Seit dem 3. Mai ist die Diskussion rings um den Moscheebau in Gohlis wieder aufgeflammt. Weniger, weil die Ahmadiyya-Gemeinde selbst Anlass dazu gegeben hätte, eher durch eine Wortmeldung von Solveig Prass und der CDU via "Bild". Es würden schwere Probleme anstehen, orakelt in ihrer heutigen Ausgabe auch die LVZ, der Verfassungsschutz meldet unterdessen problematische Aussagen seitens einer salafistischen Gemeinde um den Imam Hassan Dabbagh. Gefragt hat die L-IZ am 3. Mai 2014 alle Beteiligten in schriftlicher Form. Said Ahmed Arif, Imam der Ahmadiyya Muslim Gemeinden, Berlin/Leipzig hat geantwortet, während sich Hassan Dabbagh und Solveig Prass seither in Schweigen hüllen.

Immer sind die Fragen so ähnlich gestellt, mancher scheint vor einer exakten Debatte jedoch eher zurückzuzucken. Also übernehmen wieder einmal die Medien es, den Verfassungsschutz als Quelle zu zitieren, welcher schon seit Jahren eher Probleme mit dem Prediger an der Roscherstraße hat, während man erst 2013 der Ahmadiyya-Gemeinde auf Nachfrage der Stadt Leipzig bescheinigte, sich voll und ganz auf dem Boden des Grundgesetzes zu bewegen.

Kein Problem also nach der klaren Stellungnahme der Stadt Leipzig auch für den Imam Said Ahmed Arif, auf unsere Fragen zu antworten und statt Ausreden klare Hinweise zu geben, wie die Ahmadis die Diskussion, welche sie nicht anstießen, selbst sehen.

Öffentlich wurde in der BILD Leipzig behauptet, es gäbe eine Konfliktsituation zwischen der Ahmadiyya Jamaat und der islamischen Gemeinde des Imam Hassan Dabbagh. Entspricht dies der Wahrheit?

Nein, es gibt keine Konfliktsituation zwischen den beiden Gemeinden. Es gibt nur Glaubensunterschiede.

Sehen Sie allgemeine interreligiöse Spannungen zwischen Ihren beiden Gemeinden und wenn Ja, welcher Art sind diese?

Wir freuen uns immer auf zivilisierte interreligiöse Begegnungen, diese sind ein fester Bestandteil unserer Gemeinde. Die einzigen “Spannungen” die existieren sind allein die theologischen Unterschiede, aber diese theologischen Unterschiede haben wir nicht nur mit der Gemeinde von Herrn Imam Hassan Dabbagh sondern auch mit anderen Religionen, sowie alle anderen Religionen untereinander.

Gab es bereits Vorkommnisse im Verhältnis zwischen Ihren beiden islamischen Strömungen in der Vergangenheit in Leipzig (oder anderen Ortes in Deutschland) in den vergangenen Jahren?

Nein, niemals.

Wie würden Sie aus Ihrer Sicht die grundlegenden Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden islamischen Strömungen der Ahmadis und der eher salafistischen Gemeinde Hassan Dabbaghs und ihr Wirken in Deutschland beschreiben?

Zu den Gemeinsamkeiten: Beide sind in erster Linie Muslime, beide glauben an Allah, beide glauben an den Propheten Muhammad (Friede Sei mit Ihm), beide glauben an die 5 Säulen des Islam (Glaubensbekenntnis, Gebet, Fasten, Zakat, Hajj) und beide glauben an die 6 Glaubensartikel (Allah, Engel, die Heiligen Bücher Allahs, die gesandten Gottes, das jüngste Gericht, Taqdeer (so ähnlich wie Schicksal).

Wir unterscheiden uns hauptsächlich in den folgenden Punkten (Eine kleine Zusammenfassung): Wir glauben, dass Jesus einen natürlichen Tod gestorben ist, wobei die Mehrheit der Muslime der Auffassung ist, dass er von Allah physisch in den Himmel erhoben wurde und auch physisch wiederkehren wird. Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass eine Prophezeiung des Heiligen Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), bezüglich eines Mahdi (dh. Rechtgeleiteter) und Messias (Die Wiederkehr vom Prophet Jesus) in der Person des Gründers unserer Gemeinde Hadhrat Mirza Ghulam Ahmad (1835-1908) in Erfüllung gegangen ist, wobei die Mehrheit der Muslime noch auf die Erfüllung dieser Prophezeiung wartet. (So wie die Christen Jesus als Messias anerkennen, wobei die Juden ihn ablehnen.)

Zu unserem Verhältnis zum Koran. Dieser muss auch teilweise metaphorisch verstanden und ausgelegt werden. Wir stehen für die Trennung von Religion und Staat. Und da es ja immer wieder angesprochen wird, noch ein paar Worte zu unserem Verständnis des Jihad. Der größte Jihad ist der Kampf gegen das Ego. Der große Jihad ist die Verkündigung des Heiligen Koran. Und der kleine Jihad ist die Selbstverteidigung gegen einen Aggressor, allerdings nur zur Wiederherstellung der Religionsfreiheit.

Die dritte Form ist laut einer Prophezeiung des Heiligen Propheten Muhammad (Friede sei mit Ihm ), durch den Gründer unserer Gemeinde für diese Zeit aufgehoben, da die Bedingungen für diese Form von Jihad in dieser Zeit nicht mehr gegeben sind. (Da man generell nicht gehindert wird Gott anzubeten, sollte dies doch der Fall sein hat man in erster Linie die Möglichkeit auszuwandern.)

Die Todesstrafe bei Apostasie (Anm. d. Red.: die Abwendung von einer Religion durch einen förmlichen Akt wie beispielsweise Kirchenaustritt) steht im Widerspruch zu mehreren Versen des Heiligen Korans und hat daher unserer Auffassung nach nichts mit der islamischen Lehre zu tun.
Unser Wirken in Deutschland: Das Ziel des Gründers unserer Gemeinde: “Die Distanz zwischen dem Schöpfer und der Schöpfung zu beseitigen” (Der Verheißene Messias, Hadhrat Mirza Ghulam Ahmad) “Den Schöpfergott zu verehren und Seiner Schöpfung zu dienen.” (der 5. Kkalif). Unser Motto: “Liebe für alle Hass für keinen” (Der 3. Khalif)

Welche Quellen/Koranversionen nutzen die beiden Glaubensströmungen und wie legen sie diese Ihrer Erkenntnis nach aus?

Die Quellen des Islam sind unserer Auffassung nach natürlich der Quran, danach die Sunna (Die Praxis des Propheten Muhammad) und Ahadith, also die Überlieferungen des Propheten Muhammad (Anm. d. Red.: bezeichnet im Islam die Überlieferungen über die Aussprüche und Handlungen des Propheten Mohammed sowie über die Handlungen Dritter, die er stillschweigend gebilligt hat.)

Der Maßstab für die Auslegung ist der Heiliger Quran. Eine Quelle die direkt im Widerspruch zum Heiligen Quran steht, ist unserer Auffassung nach nicht authentisch.

Beim geplanten Bauvorhaben der Ahmadiyya-Gemeinde in Leipzig Gohlis haben Sie welche konkreten Bedenken bezüglich des Verhältnisses zwischen Ihren beiden Gemeinden?

Nein, wir haben soweit keine Bedenken. Seit 1957 haben wir unsere erste Moschee in Deutschland gebaut, mittlerweile haben wir 40 Moscheen und über 100 Gebetszentren in ganz Deutschland und bisher sind keine ernsthaften Probleme aufgetreten.

Haben Sie persönlich in Ihrer Arbeit bereits Kontakt mit Vertretern der Gemeinde von Imam Hassan Dabbagh gehabt und welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Es gab bisher nur einen Kontakt unserer Gemeinde durch Herrn Dr. Nawaz zu Imam Hassan Dabbagh, durch den von der Stadt organisierten runden Tisch der Religionen. Bei dieser Begegnung hat sich Imam Hassan Dabbagh negativ und kritisch gegenüber uns geäußert, aber von uns aus gab es keine negativen Reaktionen.

Wassalaam

Said Ahmed Arif (Imam der Ahmadiyya Muslim Gemeinden, Berlin/Leipzig)

Vielen Dank für das Interview.

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