Und da war es noch eine mehr: Am Freitagabend wollen Linke in Connewitz gegen die Verhaftung einer angeblichen „Linksextremistin“ demonstrieren. Zeitgleich beginnt auf dem Markt das „Querdenken“-Wochenende. Unterdessen ist ein „Aufbaustreit“ auf dem Augustusplatz entbrannt und Leipzig wartet auf ein erstes Gerichtsurteil zur Samstags-Demo. Morgen drohen in der Innenstadt chaotische Zustände. Außerdem: Die Julis kritisieren die komplette Absage des Weihnachtsmarktes. Die L-IZ fasst zusammen, was am Freitag, den 6. November 2020, in Leipzig und Sachsen wichtig war.

„Freiheit für Lina“ fordern Unbekannte auf Indymedia seit dem Freitagnachmittag. Anlass für diese Forderung sind Hausdurchsuchungen in Connewitz am gestrigen Tag und eine heute folgende Pressemitteilung der Bundesanwaltschaft.

Diese bezeichnet die festgenommene Person als „mutmaßliches Mitglied einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung“, die sich vor rund zwei Jahren gegründet haben soll. Im Fokus der Gruppierung sollen Rechtsradikale gestanden haben. Die Bundesanwaltschaft rechnet der Gruppe unter anderem einen Angriff auf eine Gaststätte in Eisenach zu, die als Treffpunkt der rechten Szene gilt. Auch in Leipzig sei ein Angriff auf eine Person geplant gewesen.

Der Verhafteten wirft die Bundesanwaltschaft konkret Körperverletzung, Landfriedensbruch, Diebstahl, Sachbeschädigung und Urkundenfälschung vor. Die Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof haben den beantragten Haftbefehl in Vollzug gesetzt. Nur kurze Zeit später folgte auf Indymedia ein Aufruf für eine Solidemo am Freitagabend im Herderpark in Connewitz.

Ebenfalls im Visier staatlicher Ermittlungen stand heute ein 29-Jähriger in Mittweida, der bei einem Online-Versand „mehrere Chemikalien zur Herstellung von Sprengstoffen“ bestellt haben soll. In der Vergangenheit sei der Mann bereits durch rechte Straftaten in Erscheinung getreten.

Chaosbefürchtungen

Spätestens ab morgen dürfte dann die komplette Aufmerksamkeit der Stadt endgültig dem Geschehen rund um die „Querdenken“-Demos gelten. Rund zwei Dutzend Kundgebungen wurden angemeldet, darunter zahlreiche Protestveranstaltungen. Die Stadt möchte die „Querdenker“ an der Messe haben, doch diese wollen auf den Augustusplatz.

Die Klage des Anmelders Nils Wehner gegen diese Beauflagung der Stadt wie auch der Untersagung des „Ganges über den Ring“, welcher ab 16 Uhr starten sollte, läuft noch. Dennoch versucht zur Stunde (Freitag, 06.11., 17:30 Uhr) eine Aufbaucrew der „Querdenker“ auf dem Augustusplatz an der Leipziger Oper eine Bühne zu errichten.

++ Update, 20 Uhr Die Eilanträge gegen die versammlungsrechtlichen Beschränkungen bleiben vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg. Die Verlegung der „Versammlung für die Freiheit“ auf die Neue Messe bleibt bestehen. Gegen die Entscheidungen bleibt nun noch die Möglichkeit einer Beschwerde an das Sächsische Oberverwaltungsgericht. Hier der Beschluss zum Nachlesen im PDF. ++

Das hat bereits für einige Verwirrung gesorgt, Vertreter von „Leipzig nimmt Platz“ (LnP) sind ebenfalls vor Ort, denn laut bisheriger Stadtentscheidung darf diese Bühne da gar nicht entstehen. Zudem wurde der Augustusplatz an das zivilgesellschaftliche Bündnis LnP gegeben, welche dort morgen eine Kundgebung abhalten wollen.

Alles wirkt eher wie ein Reisezirkus einer Eventfirma. Querdenken baut mal eben schon auf - am derzeit falschen Ort. Foto: Privat
Alles wirkt eher wie ein Reisezirkus einer Eventfirma. Querdenken baut mal eben schon auf – am derzeit falschen Ort. Foto: Privat

Derzeit ist das Ordnungsamt Leipzig vor Ort und hat die Aufbaumaßnahmen vorerst gestoppt. Alles weitere muss nun in der ersten Instanz das Verwaltungsgericht Leipzig entscheiden. Ist eine der beiden Seiten, also Stadt oder „Querdenken“ mit der Entscheidung nicht einverstanden, könnte die Sache vor dem Oberverwaltungsgericht Bautzen landen und somit noch mehr Zeit verstreichen.

In jedem Fall wollen die „Querdenker“ so oder so weiter in die Innenstadt mobilisieren. Ziel bleibt es offensichtlich, über den Ring zu laufen – mehr oder weniger spontan. Eine bewegte Demo ist laut Corona-Schutzverordnung verboten. Sollte das Verwaltungsgericht gegen „Querdenken“ entscheiden, wolle man die Großkundgebung absagen, sodass sich die Teilnehmenden auf die kleineren Kundgebungen entlang des Innenstadtringes verteilen würden.

Dort sowie in der gesamten Leipziger Innenstadt könnte eine chaotische Lage entstehen.

Eine deutliche Mahnung vom Amtsgerichtspräsidenten

Schon heute hat sich im Umfeld der Geschehnisse jemand zu Wort gemeldet, dessen Art es sonst nicht ist, fortlaufend Pressemitteilungen zu schreiben. In einem Statement wandte sich der Präsident des Amtsgericht Leipzig, Michael Wolting, an die Presse und stellte am heutigen Freitag klar, dass sich das Amtsgericht auf eine rasche Verfolgung von etwaigen Straftaten gewappnet hat.

„Ich vertraue darauf, dass die Stadt Leipzig als Versammlungsbehörde und die Polizei diese Ansammlung im Griff haben und bei Bedarf konsequent durchgreifen. Das Amtsgericht steht mit zusätzlichen Ermittlungsrichtern bereit, die bei Straftaten von Gewicht Untersuchungshaft anordnen werden. Zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten erheblicher Bedeutung kann Polizeigewahrsam angeordnet werden“, so Wolting. Der weitere Gang läge dann „in den Händen der Richterinnen und Richter.“

Ungewöhnlich klar dabei sein Hinweis an die „Querdenken“-Teilnehmer/-innen: „Demonstranten, die bewusst Leben und Gesundheit ihrer Mitmenschen gefährden und dabei die Tradition der Friedlichen Revolution in den Schmutz ziehen, sollten allerdings wissen, dass das in Leipzig nicht mit einem Achselzucken hingenommen wird.“

Die L-IZ wird weiter fortlaufend über das weitere Geschehen informieren.

19:30 Uhr

Video: L-IZ.de

18:48 Uhr, es ist ruhig. Die Polizei hat die Lage im Blick. Etwa 100 Querdenker stehen vor einer Art Trailerpark von Initiator Michael Ballweg.

Video: L-IZ.de

Missbrauch, Dauerausstellungen und Weihnachtsmarkt

Worüber die L-IZ heute berichtet hat: über eine Pressekonferenz der Stadt zum „Querdenken“-Wochenende, über einen erschütternden Missbrauchsfall am Landgericht Leipzig und über einen Plan, ab 2023 freien Eintritt in die Dauerausstellungen der Leipziger Museen zu gewähren.

Was heute außerdem wichtig war: Die Jungen Liberalen Leipzigs kritisieren die „planlose Absage“ des Weihnachtsmarktes. Sie verweisen darauf, dass der Teil-Lockdown am 30. November enden soll und danach möglicherweise noch drei Wochen blieben, die Veranstaltung durchzuführen. Die Absage sei ein „schwerer Einschnitt für alle Gewerbetreibenden“.

„Querdenker“ in Leipzig: Eine Stadt wehrt sich

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