Die Uferterrassen und die Ufertreppe auf der Westseite des Richard-Wagner-Hains sind nach achtmonatiger Bauzeit denkmalgerecht unter Wahrung der Bausubstanz wiederhergestellt. Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal und Baubürgermeister Thomas Dienberg haben am Mittwoch, 21. Dezember, die über das Bund-Länder-Städtebau-Förderprogramm „Zukunft Stadtgrün“ finanzierte Anlage eingeweiht. Eine Anlage mit Geschichte und Denkmalschutz.

Denn seit 1990 steht dieses Leipziger Eckchen tatsächlich unter Denkmalschutz. Obwohl es ursprünglich als Teil einer Denkmalanlage geplant wurde, die Leipzig nach 1945 gar nicht mehr haben wollte.

„Der Richard-Wagner-Hain ist heute eine intensiv genutzte und beliebte Anlage, aber auch ein unbequemes Denkmal. Denkmalpflegerisches Ziel der Sanierung war es, die zur Zeit der Weimarer Republik konzipierte, jedoch im Nationalsozialismus entworfene und gebaute Gartenanlage als Zeitzeugnis zu erhalten“, erklärte Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal zur Einweihung der sanierten Anlage.

„Gleichzeitig war es uns bei der Sanierung der kulturhistorisch wertvollen Anlage wichtig, quartiersnahe, attraktive Freiflächen mit hoher Aufenthaltsqualität sowie eine Freiraumverbindung zum Palmengarten und in die westlichen Stadtteile zu schaffen.“

Blick von der Ufertreppe über das Elsterbecken zum östlichen Teil des Richard-Wagner-Hains. Foto: Sabine Eicker
Blick von der Ufertreppe über das Elsterbecken zum östlichen Teil des Richard-Wagner-Hains. Foto: Sabine Eicker

Leipzigs Baubürgermeister Thomas Dienberg: „Ich freue mich, dass dieser einzigartige Naherholungsbereich aus dem Dornröschenschlaf geholt wurde und nun wieder zum Verweilen einlädt. Dieses Projekt beweist, dass Denkmalschutz und Klimaanpassung sowie Artenvielfalt gepaart mit den Ansprüchen der Bevölkerung an eine nachhaltig funktionierende und lebenswerte Stadt zusammen funktionieren können.“

Die Geschichte des Richard-Wagner-Hains

Die Geschichte der Anlage geht zurück bis ins Jahr 1931, als die Stadt dem in Leipzig geborenen Komponisten Richard Wagner (1813–1883) auf den „Frankfurter Wiesen“ ein raumgreifendes Denkmal zu setzen beschloss.

Die „Frankfurter Wiesen“ waren über die Jahrhunderte Viehweide und jährliches Überflutungsgebiet der Leipziger Gewässer. Eine Jahrhundertflut im Jahr 1909 veranlasste die Stadträte jedoch, den Bau des Elsterbeckens zur Hochwasserregulierung zu beschließen. Das gewaltige Wasserbauwerk entstand von 1913 bis 1925.

„Umgehend gab es ehrgeizige Pläne, die neu entstandenen Ufer dicht zu bebauen. Durch die weitsichtige Stadtplanung unter Stadtbaurat Hubert Ritter (1886–1967) konnte das in den 1920er Jahren verhindert werden“, beschreibt die Website der Stadt die damaligen Debatten um eine „Leipziger Binnenalster“.

„Stattdessen sahen die Planungen nun weiträumige Park- und Sportanlagen auf den Frankfurter Wiesen vor. In der Tat hatte sich das Gebiet bereits als Sport- und Erholungsgebiet etabliert. Im Elsterbecken wurde gerudert und gebadet, es gab Bootsanleger und eine große Liegewiese am Ufer, den Leipziger ‚Lido‘.“

Da die Idee, ein von Max Klinger gestaltetes Wagner-Denkmal zu bekommen, gescheitert war, plante man nun, am Südteil des Elsterbeckens einen architektonisch gestalteten Uferpark zu bauen und ihn Richard Wagner zu widmen.

Und zwar das Elsterbecken übergreifend mit einem großen Wagner-Denkmal auf dem Ostufer und dem als Park gestalteten Teil auf dem Westufer.

Eine Stele auf der Uferterrasse informiert zur Geschichte des Richard-Wagner-Hains. Foto: Sabine Eicker
Eine Stele auf der Uferterrasse informiert zur Geschichte des Richard-Wagner-Hains. Foto: Sabine Eicker

Mit dem Entwurf beauftragt wurde der Berliner Gartenarchitekt Gustav Allinger (1891–1974), zu dem die Website der Stadt freilich sehr kritische Töne anschlägt:

„Allinger diente sich den Nationalsozialisten an. Als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst, der erzwungenen Alleinvertretung der Gartenarchitekten nach 1933, präsentierte er sich in SA-Uniform und wandte sich gegen Kollegen, die dem NS-Regime als ‚politisch unzuverlässig‘ galten. Nach 1945 konnte er jedoch als Professor in Westberlin und freischaffender Landschaftsarchitekt seine Karriere ungebrochen fortsetzen.“

In seinen Grundzügen ist der zweiteilige Richard-Wagner-Hain bis heute erhalten.

Die Westseite des Richard-Wagner-Hains

„Auf der hiesigen Westseite sahen die Planungen zunächst eine große Stadthalle vor. Das Bauwerk sollte dem monumentalen Denkmalplatz auf der anderen Uferseite als Baumasse gegenübertreten“, schildert die Website der Stadt die ursprüngliche Gigantomanie der Anlage.

„Das Bauvorhaben wurde jedoch schnell verworfen. An die Stelle der Stadthalle trat schließlich der Wassergarten mit rahmender Pergola. Muschelkalkmauern, aus deren Fugen Polsterstauden wachsen, Staudenrabatten und Plattenwege rahmen die Fontänenbecken auf der unteren Ebene. Der Blick öffnet sich zum Elsterbecken, wo die große Granittreppe bis hinunter zum Wasser führt.

Zwei Bastionen mit Aussichtsterrassen fassen die Treppe ein. Die Treppenwangen und Stufen wurden aus Naturstein gebaut, die Bastionen bestehen aus Kunststein. Zwei Travertin-Blöcke waren für Skulpturen vorgesehen. Ein zweiter bildhauerischer Wettbewerb hatte im Jahr 1939 dafür Entwürfe geliefert. Der von den Nationalsozialisten entfesselte Krieg verhinderte wiederum, dass diese Objekte aufgestellt wurden.“

Was man heute wieder in saniertem Zustand sehen kann, geht alles auf Gustav Allinger zurück.

Blick über den Wassergarten mit dem eingelassenen Wasserbecken zur Ufertreppe des Richard-Wagner-Hains. Foto: Sabine Eicker
Blick über den Wassergarten mit dem eingelassenen Wasserbecken zur Ufertreppe des Richard-Wagner-Hains. Foto: Sabine Eicker

„Die Bastionen wie auch der Terrassengarten wurden durch Trauer-Weiden bepflanzt, deren tief hängende Zweige die Baulichkeiten überschirmen“, beschreibt die Stadt das Ensemble.

„Der formal gestaltete Wassergarten ist als ‚Senkgarten‘ mit Terrassierungen ausgeführt. Die große Fontäne in der Mitte des zentralen rechteckigen Wasserbeckens war von kleinen Springstrahlen in den vier runden Becken umgeben. Die Wasserspiele wurden am Abend beleuchtet. Den räumlichen Abschluss im Norden und Westen bildet die Pergola. An deren Travertinpfeilern, dem filigranen rückwärtigen Lattenwerk und den Holzauflagen rankte Wilder Wein.“

Schon in den Vorjahren „waren immer wieder Sanierungsmaßnahmen erforderlich, um die Standsicherheit der Pergola zu gewährleisten und die Hölzer zu erneuern. Die Bänke aus Travertinsockeln und Holzauflage entwarf der Architekt Wilhelm Lossow eigens für den Richard-Wagner-Hain. Nach 1993 wurden diese nach originalem Vorbild nachgebaut und wieder aufgestellt.“

Die Sanierung

Im Zuge der Sanierung, die durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer geplant und umgesetzt worden ist, wurde die stark geschädigte südliche Freitreppe teilweise zurück- und neu aufgebaut. Die Ufermauern auf den Bastionen wurden absturzgesichert und an den Treppenanlagen Handläufe installiert.

Die Pergola im Richard-Wagner-Hain. Foto: Sabine Eicker
Die Pergola im Richard-Wagner-Hain. Foto: Sabine Eicker

Beschädigte Mauern und Abdeckplatten wurden repariert. Die Bastionen wurden als neue Aufenthaltsflächen erschlossen, mit Bänken ausgestattet und an historischen Standorten Bäume ergänzt. Eine zweiseitige Informationstafel informiert zur Geschichte der Anlage.

Außerdem wurde ein rollstuhlgerechter Weg vom Palmengarten zum Richard-Wagner-Hain geschaffen. Die bestehenden Wege wurden erneuert und ein Entwässerungssystem integriert. Insgesamt wurden zehn historische Baumstandorte wieder bepflanzt.

Die Erneuerung der Ufertreppe und -terrassen wurde zu zwei Dritteln aus dem Förderprogramm „Zukunft Stadtgrün“ finanziert. Das Programm wird vom Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung koordiniert und fördert die Sanierung und Aufwertung innerstädtischer Parkanlagen. Die Gesamtkosten für Planung und Bau belaufen sich auf rund 800.000 Euro. Der städtische Eigenanteil beträgt rund 266.000 Euro.

Der Richard-Wagner-Hain ist das Bindeglied zwischen dem Clara-Zetkin-Park im Süden, dem Palmengarten im Südwesten und den sich anschließenden Grünbereichen beiderseits des Elsterbeckens. Am Westufer führt eine Freitreppe zwischen zwei Uferterrassen vom Wasser in einen Blumengarten mit fünf Wasserbecken.

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