitet sind und die Gewaltneigung der Menschenfeinde in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Zudem stimmen zwei von fünf Deutschen homophoben Aussagen zu.

Organisatoren und Teilnehmer der Menschenkette wollen sich am Sonntagmittag im Stadtteilpark Rabet im Leipziger Osten treffen. Ab 12:30 Uhr sollen die Moscheen rund um den Park mit verschiedenen Einrichtungen in der Innenstadt verbunden werden, darunter Oper, Gewandhaus, Universität, die beiden großen Kirchen und das Synagogenmahnmal in der Gottschedstraße. Anschließend soll es per Demo zur Abschlusskundgebung auf der Sachsenbrücke gehen. Bereits ab 13 Uhr läuft dort die Neuauflage des im vergangenen Herbst erstmalig veranstalteten Brückenfestes.

Diese interkulturelle Veranstaltung soll einmal mehr Migranten und alteingesessene Leipziger zusammenbringen. Geplant sind Info- und Verpflegungsstände, spezielle Angebote für Kinder, Liveauftritte von Bands, Redebeiträge, eine Spendenaktion für den von Rechtsradikalen bedrohten Fußballverein SV Fortuna und Tanzeinlagen, unter anderem von einer muslimischen und einer jüdischen Gruppe.

Für den reibungslosen Ablauf werden noch Ordner und Personen mit Gesundheitspass für die Essensausgabe gesucht. Interessierte können sich hier melden: http://platznehmen.de/mitmachen/

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