Dass Stadtratsdiskussionen nicht mit Sieg oder Niederlage enden müssen, das war am 18. Januar bei der Diskussion zum Baubeschluss der neuen Schule in der Tauchaer Straße 188 in Thekla zu erleben. Dabei ging es schon gar nicht mehr um die neue Schule selbst oder die geplante Dreifeldturnhalle, sondern um die gar nicht so banale Frage: Wie kommen die Kinder heil zur Schule?

Denn der Schulstandort in der Tauchaer Straße 188, der für knapp 30 Millionen Euro komplett neu gebaut werden soll, liegt eher am Rande von Thekla und ist verkehrstechnisch schlecht angeschlossen. Mit der Taucher Straße führt eine Hauptverkehrsstraße direkt vor der Schule entlang. Aber wenn es um eine sichere Verbindung insbesondere ins Theklaer Neubaugebiet geht, fehlt ein durchgängiger und sicherer Rad-/Fußweg. Und die ÖPNV-Anbindung ist auch so unkomfortabel, dass wohl viele Eltern ihre Kinder dann lieber mit dem Auto bringen werden, wie es CDU-Stadtrat Falk Dossin in seiner Rede zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion betonte.

Womit er ja die Denkweise heutiger Eltern ganz gut beschreibt. Das private Kraftfahrzeug rutscht automatisch an die erste Stelle, wenn sich Verkehrswege auf einmal als kompliziert erweisen.

Dass das gleichzeitig aber auch besagt, dass das Auto deshalb als so selbstverständlich erscheint, weil umweltfreundliche Verkehrsarten nicht existieren oder nicht ausgebaut sind, ist die andere Seite der Medaille. So gesehen bissen sich die Argumente in Dossins Rede. Denn dass die ÖPNV-Anbindung jetzt noch schlecht und für die Anbindung einer Schule überhaupt nicht ausreichend ist, heißt ja nicht, dass das auch noch in drei Jahren, wenn die Schule eröffnet wird, so sein muss.

Radweg und ÖPNV sind dringend zu prüfen

Sowohl SPD- als auch CDU-Fraktion hatten ja die Probleme des nicht-existierenden Rad-/Fußweges und des ungenügenden ÖPNV benannt und die Verwaltung zu Lösungen aufgefordert. Und genau darüber wurde dann am 18. Januar ausführlich diskutiert. Auch Baubürgermeister Thomas Dienberg bestätigte das Problem, bat aber darum, das Thema aus der Beschlussfassung auszuklammern. Denn das Baufeld soll ja schon ab Februar frei gemacht werden und im Juli der Bau beginnen.

Die in der Stadtratsstunde diskutierten Probleme bei der Freiflächengestaltung und bei der Verkehrsanbindung aber kann man in den Jahren bis zur Schuleröffnung 2026 lösen – und muss man auch.

Weshalb Dienberg der Ratsversammlung in einem halben Jahr eine Extra-Vorlage versprach, die sich mit den Konflikten bei Freiraumgestaltung und Verkehrsanbindung beschäftigen soll. Auch mit der Prüfung weiterer Stellplätze, wenn diese trotzdem gebraucht werden, weil Eltern ihre Kinder dennoch mit dem Auto zur Grundschule bringen oder Sportveranstaltungen mit Publikum stattfinden.

Aber schon in der Debatte klärte sich, dass das Baudezernat sehr wohl den Ausbau des breiten Geh-/Radweges an der Tauchaer Straße im Visier hat und noch zu klären versucht, wie mit einer dort liegenden Wasserleitung der Leipziger Wasserwerke umgegangen werden soll und ein breit angelegter Graben den Platz für den Lückenschluss für den Radweg hergeben kann. Und mit den LVB wolle man sprechen, um mit Schuleröffnung einen entsprechend sinnvollen ÖPNV zu organisieren.

Suche nach sicheren Verkehrslösungen

Denn natürlich stimmt auch das Gegenargument: Wenn ein breiter sicherer Radweg da ist und die Busse in attraktiven Abständen direkt vor der Schule halten, braucht es auch keine Kiss-and-Go-Zone für Elterntaxis vor der Schule. Die übrigens auch nichts mit Befähigung zur Selbstständigkeit der Schulkinder zu tun hätte. Selbstständigkeit entsteht, wenn Kinder ihren Schulweg allein bewältigen.

Weshalb aus dem Wunsch der CDU-Fraktion nach 20 Parkplätzen vor der Schule nach Zustimmung von Falk Dossin erst einmal ein Prüfauftrag für Stellplätze überhaupt wurde.

Im Grunde auch aus dem Antragspunkt Nr. 3 der SPD-Fraktion: „Für die Tauchaer Straße wird im Schulumfeld ein Verkehrskonzept erstellt, das auf die Bedürfnisse der Kinder ausgerichtet ist und einen sicheren Schulweg und Freiraum ermöglicht. Die Schule soll für Kinder zu Fuß und per Rad erreichbar sein. Der Verkehr vor der Schule ist baulich zu beruhigen. Eine gesicherte Radweganbindung (protected bikelane) ist bis zur Eröffnung der Schule zu errichten.“

Denn hier geht es um die Suche nach Lösungen rund um einen Schulstandort, der schon in der Vergangenheit nicht wirklich gut zu erreichen war. Alle anderen Antragspunkte von SPD und CDU hat die Verwaltung in ihren Beschlussvorschlag übernommen, sodass mit Baubeginn auch gleich die Suche nach Lösungen für sichere Verkehrswege für die Schulkinder begonnen werden soll. Mit ersten Ergebnissen, welche die Ratsversammlung in einem halben Jahr vorgelegt bekommen soll.

Die Beschlussvorlage, die ja dieser Art zu einem Gemeinschaftsprojekt wurde, bekam dann auch die erwartbare Mehrheit in Stadtrat. Bis auf die üblichen zehn Gegenstimmen aus der Fraktion, die nur ihre eigenen Anträge immer gut findet.

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