Die Leipziger Stadtpolitik diskutiert momentan über den Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026. Das Geld ist knapp, an vielen Stellen wird es schmerzhafte Einschnitte geben müssen. Auch der Kinder- und Jugendhilfe droht eine millionenschwere Finanzlücke. Dieses Szenario will die „Arbeitsgemeinschaft Freier Träger der Jugendhilfe in Leipzig“ (AGFT) unbedingt abwenden.
Vor Beginn der Ratsversammlung am 15. Januar machten die rund 40 in der AGFT vereinten Vereine und Initiativen daher eindringlich auf den Ernst der Lage aufmerksam. Die geplante Kürzung der Förderung in der Kinder- und Jugendhilfe in Leipzig für die Jahre 2025 und 2026 stellt ein ernsthaftes Problem dar und könnte gravierende Folgen für die junge Generation haben, stellte die AGFT in einem Infoflyer heraus. Denn diese Einschnitte träfen die Gruppe, die in der Zukunft diese Gesellschaft tragen soll: Kinder und Jugendliche.
Die AFGT führt Studien ins Feld, die alarmierende Trends aufzeigen, wie etwa eine hohe Zahl von Jugendlichen, die mit ihrer Lebensqualität unzufrieden sind, sich einsam fühlen oder unter psychischen Problemen leiden. Bereits jetzt sind diese Zahlen besorgniserregend, und eine weitere Reduzierung der Jugendhilfe könnte diese negativen Entwicklungen verstärken.
Altersgruppe der 14- bis 27-Jährigen wächst kontinuierlich
Die Jugendhilfe sollte als ein unverzichtbarer Bestandteil der sozialen Stabilität und als Präventionsmechanismus verstanden werden, der nicht nur Bildung fördert, sondern auch Räume schafft, in denen sich junge Menschen entfalten und ihre sozialen und emotionalen Bedürfnisse ausleben können. Entsprechende Angebote sind insbesondere auch deshalb wichtig, da die Altersgruppe der 14- bis 27-Jährigen kontinuierlich wächst.
Doch was passiert, wenn diese Angebote nicht mehr ausreichend finanziert werden? Die Folgen könnten weitreichend sein, warnt die AGFT: vermehrte psychische Erkrankungen aufgrund fehlender Unterstützung, zunehmende Gewalt und Kriminalität durch den Wegfall präventiver Maßnahmen und eine verpasste Chance für die junge Generation, Perspektiven und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erhalten.
Studien belegen: präventive Jugendhilfe spart Folgekosten
Ein weiterer Punkt, auf den die AGFT hinweist, ist die Wirtschaftlichkeit von Investitionen in die Jugendhilfe. Die Stadt Leipzig argumentiert mit einem Sparzwang, doch wissenschaftliche Studien belegen, dass Investitionen in präventive Jugendhilfen langfristig deutlich günstigere Auswirkungen auf die Gesellschaft haben, da sie Kosten im Bereich Justiz, Gesundheit und Sozialhilfe einsparen. Prävention ist, so das Argument , auf lange Sicht günstiger als die spätere Reparatur von Schäden.
Die Forderung der freien Träger ist daher eindeutig: Die Finanzierung des Mehrbedarfs für 2025 und 2026 soll, entsprechend dem am 18.11.2024 im Jugendhilfeausschuss eingebrachten Antrag, sichergestellt werden. Mehr als 4,6 Millionen Euro stehen hier insgesamt zur Debatte. In einer Zeit, in der junge Menschen ohnehin mit enormen Belastungen durch Pandemie, Klimakrise, Kriege und soziale Unsicherheiten zu kämpfen haben, wird eine Stärkung der Jugendhilfe als unabdingbar angesehen.
Die politische Entscheidung wird als wegweisend für die Zukunft der Stadt Leipzig und ihrer Jugend betrachtet. Die Forderung lautet, Verantwortung zu übernehmen und die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen, um die Jugendhilfe in Leipzig auf einem angemessenen Niveau fortzuführen und die Integration einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Kinder- und Jugendhilfeplanung zu sichern.
Auf Schildern führten die Mitarbeitenden der Leipziger Kinder- und Jugendhilfe zentrale Fakten aus dem neuen Leipziger Sozialreport 2023 vor Augen. Diese zeigen das dramatische Ausmaß der aktuellen Entwicklung auf:
- Schulaufnahmeuntersuchung: 30,4 Prozent Auffälligkeitsbefund „Sprache – Sprechen“:
jedes dritte Vorschulkind mit Auffälligkeiten - 8,5 Prozent Kinder ohne Schulempfehlung für die Grundschule: fast jedes zehnte Kind ohne Schulempfehlung
- 9,2 Prozent der Schulabgänger/-innen ohne Schulabschluss: jede/r Zehnte verlässt die Schule ohne Abschluss
- 2022 wurden 4.140 Hilfen zur Erziehung benötigt: Kosten dafür: 186,1 Millionen Euro
- 15,3 Prozent der Jugendlichen und Kinder unter 15 Jahren sind auf Hilfe zum Lebensunterhalt
angewiesen: jedes sechste Kind lebt in Kinderarmut mit SGB II - 6.761 Kinder erhielten 2022 einen Kinderzuschlag: jedes 12. Kind lebt in Haushalten mit nicht ausreichendem Einkommen
- 97.642 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene leben in Leipzig: ein Viertel der Einwohner/-innen ist unter 25 Jahre
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