Bevölkerungswachstum in der Großstadt, Übernutzung, menschliches Fehlverhalten, Regelverletzungen und die Folgen des Klimawandels – der Leipziger Stadtwald, zu dem unter anderem der Auwald zählt, steht erheblich unter Druck. Damit er als Teil der Natur und Naherholungsgebiet auch weiter erhalten bleibt, kümmern sich seit kurzem eine Rangerin und ein Ranger gemeinsam um Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit für den Naturschutz vor Ort. Das Motto: Gespräche statt (oder jedenfalls vor) Repressalien.

Aufklärung und Sensibilisierung: Dies soll immer das erste Mittel der Wahl bei ihrer Arbeit sein, betont Franka Seidel. Nur, wenn es nicht mehr anders ginge, sollten auch Ordnungswidrigkeiten und womöglich strafrechtliche Folgen zum Tragen kommen.

Seidel ist seit Anfang dieses Jahres Rangerin im Leipziger Stadtwald. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Marko Reimann kümmert sich die studierte Forstwirtschaftlerin, die über acht Jahre die Leipziger Auwald-Station leitete, um alle Themen rund um Naturschutz, Erholung und generell Fragen, die den Leipziger Stadt- und Auwald betreffen.

Marko Reimann, der seine Diplomarbeit über Totholz schrieb und ebenfalls wissenschaftliche Expertise vorweisen kann, und Franka Seidel sind dabei als Ranger der Abteilung Stadtforsten im Amt für Stadtgrün und Gewässer zugeordnet. Die uniformierten Stadt-Mitarbeiter kann man auf ihren E-Bikes häufig in den sensiblen Auwaldbereichen antreffen, aber auch bei ökologischen Beweidungsprojekten und generell im Leipziger Stadtwald.

Repression nur als letztes Mittel

Dabei verstehen sich Reimann und Seidel in allererster Linie als Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger, um Fragen zu Themen wie Waldwirtschaft, Umweltbildung und dem sensiblen Umgang mit der Natur zu beantworten: Wie wirkt sich die Trockenheit und Dürre der letzten Jahre aus? Welche Schädlinge und Baumkrankheiten gibt es aktuell? Warum sollte beispielsweise bei der Rußrindenkrankheit ein Hautkontakt vermieden werden?

Dazu wird auch die Einhaltung bestehender Regeln überwacht, wie etwa die Sperrung des Floßgrabens oder ob Hundehalter darauf achten, dass ihre Vierbeiner in der begonnenen Brut- und Setzzeit keine Wildtiere belästigen.

Beobachtung, Dokumentation, Gespräche und verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, etwa durch Exkursionen, sind dabei der Grundansatz. Trotz alledem hat der Gesetzgeber die Ranger als Forstschutzbeauftragte der Stadt auch mit Befugnissen der Vollzugspolizei ausgestattet, um die Einhaltung des Waldgesetzes sicherzustellen. „Aber wir hoffen, dass es dazu eher selten kommen soll“, sagt Franka Seidel. „Wenn wirklich vorsätzlich und vollkommen uneinsichtig Störungen und Schäden verursacht werden, ist das das letzte Mittel, das wir dann anwenden müssen.“

Unter dieses Stichwort könnten etwa illegale Lagerfeuer, Müllablagerung, Fahrrad-Rennstrecken und Trampelpfade im Naturschutzgebiet oder auch kiloweise Bärlauch-Diebstahl fallen, wie er erst im Februar publik geworden war. Doch als verlängerter Stadtordnungsdienst sehen sich Reimann und Seidel nicht.

Zwei Stadtwaldranger werden wohl auf Dauer nicht reichen

Dass sich die Stadt Leipzig nun zumindest zwei Stellen für Stadtwaldranger leistet, sei definitiv ein guter Anfang, findet auch Jürgen Kasek: „Der erste Schritt ist getan. Wir fangen jetzt an und ich bin zuversichtlich, dass es gut wird“, so der grüne Leipziger Stadtrat und umweltpolitische Sprecher seiner Fraktion. Diese war es auch, die bereits Anfang 2021 mit ihren Argumenten den entscheidenden Anstoß für die Schaffung der Ranger-Posten gegeben hatte.

Etwas kritisch sieht Kasek den Umstand, dass es aktuell nur bei zwei Ranger-Stellen für Leipzig geblieben ist. „Wir müssen uns nichts vormachen: Bei einer Stadt in der Größenordnung werden zwei, egal wie gut die sind, nicht reichen“, so Kasek am Donnerstag bei einem Vor-Ort-Termin im Leipziger Rosental. Daher werde perspektivisch auch über weitere Stellen verhandelt werden müssen.

Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) räumte auf Kaseks Nachfrage ein, dass die zwei Ranger ein Anfang seien, verwies jedoch auch auf bald neu hinzukommende „Sauberkeitshelfer“ und „Umweltdetektive.“

Jürgen Kasek begrüßt kommunikativen Grundansatz der Ranger

Wie auch Andreas Sickert, Leiter der Abteilung Stadtforsten im Amt für Stadtgrün und Gewässer, betonte Rosenthal beim Pressetermin am Donnerstagvormittag, wie wichtig angesichts aktueller Herausforderungen beim Naturschutz ein präventiv-sensibilisierendes Herangehen ist, das eine breite Masse an Menschen erreichen kann. Gerade die emotionalen Debatten um Fragen wie das Auenentwicklungskonzept zeigten, wie dringend das Thema auf der Agenda steht.

Stadtrat Jürgen Kasek begrüßt den kommunikativen Ansatz ausdrücklich: „Meine Überzeugung ist, wenn die Leute begreifen, was es ist und welche Folgen etwas haben kann, ist die Bereitschaft, sich dafür einzusetzen, viel höher, als wenn ich nur ran gehe und sage ‚Hier, du hast einen Fehler gemacht.‘“ Sanktionen und Bußgeldbescheide sollten die „ultima ratio“ sein.

Nun wird die Zeit zeigen, was der Einsatz der zwei Stadtwaldranger mit sich bringt.

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Keine Kommentare bisher

Den beiden KOBs/Auwaldblockwart*innen hätten sie doch wenigstens auwaldtaugliche Elektroräder spendieren können.
Wie sollen die denn damit auf der Küchenholzallee oder auf den “illegalen Mountainbikerennstrecken” mit den zu Belehrenden mithalten können?

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