In Sachsen hat es im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg rechtsmotivierter und antisemitischer Gewalt gegeben. Das geht aus einem Bericht der vom Verein RAA Sachsen betriebenen Opferberatungsstelle „Support“ hervor. 2024 wurden demnach 328 solcher Angriffe registriert – 74 davon allein in Leipzig.

Mindestens 446 Personen seien direkt von den Angriffen betroffen gewesen, berichtet „Support“. Im Vergleich zum Vorjahr habe man einen Anstieg von 32 Prozent registriert. 2024 sei demnach auf dem Niveau von 2018 gewesen, als es unter anderem die rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz gab. Die bislang höchsten Zahlen wurden in den Jahren 2015 und 2016 registriert, als die gewaltsamen Proteste gegen Geflüchtete besonders massiv waren.

Laut Bericht gibt es einen besorgniserregenden Trend in Sachsen: Es gebe immer mehr junge Neonazis, die zudem öffentlich selbstbewusst in Erscheinung treten. Im vergangenen Jahr wurde das bei vielen CSD-Demonstrationen beobachtet. Diese wurden wiederholt von organisierten Neonazi-Jugendgruppen bedroht oder gar angegriffen.

Forderungen nach mehr Engagement gegen Rechtsextremismus

Die sächsische Demokratieministerin Petra Köpping (SPD) bezeichnet den Trend als „schmerzhaft“. Fast jeden Tag gebe es rassistische Gewalt in Sachsen. „Unsere Aufmerksamkeit muss daher denen gelten, die täglich rassistische Erfahrungen machen und bei denen diese Entwicklungen verständlicherweise zu Verunsicherungen und Ängsten führen.“

Juliane Nagel, Sprecherin für antifaschistische Politik in der Linksfraktion des sächsischen Landtags, verweist auf eine hohe Dunkelziffer. Während „Support“ mehr als 200 Körperverletzungen erfasst habe, seien in der offiziellen Polizeistatistik nur halb so viele Fälle verzeichnet. Nagel fordert, dass das sächsische Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus fortgesetzt wird.

Das fordert auch Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. „Der Verfolgungsdruck gegenüber Rechtsextremen muss weiter erhöht und rechtsextreme Netzwerke konsequent zerschlagen werden“, so Lippmann weiter. Die demokratiepolitische Sprecherin Katja Meier kritisiert zudem, dass CDU und SPD im Doppelhaushalt bei der Demokratiearbeit sparen würden.

Auch aus der offiziellen Kriminalstatistik, die Anfang des Monats vorgestellt wurde, geht hervor, dass rechtsmotivierte Straftaten in Sachsen deutlich zugenommen haben.

Zwickauer OBM erhält rechtsradikale Morddrohung

Aktuell sorgt ein Fall für Aufsehen, der wohl im nächsten Jahr im Bericht von „Support“ auftauchen dürfte: Die Zwickauer Oberbürgermeisterin Constance Arndt hat am Montag eine Morddrohung erhalten. In einer online von „Adolf Hitler“ verschickten Mitteilung heißt es, Arndt solle an Walter Lübcke denken und „immer schön aufpassen“. Der CDU-Politiker Lübcke wurde 2019 vor seinem Wohnhaus von einem Rechtsradikalen erschossen.

Sachsens Landtagspräsident Alexander Dierks (CDU) teilte dazu am Dienstag mit: „Eine solche Bedrohung ist menschlich abscheulich und überschreitet jede Grenze einer politischen Auseinandersetzung.“ Laut Innenminister Armin Schuster (CDU) gehört die Drohung zu „einer Reihe rechtsextremer Sachverhalte, die eine ernstzunehmende gesellschaftliche Negativentwicklung beschreiben“.

Arndt selbst kündigte an, sich davon nicht einschüchtern zu lassen. Sie habe Strafantrag gestellt.

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