Manchmal muss man sich einfach wieder daran erinnern, dass es in Deutschland seit Generationen so eine Pandemie mit all ihren Einschränkungen nicht gegeben hat. Auch wenn das jetzt schon fast anderthalb Jahre so geht. Aber was Menschen einerseits vor Ansteckungen bewahrt, schlägt andererseits massiv auf die Psyche, zeigt jetzt eine neue Auswertung der DAK.

In Sachsen ist im ersten Halbjahr 2021 der krankheitsbedingte Arbeitsausfall deutlich um 0,6 Prozentpunkte zurückgegangen, meldet die DAK am 12. August. Der Krankenstand im Freistaat sank auf 4,1 Prozent, lag damit aber weiterhin über Bundesniveau (3,7 Prozent). Das bedeutet, dass an jedem Tag des ersten Halbjahres 41 von 1.000 bei der DAK versicherten Beschäftigten krankheitsbedingt ausfielen.

Ein Grund dafür: der sächsische Arbeitsmarkt.

In Berufen, in denen die Teams vermehrt im Homeoffice arbeiten konnten, war der Rückgang an Fehltagen im Durchschnitt deutlicher als in Berufen, die eine hohe Präsenz am Arbeitsplatz erfordern. Allerdings wirkten sich hier, etwa im Handel, auch die Corona-Schutzmaßnahmen wie Masken und Plexiglasscheiben offenbar positiv aus und es resultierten weniger Fehltage wegen Atemwegserkrankungen. Leicht gestiegen ist hingegen der Arbeitsausfall aufgrund psychischer Leiden.

Laut Studie der DAK-Gesundheit hatten die Beschäftigten im ersten Halbjahr 2021 insgesamt rund zwölf Prozent weniger Fehltage als im Vorjahreszeitraum. Vom Rückgang der Fehlzeiten ist die Mehrheit aller Berufsgruppen in Sachsen betroffen. Besonders deutlich ist der Rückgang bei Arbeitnehmern, die während der Pandemie verstärkt im Homeoffice arbeiten konnten: So hatten Berufe im Bereich Recht und Verwaltung durchschnittlich 36 Prozent weniger Fehltage als im Vorjahreszeitraum.

In Berufen mit viel direktem Menschenkontakt hingegen, etwa in Altenheimen, fiel der Rückgang geringer aus: Bei Altenpflegekräften gab es nur ein Minus von durchschnittlich sechs Prozent. Ebenfalls gesunken sind die Ausfalltage bei Beschäftigten in Verkaufsberufen und in der Erziehung. Hier gab es ein Minus von zwölf Prozent, beziehungsweise von rund 17 Prozent.

„Homeoffice, Lockdown und verstärkte Hygienemaßnahmen haben sich positiv auf den Krankenstand ausgewirkt. Das ist deutlich zu erkennen“, sagt Christine Enenkel, Leiterin der DAK-Landesvertretung Sachsen. Steigende Krankenstände wurden hingegen bei Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufen (plus 43 Prozent) verzeichnet.

Weniger Atemwegsinfektionen und mehr Fehltage wegen psychischer Leiden

Für die Studie hat das Berliner IGES Institut Daten von rund 50.000 bei der DAK-Gesundheit versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Sachsen ausgewertet. Eingegangen sind alle Fehlzeiten aus der Zeit von Januar bis einschließlich Juni 2021, für die eine Krankmeldung an die Kasse geschickt wurde.

Demnach gab es 56 Prozent weniger Krankentage aufgrund von Atemwegserkrankungen, wie Sinusitis oder Bronchitis. „Wir sehen hier deutlich, wie Abstands- und Hygieneregeln nicht nur vor Corona schützen. Auch gewöhnliche Erkältungserreger werden seltener übertragen“, bewertet Enenkel diese Entwicklung.

Aber dann gibt es ja noch all die Jobs, die richtig auf die Knochen gehen: Die meisten Fehltage wurden wegen Rückenleiden oder anderer Muskel-Skelett-Probleme verzeichnet. Fast ein Viertel des Arbeitsausfalls war darauf zurückzuführen (22,5 Prozent). Die Zahl der Ausfalltage sank auch hier von 185 im ersten Halbjahr 2020 auf rund 168 in diesem Halbjahr.

Den zweiten Rang der wichtigsten Erkrankungsgruppen belegen nun im ersten Halbjahr 2021 psychische Leiden. Rund 18 Prozent des gesamten Krankenstandes entfallen auf Depressionen und Co.

„Psychische Erkrankungen nehmen in Sachsen auch im zweiten Pandemiejahr weiter an Bedeutung zu. Mit allen ihren Begleiterscheinungen wirken sie sich direkt auf das Krankheitsgeschehen und damit auf den Krankenstand aus. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten“, sagt Christine Enenkel und sieht die Bestrebungen der Politik positiv, für chronisch psychisch Erkrankte besondere Versorgungsformen zu fördern.

„Für Menschen mit Depressionen sind strukturierte Behandlungsprogramme in Vorbereitung. Diese sollen möglichst rasch etabliert werden.“

Die wichtigsten Diagnosen mit ihrem Anteil am Krankenstand

Erstes Halbjahr 2021

1. Muskel-Skelett-System (22,5 Prozent)
2. Psychische Erkrankungen (17,7 Prozent)
3. Verletzungen und Vergiftungen (12,5 Prozent)
4. Atmungssystem (9,6 Prozent)
5. Verdauungssystem (5,5 Prozent)
6. Kreislaufsystem (5,1 Prozent)
7. Nervensystem, Augen, Ohren (4,3 Prozent)
8. Neubildungen (4,1 Prozent)
9. Unspezifische Symptome (3,9 Prozent)
10. Infektionen (3,2 Prozent)

Erstes Halbjahr 2020

1. Muskel-Skelett-System (21,8 Prozent)
2. Atmungssystem (19 Prozent)
3. Psychische Erkrankungen (15 Prozent)
4. Verletzungen und Vergiftungen (10,5 Prozent)
5. Verdauungssystem (5,3 Prozent)
6. Neubildungen (5,1 Prozent)
7. Infektionen (4,4 Prozent)
8. Nervensystem, Augen, Ohren (4,3 Prozent)
9. Kreislaufsystem (3,9 Prozent)
10. Unspezifische Symptome (3,4 Prozent)

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