Selbst die SPD-Fraktion war verblüfft, wie schnell das auf einmal ging, dass ihr Antrag von Anfang September umgesetzt wurde. „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Rahmen eines Pilotprojektes den Radfahrstreifen im Bereich Richard-Lehmann-Str./Höhe Postfiliale (Gebäude der Karl-Liebknecht-Str. 143) bis Ende des 1. Quartals 2021 abzupollern“, hatte die Fraktion sich gewünscht.

Und kaum war der Antrag der SPD-Fraktion im System, folgten Taten, markierte das Verkehrs- und Tiefbauamt den beschriebenen Bereich mit kleinen Aufstellern ab, die nun auch dem hartnäckigsten Autofahrer klarmachten, dass das ein Radweg ist und kein Kurzparkplatz für die Post oder den Geldautomaten.

Weil die Verwaltung aber verpflichtet ist, zu Anträgen auch Stellung zu nehmen – auch dann, wenn sie erfüllt wurden – gibt es jetzt auch noch die fachliche Erläuterung des Verkehrs- und Tiefbauamtes, das erklärt, warum das Selbstverständliche an der Stelle so schwer umzusetzen war.

Und dann gibt es da ja noch den zweiten Antragsteil, der da lautete: „In der Folge wird diese Maßnahme evaluiert und bei einem erfolgreichen Verlauf der Pilotphase auf andere Bereiche in der Stadt angewandt, in denen eine sehr ähnliche Konstellation vorliegt.“

Trotzdem bleibt die Frage: Warum hat es so lange gedauert, dieses Stück Radweg gegen Wildparker besser abzugrenzen?

Die Antwort erzählt einiges über Leipziger Autofahrer.

„Der Radfahrstreifen auf der Richard-Lehmann-Straße auf Höhe der Hausnummer 36 vor der Postfiliale wurde seit seiner Anlage von Kunden der Postfiliale widerrechtlich zum Abstellen von Kraftfahrzeugen genutzt. Eine bauliche Lösung zur Beseitigung des Missstandes konnte über die Jahre trotz intensiver Auseinandersetzung mit der Thematik nicht gefunden werden“, erklärt das Verkehrs- und Tiefbauamt, das sogar schon regelrecht kapituliert zu haben schien vor der Unverfrorenheit von Leuten, die sich hier einfach das Recht aufs Parken nahmen, obwohl der Radstreifen nicht zu übersehen ist.

„Zwischenzeitig war aufgrund des hohen Parkdrucks der Radfahrstreifen im betroffenen Abschnitt auf einer Länge von ca. 40 m abgeordnet und als Seitenraum ausgewiesen. Der Radverkehr musste sich bei dort abgestellten Kraftfahrzeugen in den fließenden Fahrverkehr auf der Fahrbahn einordnen, was unter Sicherheitsaspekten keine optimale Lösung darstellte“, formuliert das zuständige Amt diese mehr als seltsame Lösung. Denn die war für Radfahrer/-innen hochbrisant und lebensgefährlich.

Und so stellt das Verkehrs- und Tiefbauamt auch fest: „Radverkehrsanlagen sind jedoch durchgängig und stetig anzulegen, Unterbrechungen sind zu vermeiden. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen wurde nun die Aufstellung von 24 Leitschwellen mit reflektierendem Sichtzeichen in einer Höhe von je 28 cm im Abstand von 1,50 m Mittenabstand auf dem Breitstrich zwischen rechter Fahrbahn und Radfahrstreifen veranlasst und der Seitenstreifen wieder als Radfahrstreifen beschildert.“

Es ist eine auffällige und sichtlich sinnvolle Lösung.

Aber den zweiten Teil des Antrags nimmt das Amt dennoch ernst: „Diese Regelung und Baumaßnahme wird in den nächsten Monaten auf ihre Akzeptanz hin beobachtet und in ca. einem Vierteljahr evaluiert.“

Denn wenn sich das bewährt, wäre das auch eine Lösung für weitere Problemstellen, an denen Kurzzeitparker Radwege immer wieder ignorieren. Denn jetzt fällt es auf, wenn hier jemand die „Sichtzeichen“ überfährt. Die Ausrede, man hätte nix gesehen, funktioniert nicht mehr so richtig.

Einfach umgesetzt: Der Radweg vor der Post in der Richard-Lehmann-Straße ist jetzt abgepollert

Einfach umgesetzt: Der Radweg vor der Post in der Richard-Lehmann-Straße ist jetzt abgepollert

Die neue „Leipziger Zeitung“ Nr. 83: Zwischen Ich und Wir

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Liebe Stadtverwaltung, für eure Evaluationsbestrebung… 02.10.2020, 18.39 Uhr

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