Am Mittwoch, dem 5. Februar, hat der Expertenrat für Klimafragen sein Zweijahresgutachten vorgestellt. Ein Gutachten, das der Bundesregierung ein geteiltes Zeugnis ausstellt. Denn die Minderung der Treibhausgasemissionen hat sich zwar beschleunigt in Deutschland. Aber zwei Bereiche haben fast gar nichts dazu beigetragen. Und das notwendige Tempo, um die Pariser Klimaziele einzuhalten, hat Deutschland noch lange nicht erreicht. Statt 2030 wird die Klimaneutralität erst für 2045 angestrebt. Das ist viel zu wenig, kritisiert auch der BUND Sachsen.

Der Expertenrat für Klimafragen fasste das Hauptproblem in seiner Pressemitteilung so zusammen: „Der Trend des Rückgangs der Treibhausgasemissionen von 2014 bis 2023 hat sich im Vergleich zur Dekade 2010 bis 2019 beschleunigt. Der Expertenrat sieht Fortschritte beim Aufbau eines neuen, nicht-fossilen Kapitalstocks, insbesondere in der Energiewirtschaft.

In der Industrie waren vor allem höhere Energiepreise sowie konjunkturelle und strukturelle Nachfragerückgänge für die Emissionsminderung verantwortlich. In den beiden Sektoren Gebäude und Verkehr ist die Emissionsminderung unzureichend, was in erster Linie auf den schleppenden Umbau hin zu einem nicht-fossilen Kapitalstock zurückzuführen ist.“

Der Expertenrat merkte auch an, dass die Arbeit der mittlerweile zerbrochenen Ampelregierung keineswegs so unkoordiniert ausfiel, wie es auch oft genug in den Medien dargestellt wird: „Insgesamt haben sich klimapolitische Anstrengungen erkennbar verstärkt. In den vergangenen zwei Jahren wurde eine Reihe von Klimaschutzmaßnahmen substanziell novelliert oder neu eingeführt. Der Schwerpunkt lag dabei auf fiskalischen sowie regulatorischen Instrumenten.

Allerdings hat sich der Instrumentenmix dabei nur geringfügig verändert. Die neuen Maßnahmen zielen vorwiegend darauf ab, den bestehenden fossilen Kapitalstock durch nicht-fossilen Kapitalstock zu ersetzen und dabei bestehende industrielle Strukturen zu erhalten. Verhaltensbasierte Minderungspotenziale, also eine gezielte Reduktion und Veränderung von Aktivitäten vor allem in den Nachfragesektoren Gebäude und Verkehr, werden noch zu wenig adressiert.“

„Angesichts der erheblich veränderten Rahmenbedingungen und der starken Wechselwirkung mit anderen Politikfeldern muss Klimapolitik breiter gedacht werden. Die umfassende Einbettung klimapolitischer Maßnahmen in eine politische Gesamtstrategie ist jetzt wichtiger denn je“, betonte der Vorsitzende Hans-Martin Henning.

2045 ist viel zu spät

Und auch der BUND Sachsen mahnt, endlich eine für die Bürger nachvollziehbare Klimapolitik aufzulegen.

„Bundesregierung und Bundestag stellen weiterhin die verfassungswidrige Schieflage beim Klimaschutz nicht ab. Statt Postfossilität in wenigen Jahren orientiert sich Deutschland weiterhin an Klimaneutralität erst 2045, und nicht mal dafür wird genug getan, wie der Expertenrat zeigt“, sagt Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen.

„Da die Parteien das Klimathema im Wahlkampf weitgehend ignorieren, zeigt das Gutachten, wie wichtig unsere laufende BUND-Klima-Verfassungsbeschwerde 2.0 ist. Anders als die Parteien es sich wünschen, ist durch Grundrechte und Umweltvölkerrecht nämlich mehr Klimaschutz geboten, nicht weniger. Was sie dabei übersehen: Auch der Frieden, unser Wohlstand und unsere Lebensgrundlagen auch jenseits des Klimas haben nur postfossil eine Zukunft.“

Das Zweijahresgutachten untersuchte der Expertenrat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags die Entwicklungen und Trends der Treibhausgasemissionen und bewertet die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen. Kriterien sind die Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und soziale Verteilungswirkungen. Die Berechnungen zeigen, dass die Treibhausgase mit den bisherigen Maßnahmen nicht ausreichend sinken, um bis 2030 die Ziele aus dem nationalen Klimaschutzgesetz zu erreichen und die EU-Vorgaben zur Lastenverteilung (Effort Sharing Resgulation) zu erfüllen.

Um das 2030-Ziel aus dem Klimaschutzgesetz zu erreichen, wäre im Vergleich zum Trend der vorangegangenen 10 Jahre ab dem Jahr 2024 im Verkehrsbereich eine 5-fach und im Gebäudebereich eine 6,5-fach so hohe Minderungsrate pro Jahr notwendig. Das heißt: In dieser Dimension müsste jetzt der Umstieg von fossilen Energiequellen auf erneuerbare erfolgen.

Normalerweise wäre das ein riesiges Konjunkturprogramm, das aber mit den Vorstellungen der konservativen Parteien von Schuldenbremse und immer neuen Steuersenkungen nicht finanzierbar ist. Während es gleichzeitig ein Booster für die lahmende deutsche Wirtschaft wäre.

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Es gibt 2 Kommentare

Ich gehe davon aus, dass die Experten des Expertenrates für Klimafragen sich selbst den Namen gegeben habe, damit jedem noch so Unwissenden klar wird, dass sind eben die Experten und ich bin unwissend und fröne ihren Einlassungen andächtig.

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