Mit einer Petition versuchte Sebastian Ludwig das absehbare Ende der Kindertagesstätte „Auenzwerge“ in Böhlitz-Ehrenberg noch einmal hinauszuschieben. Denn für die Eltern der Kinder kam die Ankündigung, dass die Kita zum Jahresende geschlossen werden soll, abrupt. Manche hatten gerade die Eingewöhnungszeit der Kinder bewältigt. Alles schien gut.

Und nun das: Die Stadt kündigt den Mietvertrag und nutzt hier die Gelegenheit, eine weitere Kindertagesstätte vom Netz zu nehmen, da jetzt die Geburtenzahlen in Leipzig drastisch gesunken sind. Logisch, dass das bei den jeweils betroffenen Eltern für Aufregung sorgt.

Auch der Ortsvorsteher von Böhlitz-Ehrenberg, Denis Achtner, nahm die Gelegenheit noch einmal wahr, sein Unverständnis für das Vorgehen der Verwaltung zu äußern: Aus seiner Sicht hätte die alte Villa in den vergangenen 25 Jahren schon saniert werden und die Feuertreppe ausgetauscht werden können.

Sinkende Geburtenzahlen machen Druck

Doch die Stadt steht selbst unter Druck. Musste vor über zehn Jahren mit Hauruck erst ein riesiges Investitionsprogramm für neue Leipziger Kindertagesstätten aufgelegt werden, um die rasant steigenden Kinderzahlen aufzufangen, schaffen die seit zwei Jahren wieder deutlich absackenden Geburtenzahlen jetzt das gegenteilige Problem: Auf einmal hat Leipzig Überkapazitäten, obwohl dutzende ältere Kindertagesstätten noch nicht einmal saniert werden konnten.

Und gleichzeitig ist der Haushalt aufgrund massiv gestiegener Sozialleistungen so knapp geworden, dass auch für Neubau und Sanierung deutlich weniger Geld zur Verfügung steht. Um das Kita-System bezahlbar zu halten, hat die Stadt also begonnen, erste Einrichtungen vom Netz zu nehmen – vor allem ältere, noch nicht sanierte Häuser. Und das trifft nun auch die Kita „Auenzwerge“.

Der Zeitdruck wirft auch einen zuvor verfolgen Übergangsplan über den Haufen: „Ursprünglich war angedacht, dass die Kinder aus den Kindertageseinrichtungen in der Auenstraße 10–12 und aus der Kantor-Andrä-Straße 14 gleichzeitig in den für den Standort Kantor-Andrä-Straße 14 geplanten Ersatzneubau umziehen. Da sich der Baubeginn aufgrund des Haushalts verschoben hat, musste insbesondere wegen der äußerst schlechten Bausubstanz von dem gemeinsamen Umzug Abstand genommen werden“, schreibt das Amt für Jugend und Familie in seiner Stellungnahme zur Petition.

„Hinzu kommt, dass eine Begehung der Unfallkasse am 10.03.2025 ergab, dass der äußere Fluchtweg unzulässig ist. Insofern der Träger der Einrichtung entsprechende Sicherheitsvorkehrungen trifft, würde die Unfallkasse einen Weiterbetrieb bis zum 31.12.2025 dulden.

Das Amt für Jugend und Familie hat hierzu viele intensive Gespräche mit dem Träger geführt und entsprechende Möglichkeiten eines gelingenden Übergangs der Kinder und Familien in eine andere Kindertageseinrichtung besprochen. Die Kindertageseinrichtung betreut insgesamt 72 Kinder, davon ca. 60 % aus Böhlitz-Ehrenberg. Der Ortsteil Böhlitz-Ehrenberg verfügt über ausreichend Kapazitäten an Kitaplätzen, um alle Kinder der Einrichtung in der Auenstraße 10–12 mit einem Betreuungsplatz zu versorgen.“

Der Druck kommt also direkt auch aus der baulichen Sicherheit des Gebäudes. Da geht die Stadt lieber auf Nummer sicher.

Klares Votum für die Ablehnung der Petition

Und der Petitionsausschuss folgte dem in seinem Beschlussvorschlag auch, der eine Ablehnung der Petition empfahl.

„Die Petition begehrt den Erhalt der Kindertageseinrichtung in der Auenstraße 10–12 (in Trägerschaft des DRK KV Leipzig-Land e.V.) über den zum 31.12.2025 endenden Mietvertrag hinaus. Die Entscheidung, den Mietvertrag nicht zu verlängern, basiert auf dem Umstand der zurückgehenden Kinderzahlen im Krippen- und Kindergartenalter in der Stadt Leipzig und negativer Bedarfseinschätzung für den betreffenden Stadtbezirk Altwest und dem schlechten Bauzustand des Gebäudes (verschlissene Gebäudehülle, teilweise unzureichende Elektroinstallation, unzureichender Brandschutz, unzulässiger Rettungsweg, veraltete Ölheizung). Vor dem Hintergrund der o. g. Gründe ist die Petition abzulehnen“, begründete der Petitionsausschuss seine Haltung.

Dem wollte zumindest CDU-Stadtrat Julian Schröder nicht folgen und stellte die originale Petition zur Abstimmung.

Aber bei Petitionen ist es so, dass jeweils der Vorschlag des Petitionsausschusses Vorrang hat bei der Abstimmung. Und in diesem Fall stimmten 33 Stadträt/-innen diesem Vorschlag zu, während 13 dagegen stimmten und sich 14 der Stimme enthielten. Womit die Schließung der Einrichtung nun zum Jahresende beschlossene Sache ist.

Schließungskonzept kommt im August

Eine Protokollnotiz von Jugendbürgermeisterin Vicki Felthaus gab es noch, denn dass einige Fraktionen hier so ablehnend reagierten, hat auch damit zu tun, dass dem Stadtrat das offizielle Schließungskonzept für die Kindertagesstätten noch nicht vorliegt. Es ist auch deshalb noch in Arbeit, weil auch das Jugenddezernat nicht damit gerechnet hatte, dass die Geburtenzahlen in Leipzig in den letzten beiden Jahren so stark einbrechen würden.

Da die Kinder dann ziemlich bald in die Tagesbetreuung kommen, sorgt dieser Geburteneinbruch sofort dafür, dass die errechneten Bedarfe und die vorhandenen Kapazitäten deutlich auseinander gehen. Es gibt sofort Überkapazitäten. Und so muss das Amt für Jugend und Familie sortieren, welche älteren Kindertagesstätten noch weiterbetrieben werden können, welche noch saniert werden müssen und für welche der Sanierungsaufwand zu hoch ist, sodass sie vom Netz genommen werden können.

Das Schließungskonzept will das Jugenddezernat nun im August dem Jugendhilfeausschuss vorlegen. Da das aber alle Eltern im Stadtgebiet interessieren dürfte, beantragte SPD-Stadtrat Frank Franke, dass dann auch Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte darüber informiert werden. Das sagte OBM Burkhard Jung auch zu.

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