Als es darum ging, zu Gedichten von Else Lasker-Schüler eine Grafik für eine Mappe zu schaffen, 1996 von der GEDOK in Leipzig herausgegeben, wählte Christel Blume-Benzler das Gedicht „Nachklänge“, und erzählt mit der Radiernadel vom Schicksal einer Frau. Die Verse: „Auf den harten Linien / meiner Siege“ oder „Arglos über stille Tiefen“ betrafen sie selbst; denn ihr langer Weg war ungewöhnlich und kein leichter.

Jetzt ging das schaffensreiche Leben der Malerin und Grafikerin zu Ende. 1925 in Leipzig geboren, durchlitt sie den furchtbaren Zweiten Weltkrieg und wünschte nichts mehr als Frieden, Sicherheit, die Möglichkeit, künstlerisch zu arbeiten. Sie gehörte zu den wenigen Frauen des ersten Semesters nach 1945, die an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) das Diplom für Grafik erhielten.

Malerei wurde dort noch nicht gelehrt, entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten mussten selbst angeeignet werden. Und Blume-Benzler war eine der wenigen Frauen ihrer Generation, die sich mit ihrer künstlerischen Arbeit durchsetzen konnten, auch wenn bald Kinder und Haushalt viele Nachtschichten erforderten und Rückschläge nicht ausblieben – eine Wegbereiterin.

Sie sagte sich und anderen: „Neben den angenehmen und beglückenden Momenten, die man beim Machen eines Kunstwerkes verspürt, sollte man sich auch der Schwierigkeiten, die bei diesem Prozess ständig vorhanden sind, bewusstwerden.“

Freiberuflich arbeitend, fand sie zunächst als Illustratorin, dann auch durch baukünstlerische Aufträge Gestaltungs- und Verdienstmöglichkeiten sowie durch Unterweisung in Zirkeln des bildnerischen Volkskunstschaffens. Gekrönt wurden die pädagogischen Ambitionen mit einem Lehrauftrag in der Abteilung Vorstudium der HGB im Fach Gestaltungslehre.

Christel Blume-Benzler hinterlässt ein umfangreiches Œuvre von Malereien, Zeichnungen, Druckgrafiken, auch Plastiken, ein Gebiet, dem sie eher heimlich zugeneigt war. Es ist ein Werk von eigener Ordnung, geprägt durch ihren Geist, ihr Erleben, ihre Sensibilität, das es zu erhalten gilt, weil es trotz vieler Ausstellungen im Einzelnen in seiner Gesamtheit der Entdeckung und Bewertung harrt.

Als engagierte Streiterin für Recht und Gerechtigkeit, ergriff Christel Blume-Benzler in den Wendejahren die Gelegenheit, Künstlerinnen Platz und Raum zu schaffen. So übernahm sie 1991 als eine der angesehenen Gründerinnen des gemeinnützigen Künstlerinnenvereins GEDOK, Gruppe Leipzig/Sachsen den Vorsitz, quasi als Nachfolgerin von Edith Mendelssohn Bartholdy, die 1930 diese Gemeinschaft hier etablierte.

Zusammen mit anderen legte sie den Grundstein für das jahrelange Wirken und Zusammenwirken von bildenden und angewandten Künstlerinnen, Musikerinnen, Schauspielerinnen, Schriftstellerinnen in Leipzig, Mitteldeutschland und darüber hinaus.

Als bedeutende Künstlerin und als gesellschaftlich engagierte Persönlichkeit bleibt Christel Blume-Benzler in unseren Herzen und in unserm Gedächtnis.

Leipzig, 3. August 2021

Christel Blume-Benzler (26.11.1925–01.08.2021) gründete 1991/92 die GEDOK neu, die 1930 von Edith Mendelssohn-Bartholdy gegründet wurde. Zudem zählt sie den bedeutenden zeitgenössischen bildenden Künstlerinnen in Leipzig.

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