Zu aktuellen Meldungen über die Einstellung von Verfahren gegen mehrere Beschuldigte im Zusammenhang mit Angriffen auf sorbische Jugendliche erklärt der Sprecher für Angelegenheiten des sorbischen Volkes der Linksfraktion, Heiko Kosel: Nachdem im Herbst 2014 Angriffe auf sorbische Jugendliche bundesweit für Aufsehen gesorgt hatten, berichtete das Operative Abwehrzentrum im März 2015 nicht ohne Stolz, sieben Tatverdächtige ermittelt zu haben. Anfang 2016 waren es dem Vernehmen nach nur noch fünf. Nun muss am Ende kein einziger mutmaßlicher Täter vor Gericht.

Gegen vier Tatverdächtige wird das Verfahren eingestellt, einer erhält einen Strafbefehl. So entsteht der Eindruck, dass die Strafverfolgungsbehörden als „Tiger des Minderheitenschutzes“ starteten und nun als Plüschtier durchs Ziel gehen. So wird das ohnehin schon strapazierte Vertrauen in den Rechtsstaat weiter leiden. Auch die Beamten des OAZ müssen mit ansehen, dass ihre Ermittlungsarbeit keine ernstzunehmenden Konsequenzen nach sich zieht.

Die Gründe für die Einstellung der Verfahren sind fragwürdig. In einem Fall soll der Täter zu betrunken gewesen sein, um das Opfer mit der Faust ins Gesicht zu treffen, woraus die Staatsanwaltschaft eine „geringe Schuld“ herleitet. In den anderen Fällen wurde das Verfahren eingestellt, weil der Eindruck einer gegenseitigen Rangelei und Schubserei entstanden sei. Hätten die angegriffenen sorbischen Jugendlichen stillhalten und auf jegliche Notwehr verzichten sollen, nur damit der Angreifer bestraft wird?

Fragwürdig ist auch die Entscheidung über den Strafbefehl. Dieser soll nur bei leichter Kriminalität zur Anwendung kommen, und wenn die Staatsanwaltschaft eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich hält. Bei den in Rede stehenden Taten handelt es sich aber nicht um eine bloße „Dorfprügelei“, sondern um Hasskriminalität gegen Mitglieder einer ethnischen Minderheit.

Ich werde deshalb im Verfassungs- und Rechtsausschuss des Landtages auf Aufklärung drängen, inwieweit und durch welche Maßnahmen der Freistaat den verfassungsmäßigen Schutz der sorbischen Minderheit gewährleistet.

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