Eigentlich sind sich wenigstens Grüne und Linke im Leipziger Stadtrat einig: Das Elsterbecken ist, so wie es ist und wie es nach Ansicht des Umweltbürgermeisters künftig werden soll, eine ökologische Katastrophe. Es muss zwingend und zeitnah wieder zu einer richtigen Flusslandschaft werden. Da überschnitten sich gleich mal zwei Anträge im Ratsinformationssystem.

Den ersten schrieben ja die Grünen, die gleich direkt im Sinn des Vorstoßes des Ökolöwen beantragten, das Elsterbecken zu renaturieren und zu einer lebendigen Flusslandschaft zu machen.Die Linksfraktion hingegen erinnerte sich daran, dass schon seit einer halben Ewigkeit auch noch ein Antrag der Grünen im Verfahren herumdümpelt, in dem die Grünen ein Zukunftskonzept für das Veranstaltungsgelände am Cottaweg und eine Stärkung des Freiraumverbundes an dieser schmalsten Stelle des Leipziger Auensystems forderten.

„Das Gelände am Cottaweg bildet das Scharnier zwischen südlichem und nördlichem Auwald. Der Biotopverbund zwischen beiden Grünzügen ist faktisch nicht vorhanden und erheblich gestört. Sollte es daher zu einer Verlegung der traditionsreichen Kleinmesse an einen anderen Standort kommen, sind zuvorderst die Punkte des INSEK zu betrachten und zu bearbeiten, auch um die Funktion des Auwaldes in Bezug auf den Klimawandel weiter zu stärken“, stellten die Grünen dort fest.

Aber es ist ja nicht nur der Kleinmesseplatz, der hier Raum für Auenentwicklung genommen hat. Auch wenn das Amt für Umweltschutz in seiner Stellungnahme den Hinweis auf den Biotopverbund elegant umschifft hat. Denn wenn alle nur über den Kleinmesseplatz diskutieren, redet ja keiner mehr davon, dass selbst das Integrierte Stadtentwicklungskonzept die enge Stelle am Elsterbecken als höchst problematisch für das Auensystem betrachtet und Lösungen anmahnt. Nur die waren vom Amt für Umweltschutz nicht zu lesen.

Weshalb die Linksfraktion jetzt einen Erweiterungsantrag für den Grünen-Antrag geschrieben hat, in dem als zusätzlicher Punkt hinzukommt: „In die Betrachtung der Flächen wird das Elsterflutbett vom Palmengartenwehr bis zur Gefällestufe einbezogen.“

Denn die Diskussion über den Cottawag lenkt ja nur ab von der Tatsache, dass das Elsterbecken ein unnatürlicher Zustand ist, in dem die hochtrabenden Pläne der Stadtplaner von vor 100 Jahren steckengeblieben sind, während hier die natürliche Flussentwicklung völlig unterbunden ist und sich riesige Mengen belasteter Sedimente im Becken angesammelt haben.

„Die Nordostseite des Cottaweges im Zusammenhang mit dem Palmengarten und den sich im Gebiet befindenden Brücken unterbricht in hervorragender Weise den Grünverbund Leipzigs“, stellt die Linksfraktion deshalb fest und erinnert daran, dass sie zu diesem inakzeptablen Zustand schon einmal einen Vorstoß gewagt hat:

„Mit dem Vorschlag der Fraktion Die Linke in der letzten Wahlperiode, das Elsterflutbett mäandrieren zu lassen, wurde schon einmal der Versuch unternommen, das Problem des Grünverbundes und das Problem der nördlichen Auwaldentwässerung gleichzeitig zu lösen. Schon damals hat der Ökolöwe diesen Vorschlag aktiv unterstützt. Nunmehr ist der Ökolöwe in die Offensive gegangen und hat selbst Vorschläge vorgestellt. Wir halten die Problematik, wie die Grünen, für fundamental und wünschen ein ganzheitliches, modernen wasserwirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Ansprüchen gewachsenes Konzept.“

Jetzt müssen auch noch Teile der anderen Fraktionen munter werden und akzeptieren, dass das Integrierte Gewässerkonzept von 2004 für die Rettung des Auenwaldes eine Katastrophe ist und in wesentlichen Teilen korrigiert werden muss.

Und dass auch eine 100 Jahre alte Idee von einem großen städtischen Wasserbecken einmal begraben werden muss, wenn sie in diesem Fall die Wiederbelebung eines Flusses verhindert und gleichzeitig – wie die Hitzebelastungskarten der Stadt zeigen – massiv zur Aufheizung der Innenstadt beiträgt.

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