Am 06.11.2021 rufen abermals Querdenker:innen und mit ihnen Neonazis und Hooligans dazu auf, nach Leipzig zu kommen. Bundesweit möchte man an die Ereignisse vor einem Jahr erinnern. Als zehntausende Querdenker/-innen sich von Neonazis und Hooligans den Weg freischlagen ließen und mit diesen über den Leipziger Ring marschierten, postulierten sie die irre Vorstellung, damit die nächste „friedliche Revolution“ einzuläuten.

War es vor einem Jahr eine große heterogene Bewegung, stellt sich die Situation inzwischen anders dar. Die Bewegung hat sich spürbar radikalisiert und ist kleiner geworden. Die Gefahr, welche allerdings von ihr ausgeht, ist mit der Konzentration eben jener radikalen Kräfte größer geworden. Erinnert sei nur an die Bluttat an einer Tankstelle, als ein Mann den Tankwart aus Wut über die Maskenpflicht erschoss und dies damit begründete, dass er „ein Zeichen setzen“ wolle.

Corona, Pandemie?

Hatte sich die Querdenkenbewegung ursprünglich als Kritik an den Coronamaßnahmen verstanden, veränderte sich auch dieser Eindruck deutlich. „Corona“ ist nur das Schlagwort, mit dem man die ganze Ablehnung kommuniziert und sich damit eine universelle Projektionsfläche für alles „Störende“ in der Welt schafft. Die Erzählung, dass man „fremdgesteuert sei“, von finsteren Mächten „regiert“ werde, was nahtlos in strukturellen Antisemitismus mündet, ist nur ein Punkt.

Die Narrative gleichen sich. Egal ob es 2014 der sogenannte Friedenswinter war, dessen radikale Teile dann in PEGIDA/LEGIDA aufgingen oder nunmehr die Querdenker:innen. Man bereitet systematisch Neonazis, die man nicht ausschließen will, da jedwede Kritik „Spaltung“ sei, den Boden im „Widerstand“ gegen das System.

Damit beteiligen sich die Querdenker/-innen an Überlegungen einer völkischen Revolte mit der  Zielstellung der Errichtung einer „neuen nationalen Autorität“. Es ging nie um eine Kritik der Maßnahmen selbst, es geht um ein beliebiges Objekt, über das man seine Ablehnung der pluralen Demokratie und Verschwörungen transportieren kann. Eine ernsthafte, also sachliche Auseinandersetzung mit der Coronapolitik der Regierung ist so nicht möglich.

Ganz Rechts!

So austauschbar wie die situativen Erregungsmuster der Bewegung sind, so hoch ist ihre Anschlussfähigkeit nach rechts außen. Zu Beginn gab es zumindest halbherzige Versuche, sich von Neonazis abzugrenzen. Doch Kritik an der Bewegung wird tatsächlich als „Spaltung“ verstanden. Vorgeblich weder „Rechts noch Links” zu sein, schafft eine billige Begründung, um Hand in Hand mit Antisemiten, Reichsbürgern und Neonazis von der „Revolution“ zu träumen.

Betrachtet man die Social-Media-Kanäle der Bewegung, stellt man nicht nur die Radikalisierung fest, denn Gewaltfantasien und Drohungen gegen Kritiker/-innen sind allgegenwärtig, sondern man stellt auch fest, dass viele Inhalte entweder direkt aus rechtsradikalen Kanälen stammen oder durch diese unterstützt werden.

Dass in Sachsen die Corona-Proteste mehrheitlich von den rechtsradikalen „Freien Sachsen“ dominiert werden und in Leipzig beim lokalen Ableger ein langjähriger NPD-Funktionär an der Spitze steht und ganz offiziell die JN/NPD dort redet, verdeutlicht die Nähe der Corona-Proteste zur rechten Gesinnung.

Verfassungsschutz und Polizei – Dein Freund und Helfer?

Obwohl es nicht an Warnungen mangelte, zeigten sich sowohl Polizei als auch Verfassungsschutz 2020 überfordert, als am 07.11.2020 in Leipzig hunderte Neonazis und Hooligans die Polizeiketten durchbrachen und für „Querdenken“ so den Ring freischlugen. Konkrete Erkenntnisse konnte man nicht sammeln, obwohl sowohl Neonazis als auch Querdenker/-innen in ihren Kanälen ganz öffentlich ihre Ziele und Treffpunkte verkündet hatten. Es ist daher Aufgabe der Zivilgesellschaft, Standpunkte deutlich zu machen und Widerspruch zu  leisten. Daher ist es an uns zu verhindern, dass sich Ereignisse wie am 07.11.2020 wiederholen!

Mythos Ring.

Eine Vereinnahmung der demokratischen Traditionen des „Wendeherbstes“ durch die rechten  Coronaleugner/-innen weisen wir zurück. Damals wie heute gilt, dass der Leipziger Innenstadtring kein Platz für Nazis ist oder Menschen, die ihre gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit hinter der Erzählung, dass man das Volk sei, zu verstecken suchen.

Richtig ist, dass insbesondere in der Spätphase der historischen Montagsdemos Neonazis im braunen Block über den Ring liefen. Es gab zu viele, die sie gewähren ließen und sich im nationalen Taumel der Wiedervereinigung nicht mit der Gefahr auseinandersetzen wollten. Es darf sich nicht wiederholen. Es ist an uns, die Versuche der Rechten, sich als „Wir sind das Volk“ zu generieren, ein für alle Mal zu beenden.

Wir rufen am 6. November auf, sich klar gegen Faschistinnen und Faschisten und rechtsradikale Gesinnung jeder Couleur zu positionieren. Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger zu entschlossenem, friedlichem Protest auf. Wir dulden in unserer Stadt keine Neonazis und weisen die Vereinnahmung der demokratischen Tradition in Leipzig vehement zurück.

Geplante Versammlungen am 06.11.2021:

1. Kundgebung DGB / Leipzig nimmt Platz: Augustusplatz ab 14:30 Uhr

2. Demonstrationen zum Augustusplatz jeweils 14:00 Uhr von Connewitzer Kreuz und Rabet.

3. Fahrraddemo vom Lindenauer Markt zum Augustusplatz, 14:00 Uhr.

4. Infopunkte ab 14:30 Uhr:Runde Ecke, kl. Wilhelm-Leuschner-Platz, kl. Willy-Brandt-Platz

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