Alles begann 2020, als der Stadtbezirksbeirat Ost die Schaffung von Superblocks nach dem Vorbild von Barcelona für Volkmarsdorf beantragte. 2022 übernahm der Superblocks Leipzig e. V. das Anliegen und machte die Sache auch mit Aktionen direkt auf der Hildegardstraße zum Thema. Und während Leipzigs Verwaltung 2020 noch abwehrend reagierte, wird die Idee von Superblocks in Volkmarsdorf jetzt Realität. Am Mittwoch, 10. Mai, waren die Markierungsarbeiten schon in vollem Gang.

Die Stadtteile Volkmarsdorf und Neustadt-Neuschönefeld sollen sich künftig durch ein grün-blaues Netz fußgängerfreundlicher öffentlicher Räume sowie Fahrrad- und Spielstraßen auszeichnen, in denen sich die Nachbarschaft trifft und austauscht.

Der Superblocks Leipzig e. V. ist mit seinem Projekt „Neue Nähen – Superblocks Leipzig“ zur Gestaltung des Straßenraums im Leipziger Osten Teil des Programms der „Velo-city 2023“. Deshalb gibt es am Donnerstag, 11. Mai, auch einen Pressetermin in der Hildegardstraße, bei dem Baubürgermeister Thomas Dienberg dieses Pilotprojekt vorstellen möchte.

Um 10 Uhr wird dann der erste Superblock-Teilabschnitt an der Ecke Hildegard-/Ludwigstraße in Leipzig Volkmarsdorf eröffnet.

So groß wie in Barcelona wird das Ganze natürlich noch nicht.

„Statt der großflächigen Superblocks in Barcelona werden in Leipzig schrittweise verkehrsberuhigte Superblock-Elemente umgesetzt, die sich bestenfalls miteinander verbinden und grüne, sichere Wege im Quartier entstehen lassen“, schildert der Superblocks Leipzig e. V. das Vorgehen. „Kombinationen aus Spielstraßen, verkehrsberuhigten Bereichen und Diagonalsperren bilden neuen Lebensraum im Superblocks-Testgebiet.“

Ab dem 11. Mai kann jeder und jede das nun für Leipzig erste Superblocks-Testgebiet live erleben und sich ein eigenes Bild machen, wie die Sache in der Praxis funktioniert.

Am Freitag, 12. Mai, will der Verein dann vor Ort ausführlich über das Projektvorhaben informieren. Um 17 Uhr startet dann auch das Mitmachforum, in dem der Verein und der Fußverkehrsbeauftragte der Stadt Leipzig den Stand der verkehrsplanerischen Konzeption sowie den Stand der aktuellen Umsetzungsplanung vorstellen. Und ab 14 Uhr steht auch ein Spielmobil bereit, um den Nachmittag in guter Nachbarschaft zu genießen.

Dass gerade mal ein Jahr vergangen ist, bis die Idee vom ersten Test im Mai 2022 nun zur Umsetzung kam, erstaunt die Mitstreiter des Vereins tatsächlich: „An manchen Tagen können das Projektteam und der Superblocks Leipzig e. V. noch gar nicht glauben, was in den letzten Monaten alles passiert ist und staunen, wie der Traum von einem Superblocks-Testgebiet hin zu einem langfristig erlebbaren Leipziger Superblock immer näherrückt.“

Aktuell wird das Projekt „Neue Nähen – Superblocks Leipzig“ in der Sonderausstellung „Move! Verkehr macht Stadt“ im Verkehrsmuseum Dresden als Pionierprojekt der Verkehrswende in Sachsen vorgestellt und kann noch bis zum 7. Januar 2024 besucht werden.

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Es gibt 14 Kommentare

Ich ahne, werter User “Kaisen”, wie es kommt, daß Sie eine durchsichtige Einseitigkeit ausmachen, wozu Ihnen zudem ein müdes Lächeln erscheint: die Überzeugung, Ewiggestrigkeit zu diagnostizieren. Was für ein Irrtum!

Es verwundert mich nicht wirklich, dass Sie sich angesprochen fühlen. Aber auch Ihnen, lieber “Urs”, schenke ich bereitwillig ein müdes Lächeln. Mehr habe ich leider nicht übrig für Ihre gern mit selbstgefälliger Attitude vorgetragene Scheinheiligkeit. Dass Sie an einem einvernehmlichen Zusammenleben und echtem Interessenausgleich interessiert sind, mag ich nicht recht glauben. Zu einseitig arbeiten Sie sich reflexhaft und sehr erwartbar an den vermeintlichen Haltungen der einen ab, sehen es den anderen aber gern nach. Das ist sehr schön verpackt, zugegeben, aber doch sehr durchschaubar. Nichts für ungut und einen schönen Abend.

Krokodilstränen, lieber User “Kaisen”, sind hier ganz gut erklärt: https://de.wikipedia.org/wiki/Krokodilstr%C3%A4nen Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie Heuchelei unterstellen, aber selbst wenn, die Krokodile sondern die Tränen beim Fressen ab, niemand hier hat falsche Tränen in den Augen, ganz zu schweigen, von Fressen und Gefressenwerden.

Und ein Grundmißverständnis besteht, was mich betrifft, darin, daß ich eine Pro-Autofahren-Sicht hätte. Mir geht es um, sagen wir, gedeihliches Zusammenleben. Und dafür sollen viele Aspekte herangezogen werden. Und ich habe mit eigenen Ohren die Taxifahrer am Hbf neulich “Alles Wohlstandsverwahrloste!” rufen hören, als das Happening vor dem Hbf abging. Zeigt das nicht, daß die Gesellschaft, gelinde gesagt, kein Einvernehmen hat, was richtig oder falsch daran ist, was programmatisch als “Verkehrswende” tituliert wird? Mit einer überrissenen Haltung wird man nie im Leben ein Einvernehmen erzielen, soviel steht fest. Allenfalls in Blasen wird man reüssieren können, und gegenüber anderweitigen hofft man, einen Distinktionsgewinn auszukosten. Derlei reicht zu nichts hin.

Sehr schön! Werd’ ich mir demnächst mal anschauen. Und als Bewohner einer Stadt, deren öffentliche Flächen bis auf den letzten Quadratmeter (legal & darüber hinaus auch gern illegal) mit Kraftfahrzeugen zugeparkt sind, kann ich über die Krokodilstränen der Beweiner des Staus Quo inzwischen nur noch müde lächeln. Das geht zum Glück vorbei.

Hallo TLpz,
könnte es die gleiche (kurze) Abwägung sein, die Radler und Roller-Fahrer ihr Gefährt auf Bürgersteigen, an Fenster, Türen und sonstwo, wo es praktisch und möglich erscheint stehen lassen, anstellen? Ich will “Zuparken” (Definitionssache) nicht völlig verharmlosen, aber die strenge Unterscheidung in “die Autofahrer-Fraktion” und “die Guten” ist doch komisch.

Um die Anrainer ging es glaube nicht in den größeren Diskussionen beim Cottaweg, sondern der kommt immer wieder ins Gespräch bei Veranstaltungen.

Und: Kinder werden immer vor´s Loch geschoben. Ebenfalls von jeder Seite, wo es sich anbietet. Das würde ich jetzt weder “Urs” noch anderen Leuten vorwerfen, das ist einfach billiger Usus geworden.

@Sebastian
> “Und die Frage, zu welchem Zweck am Cottaweg (oder sonstwo) geparkt werden möchte….wirklich spannend. Ich nehme an, es würde in der Deutungshoheit von Radlern und Engagierten liegen, was ein “guter Zweck” zum Parken wäre?”
Einen “guten Zweck” muss man dazu nicht finden. Man muss auch gar keinen Zweck finden. Es ist aber bezeichnend, dass i.d.R. die Pro- Autofahrer- Fraktion glaubt, überall parken zu dürfen, wo ein Bordstein ist. Ob dieser abgesenkt ist oder nicht, spielt dabei schon gar keine Rolle mehr. Warum muss überall geparkt werden müssen? Am Cottaweg wird ja selbst ein Parkverbot auf der Straße ignoriert, da wird sich auch hemmungslos auf Grünflächen gestellt. Alle Anrainer dort verfügen über Parkflächen auf Privatgelände. Wenn diese alle belegt sind, dann ist eben Schicht im Schacht. Dann muss man sich eben einen anderen, freien Parkplatz suchen und ggfs. mal die Füße benutzen. Vielleicht mal ein paar Meter weiter. Und weil der User “Urs” hier die Familien vor’s Loch schiebt: Zu den Zeiten, wo Familien mit Kind auf die Kleinmesse gehen, habe ich den Parkplatz noch nicht voll gesehen. Wenn dieser belegt ist, dann in den Abendstunden. Da sind die Familien schon längst wieder zu Hause…

> Was tut der Mensch, wenn er im öffentlichen Diskurs nichts mehr erreicht und er viele Fakten auf seiner Seite weiß?
Hallo Christian,
diese Frage ist relativ universell und spannend. Mich würde interessieren, was die Leute tun, die sich persönlich und im Stadtteilparlament, schließlich im Stadtrat dafür eingesetzt haben, dass in ihrer Straße das halbseitige Bordsteinparken erlaubt bleibt, als sie aus eigenem Erleben für sich die Faktenlage vor sich sahen und zu dem Ergebnis kamen, dass dort alles in Ordnung ist mit dem Parken.
Der Mensch, der Fakten auf seiner Seite weiß, ist aus erkenntnistheoretischer Sicht ein echt interessantes Subjekt. Man weiß ja selbst eigentlich nie, ab wann man genug Überblick über die Faktenlage hat. Selbst wenn man ihn hat, wird man mit einer (wie auch immer gearteten) faktenbasierten Entscheidung nicht Alle zufriedenstellen.

Und solange sich einige (verantwortliche) Mitbürgernde in Amsterdam, Barcelona oder Kopenhagen wähnen, solange von der Autobahn vor dem Hauptbahnhof geredet wird, ohne dass die versammelte Stadtratschaft augenblicklich in schallendes Lachen verfällt, solange spielen Fakten eine völlig untergeordnete Rolle. Man müsste sich eigentlich, streng genommen, darüber auch nicht mehr streiten, wenn DAS die Argumente sind, die vorgebracht werden.

Und wenn man dann auch mal über die Mittel redet: Die “kreativen Ideen” am Parking Day, oder Badenudeln auf dem Rad, oder auf-die-Straße-legen-in-Schriftform, sind natürlich überspitzt und damit (automatisch) tendenziell auch mal belächelnswert. Würden sich Leute mit der Schrift “Tempo 80” vor den HBF legen, würden sie Sternmärsche fürs Tangentenviereck, und am besten noch für Hochstraßen quer durch die Stadt veranstalten, würde dieses Medium (und ein Teil seiner Kommentatoren) sich gar nicht mal so unberechtigt ausschütten vor Häme.
Der Fakt, dass so ein Bildchen auf der Straße lächerlich ist, spielt aber nur in dem Fall eine Rolle, wenn der politische Gegner dieses Mittel wählt. “Nur zu berechtigt” werden wiederum gern die Forderungen für die Leser einrahmend und vorverdaut übermittelt, wenn sie vom eigenen Lager kommen.

Und die Frage, zu welchem Zweck am Cottaweg (oder sonstwo) geparkt werden möchte….wirklich spannend. Ich nehme an, es würde in der Deutungshoheit von Radlern und Engagierten liegen, was ein “guter Zweck” zum Parken wäre?

Ganz genau, lieber User “TLpz”, zum Besuch der Kleinmesse. Und was auch immer der “eigene Parkplatz der Kleinmesse” sein soll, wenn die paar Stellplätze am Eingang auskömmlich sein sollen, sollte man die Kleinmesse als solche beerdigen. Und ich kann mir schon ausmalen, daß hierauf entgegnet wird, daß man ja eigentlich gar nicht will, daß Leute mit dem Auto in die Stadt fahren, und es gäbe da ja die schönen P+R-Plätze, und die Parkhäuser sind ja weithin leer, und der Auwald und das Klima und der Flächenverbrauch und die Sichtbehinderung für Kinder, und etliche Aspekte mehr, etwa Faulheit und Gewohnheitsrecht, und man hätte das alles lange genug erduldet, und nun geht es anders herum, und es ginge ja auch gar nicht anders, wenn “wir” die “Klimaziele” erreichen wollen. Wer als Stadt einen Rummelplatz betreibt, der im eigentlichen Sinne sehr schön und was Handfestes ist, bei aller endemischen Virtualisierung heutzutage (aber keine Angst, die “bequem von zu Hause” mit VR-Brille besuchbare Kleinmesse wird noch früh genug das Dunkel der Welt erblicken), der kann sich nicht hinstellen und zwar für tausende Fußballspielbesucher Parkplätze vorhalten, für Kleinmessebesucher und -besucherinnen aber nur eine Handvoll. Und machen wir uns nichts vor, einseitig auf dem Cottaweg abgestellte Fahrzeuge stören so gut wie niemanden, auch und gerade nicht neben einem seit Jahrzehnten heruntergekommen, früher parkähnlichen Seitenstreifen neben dem Elsterbecken.

“Augen auf bei der Wohnortwahl” wäre kein gültiges Argument, seien wir froh, daß insgesamt doch noch so viele auf dem Dorf wohnen (das ist weder ironisch noch arrogant gemeint) und nur ab und zu in die Großstadt Leipzig kommen wollen (solange sie sich noch ein Kfz leisten können, versteht sich; geprießen sind auch jene, die an der Strecke der Buslinie 131 wohnen, die m.E. stündlich von Merseburg verkehrt, sonntags leider nur zweistündlich).

Dem Auwald würde Wasser helfen, das ihm aber wegen der falschen Vorstellungen unserer Vorfahren vom Wasserbau fehlt, und der Verzicht auf die bekloppten Femellöcher. Dem Klima hilft das Halteverbot auf dem Cottaweg keinen Deut. Genau wie E-Mobile als solche nicht. Und jahrzehntelange verfehlte Verkehrspolitik, die im Grunde systembedingt eben genauso verfehlt geriet, wie sie ist, auf dem Rücken von Kleinmessebesucherfamilien auszutragen, ist absurd, und eben herzlos.

Daß jetzt Mark Daniel (den ich persönlich aus ganz anderem Zusammenhang kenne und schätze) von der angeblichen Autofahrerzeitung LVZ eine quasi von der L-IZ kopierte Haltung einnimmt, ist kein gutes Zeichen. “Mut zur Zumutung” lautete m.E. seine Kommentarüberschrift als Schlußfolgerung der Veloverkehrsmesse letzthin, und nun schreibt er konsistent weiter: “Was in anderen Städten längst funktioniert, geht hier noch immer zu oft schief. An der Kommunikation dürfte das weniger liegen als an der ungebrochenen Dreistigkeit derer, die zu bequem sind, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Bleibt nur das Aufrechterhalten straffer Sanktionen.” Und am WE durfte er unterwürfig schlagzeilen “Ist Leipzig schon eine Fahrradstadt, Herr Tiemens?” (Herbert Tiemens aus Utrecht wird als Radverkehrsberater vorgestellt, ob als Angestellter der Stadt oder als Externer bleibt ganz unklar, derlei zu wissen wäre aber fürs Verständnis wichtig) Da wird Hannah Suppa mal eine Ansage gemacht haben, geht doch auch bei der LVZ! Vor gar nicht langer Zeit machte sich Mark Daniel noch mit einer “Schmieche” auf seinem Velo-Gepäckträger über die 1.50m-Abstandsanordnung (in der Elsterstraße) als praxisfremd lustig.

@Urs
> “Nie werde ich aber verstehen, wieso man im Cottaweg den von außerhalb anreisenden Familien eine Nase dreht und ein kilometerlanges Halteverbot ausweist. Das hilft niemandem, ist herzlos und feindlich.”
Zu welchem Zweck sollen den dort Familien parken? Zum Besuch der Kleinmesse? Diese hat einen eigenen Parkplatz, der m.E. in letzter Zeit kostenfrei genutzt werden kann.

Lieber User Urs,
“Perspektivwechsel”
Könnte es sein, dass gerade dieser langjährig fehlende bisher dafür gesorgt hat, dass sich die Lager “radikalisiert” haben und nun mit Propagandageschützen gearbeitet wird?
Viele Institutionen und Medien haben in Leipzig jahrzehntelang permanent öffentlich gejammert und reagiert, wenn es mal um kleinere Flächenveränderungen zu Ungunsten der Motorisierung ging. Selbst wenn es separate Straßenbahngleise oder 20cm davon mehr waren.
Was tut der Mensch, wenn er im öffentlichen Diskurs nichts mehr erreicht und er viele Fakten auf seiner Seite weiß? Die “Klimaaktivisten” sind ein gutes Beispiel dafür.
So “verschärfen sich die Fronten” und die Erfolge werden dementsprechend ausgeweidet.

Die “großen Argumente” finde ich schon wichtig, daher bringen durchaus stadtratsfähige Aktionen wie die Radspur am Hbf einen Stoß in eine richtige Richtung, nebst Zeichen setzen.
Und wie es auch in der großen Politik ist: es benötigt manchmal einen etwas stärkeren Kurswechsel, um einen Tanker tatsächlich auf einen anderen Kurs zu bringen, statt immer nur herumzuschlingern oder lieber das Gewohnte aus Angst vor Veränderung zu wiederholen.
Oder?

Ja, lieber User “Christian”, die diesbezügliche Propaganda ist mir ein Graus. Und es ist ja nicht so, daß ich nicht längst solche oder ähnliche Quartierskreuzungs-Restriktionen kenne, etwa aus dem Kleinbasel kenne ich derlei seit Jahrzehnten. Was ich aber nur aus Leipzig kenne, ist der Kampangnen-Hokuspokus, der dabei entfacht wird, und für den sich eine Minderheit in die erhobene Positur von Erleuchteten wirft. Und jaja, noch jedes Papier, was üblicherweise Konzept oder Plan genannt und schon vor Jahren von überhäuften Stadträten, die vermutlich kaum Zeit zur Lektüre finden, mehrheitlich gutgeheißen wurde, wird nun kumuliert mit aktuellen politischen und ordnungspolitschen Initiativen, ich sage nur Fußverkehrsentwicklungsplan, Radverkehrsentwicklungsplan, Mobilitätsstragie 2030, Integriertes Stadtentwicklungskonzept “Leipzig 2030”, und was auch immer noch, mit den Ambitionen von Thomas Dienberg und seinen Getreuen. Damit Sie mich bitte nicht falsch verstehen, darin ist nicht alles kritikwürdig oder gar schlecht. Aber wie die Aktion um Ostern am Hbf gezeigt hat, in der Paarung von Strategie und Taktik kommen Lösungen heraus, die ansonsten keine Mehrheit etwa im Stadtrat bekommen hätten, ganz abgesehen von der Stadtgesellschaft. Vielmehr profiliert sich eine verkehrs- und ordnungspolitische Strömung, die alle Argumente ihres Handels in der eigenen Hand sieht, in Sonderheit die ganz großen Argumente (globale Erwärmung etwa), die aber keinen Gedanken daran verschwendet, was die Größenordnung der erreichbaren Effekte sind, um einen Aspekt zu nennen. Wer es, um ein anderes Beispiel zu nennen, sich etwa als Vision ausmalt, daß Leipzig künftig nur noch von Spielstraßen durchzogen sein möge, da nur so die Unfallopferzahl auf Null gebracht werden kann, um ein fiktives Beispiel zu bringen, der oder die wird jedenfalls eine Weile damit hadern, daß viele andere vermutlich diese Sicht nicht teilen. Und dann anfangen, anderen zum Possen seltsame hölzerne Karren mit spindeldürren Alibi-Bäumen vor die Tür zu stellen, um die vorhandene Kfz-Parkplätze zu blockieren. Denn es geht ja um Flächengerechtigkeit und Aufenthaltsqualität und Klimaresilienz, und was weiß ich noch alles, was sich bitteschön ja niemand infrage zu stellen getrauen möge.

Und so sehe ich das auch für Volkmarsdorf und umliegende Stadtteile hinsichtlich der diagonalen Kreuzungssperren, die in Wohnquartieren den Kfz-Verkehrsstrom in bestimmter Weise restriktiv beeinflussen sollen. Ich sehe auf den Jubelbildern recht wenige Anwohner. Und nein, ich selbst bin passionerter Radfahrer und gern umherschlurfender Fußgänger. Nie werde ich aber verstehen, wieso man im Cottaweg den von außerhalb anreisenden Familien eine Nase dreht und ein kilometerlanges Halteverbot ausweist. Das hilft niemandem, ist herzlos und feindlich. Aber Leute, die Velos mit “Ein Auto weniger”-Aufklebern betreiben, sind nicht imstande für einen Perspektivenwechsel, fürchte ich.

Der Wahrheit verpflichtet muss gesagt werden, der Beirat beantragte 2020 einen Superblock für Anger-Crottendorf (da, wo alles anfing). Damals, als der Beirat noch progressiv war.
Heute ist man in diesem Gremium – rechts wie links – mit Vollgas zurück ins Jahr 1995 unterwegs. Ihr wisst, in den Neunzigern, als Fahrradbügel noch Ideologie waren.

@Urs
In Anger-Crottendorf wurde so ein “Superblock” auch einmal testweise installiert, und ich muss sagen, das war eine gute Alternative zum regulären Zustand.
Ein (tageszeitabhängiger) Schleichverkehr, welcher gern zum Abkürzen durchs Wohngebiet entsteht, wurde dadurch erfolgreich beeinträchtigt. Für alle nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer war das durchaus positiv.
Zudem sind die Straßen sowieso nicht für Gegenverkehr ausgelegt.

Was spricht dagegen, wenn es doch sowieso nur die Anlieger trifft?
Oder geht es Ihnen nur um die damit verbundene Propaganda?

Zwar wohne ich nicht in Volkmarsdorf und komme selten in die Nähe, aber immerhin war ich genau vor einer Woche mal in der Hedwigstraße in Neustadt. Ich saß eine Viertelstunde auf einer Bank an der Heilig-Kreuz-Kirche und wartete auf meine Verabredung. Ich erinnerte mich an die Zeit 30 Jahre vorher, ich hatte damals dort mal eine Matthäuspassion auf DAT aufgenommen. Das Quartier ist kaum wiederzuerkennen, etliches ist ansehlich geworden. In der unweiten Ludwigstraße kannte ich einen Töpferin, und im Rabet kannte ich Leute, die in den Achtzigern in krankmachenden Bruchbuden wohnten.

Ich hatte letzte Woche keine Kenntnis von unweit in der Hildegardstraße laufenden Vorbereitungen für permanente Straßensperrungen, die wir nun unter dem gedrechselten Terminus “Superblock” kennenlernen. Dort an der Hedwigstraße herrschte 16.30Uhr fast keinerlei Kfz-Verkehr, Leute schlurften auf den Trottoirs, Radler wie ich selbst eierten auf der Fahrbahn, Entspannung herrschte. Ins Pögehaus tappten einige Passanten hinein.

Was in er Hildegardstraße nun so ganz anders sein soll, als in der 150m entfernten Hedwigstraße, ist mir ganz unklar. Dort trägt ein Superblock e.V., wie Mathias Wöbking in der LVZ schreibt, die Stadt zum Jagen. Was er, der Autor der in diesem Medium als Autofahrerzeitung verspotteten LVZ damit nicht ohne Sympathie meint, ist schlicht, daß man innerhalb eines Jahres markant in den Straßenverkehr eingreifen kann. Es ist sozusagen angerichtet, ein Verein, der sich zwar auf den wie auch immer zusammengesetzten Stadtbezirksbeirat Ost berufen kann, der vermutlich aber als e.V. sehr klein ist, glaubt, Volkmarsdorf sei Barcelona hinreichend ähnlich, um sich dort was abzugucken. Warum?

Leider kann ich morgen 17Uhr nicht nach Volkmarsdorf kommen, zu gern hätte ich den Fußverkehrsbeauftragten und die Vereinsmitglieder von Superblock e.V. einmal persönlich kennengelernt und mir ihre Sicht (Aufenthaltsqualität, Lebensraum) erläutern lassen, und hätte auch die Hoffnung gehabt, den Autor des obigen Textes anzutreffen, der von einem “Netz fußgängerfreundlicher öffentlicher Räume sowie Fahrrad- und Spielstraßen” schrieb, “in denen sich die Nachbarschaft trifft und austauscht”. Wenn ich mir das Photo der LVZ vom Pressetermin mit anschaue, sehe ich Thomas Dienberg, Jürgen Kasek und Katharina Krefft (die drückt mir an anderer Stelle immer freundlich die Hand), und noch ein paar Enthusiasten. Den Enthusiasmus einer nennenswerten Anwohneranzahl vermißt aber jede/jeder, die/der das Bild anschaut: https://www.lvz.de/resizer/9qm0TtCJbYJG9WxnlaiaTVHoUcA=/894×503/filters:quality(70):format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/NPH4XPIYPNAHXBPQPRZYF4HFUA.jpg

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