Leipzig hat schöne Pläne – zur Verbesserung der Luftqualität genauso wie zur Verringerung der Lärmbelastung. Das Problem ist aber oft: Es bessert sich nichts. Die Belastungen steigen sogar. Und das hat oft auch damit zu tun, dass der Stadt schlicht das Geld fehlt, ihre Konzepte umzusetzen. In der Bürgerumfrage 2017 wurde auch das wieder abgefragt.

Und natürlich bekommt die Verwaltung auch sofort die Bestätigung von den befragten Leipzigern: Lärmschutz und Luftreinhaltung haben für die meisten einen hohen bis sehr hohen Stellenwert. Beim Lärmschutz stieg die Bestätigung seit 2015 sogar von 78 Prozent auf 85 Prozent, bei der Luftreinhaltung von 82 Prozent auf 87 Prozent.

Der Druck auf die Verwaltung zum Handeln wächst also. Was auch die Vehemenz erklärt, mit der in der Stadt über Tempo 30, Radwege und Entlastungen vom Kfz-Verkehr diskutiert wird. Wobei die Frage nach dem Stellenwert noch nicht bedeutet, dass die Leipziger so gänzlich unzufrieden sind. Denn die Zufriedenheit hängt wieder direkt mit ihrem Wohnort zusammen.

Während am Stadtrand teilweise über 80 Prozent der Einwohner zufrieden sind mit der Luftqualität, sinkt dieser Wert in den gerade stark mit Verkehr belasteten Ortsteilen deutlich unter 50 Prozent. Das betrifft die Innenstadt genauso wie die Südvorstadt, Lindenau und Plagwitz, Neustadt und Reudnitz.

Und in einigen Ortsteilen hat sich der Zufriedenheitswert noch verringert. Gerade Altwest mit Plagwitz, Lindenau und Schleußig gehören dazu. Was ja verblüfft, wenn man sieht, wie hier in eine Verbesserung des Straßenraumes investiert wurde (Könneritzstraße) oder die Straße sich zu einer neuen Freisitzmeile entwickelt hat (Karl-Heine-Straße).

Aber augenscheinlich sorgt die Belebung des Westens eben auch dafür, dass es auf allen Hauptstraßen mehr Autoverkehr gibt und immer öfter Situationen, in denen es sich auch staut. Und da auch immer mehr alte Dieselfahrzeuge unterwegs sind, gibt das meist riechbar dicke Luft.

Oldtimer-Bus - hier an der Jahnallee. Foto: Ralf Julke
Oldtimer-Bus – hier an der Jahnallee. Foto: Ralf Julke

Was im Effekt bedeutet, dass der Anteil der Leipziger, die die Luftqualität in Leipzig als schlecht bis sehr schlecht einschätzen, nach Jahren wieder spürbar steigt. Trotz Luftreinhalteplan, muss man hinzufügen.

Die Verwaltung beteuert zwar gern, dass die meisten Maßnahmen aus dem 2009 beschlossenen Luftreinhalteplan zum größten Teil umgesetzt seien. Aber die Erfahrung vieler Leipziger im täglichen Verkehr zeigt, dass sie entweder nicht greifen oder an den konkreten Problemen vor Ort nichts ändern. Zum Beispiel in der hochbelasteten Inneren Jahnallee, wo die Verwaltung ab 2019 ja den Zufluss an Kfz auch deshalb drosseln will, weil hier die Grenzwerte für die Luftbelastung regelmäßig überschritten werden.

Dass das alles scheinbar sehr kompliziert ist, gestand die Verwaltung auf eine Anfrage der Freibeuter-Fraktion hin zu.

Da heißt es: „Für den aktuellen Luftreinhalteplan aus dem Jahr 2009 kann bezogen auf den Zeitraum bis zum Jahr 2015 eine mehrheitliche Umsetzung der Luftreinhaltemaßnahmen attestiert werden. Von den insgesamt 48 Maßnahmen wurden 23 vollständig, 11 überwiegend, 8 teilweise, 3 kaum und 3 Maßnahmen nicht umgesetzt. Die Finanzierung innerhalb der Stadtverwaltung erfolgte überwiegend im Rahmen der Eckwerte der zuständigen Ämter.

Es ist einzuschätzen, dass auch mit einer vollständigen Umsetzung des Luftreinhalteplans eine schnelle Reduzierung insbesondere der Stickstoffdioxidbelastung an den bewohnten Straßenabschnitten auf ein Niveau unterhalb des Grenzwertes für das Jahresmittel der Konzentration nicht in Aussicht steht. Aus diesem Grund wird der Luftreinhalteplan derzeit fortgeschrieben.“

Eigentlich hätte die Fortschreibung längst vorliegen müssen. Aber im Entwurf läge sie jetzt immerhin vor, teilt die Verwaltung mit.

Lärmbelastung durch Kfz-Verkehr. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2017
Lärmbelastung durch Kfz-Verkehr. Grafik: Stadt Leipzig, Bürgerumfrage 2017

Und wie steht es um den Lärm? Hier fühlen sich deutlich mehr als die 11 Prozent bei der Luftqualität schwer betroffen. Leipzig ist eine sehr laute Stadt geworden. Und das liegt nicht nur an den Leuten, die Tag für Tag irgendwie zur Arbeit kommen müssen. Auch wenn der Kfz-Lärm inzwischen 24 Prozent der Leipziger schwer belastet. 2015 waren es noch 23 Prozent.

Hingegen machten sich die vielen Gleissanierungen der LVB inzwischen bemerkbar. Nur noch 12 Prozent der Leipziger fühlen sich durch den Straßenbahnlärm stark belastet, 2 Prozent weniger als 2015.

Was eben auch bedeutet: Wenn wirklich etwas für den Lärmschutz getan wird, merken das viele Leipziger tatsächlich und können auch wirklich ruhiger schlafen.

Wo aber keine Rücksicht genommen wird, da steigt der Ärger an. Und das trifft auf den Fluglärm zu, der 2015 erst 7 Prozent der Leipziger (vor allem im Nordwesten) massiv belastete. Der Wert stieg jetzt auf 9 Prozent. Was nicht nur mit dem massiven Ausbau des Nachtflugbetriebs am Flughafen zu tun hat, sondern auch mit der rücksichtslosen Befliegung der Kurzen Südabkurvung.

Gestiegen ist auch die empfundene Lärmbelastung durch den Eisenbahnverkehr – von 5 auf 7 Prozent. Beim Baustellenlärm und beim Lärm durch Veranstaltungen gingen die Werte leicht zurück.

Und da ist natürlich – auch für den nächsten Lärmaktionsplan – interessant, was sich die Leipziger wünschen würden, was passiert. 2015 lag hier mit 56 Prozent der Nennungen die Reduzierung des Lkw-Verkehrs ganz vorn (2017 noch 52 Prozent). Und das, obwohl mit der Einrichtung der Umweltzone 2011 und der Wegweisung am Autobahnring der Lkw-Durchgangsverkehr schon spürbar reduziert wurde.

Die Probleme für den Verkehrslärm scheinen an einer anderen Ecke zu stecken. Denn deutlich gestiegen ist der Wunsch nach Tempo-30-Zonen (von 36 auf 43 Prozent) und der nach Geschwindigkeitsüberwachung (von 39 auf 43 Prozent). Denn den meisten Lärm verursachen eben nicht die normalen Pkw-Fahrer im Berufsverkehr, sondern jene, die ihre Motoren dröhnen lassen und gerade nachts die leeren Straßen dazu nutzen, so richtig aufzudrehen.

Und eine der beliebtesten Raserstrecken ist der Ranstädter Steinweg, aber selbst Hauptstraßen wie die Georg-Schumann-Straße oder die KarLi werden gern zum Aufdrehen der Motoren genutzt. Was dazu führt, dass etwa in der Südvorstadt, im Waldstraßenviertel oder in Wahren die Belastungswerte durch Kfz-Verkehr deutlich über 30 Prozent steigen.

Und hier taucht auch die Frage nach der Innenstadt wieder auf, zu der wir ja den Punkt „Sollen noch mehr Straßen Fußgängerzone werden?“ schon behandelt haben. Immerhin 24 Prozent der Befragten fänden es gut, wenn der Kfz-Verkehr (ausgenommen der Anlieferverkehr) komplett aus der Innenstadt ausgeschlossen wäre. Was natürlich schon anders wirkt, wenn man es vom Thema Lärmbelastung her betrachtet. Und hier waren alle Leipziger gefragt, nicht nur die Bewohner der City.

Es gibt also einiges zu tun. Jetzt muss man sehen, wie mutig die beiden Konzepte zu Luftreinhaltung und Lärmschutz ausfallen, wenn die Verwaltung sie vorlegt.

Leipziger sehen keine Notwendigkeit für weitere Fußgängerzonen in der Innenstadt

Leipziger sehen keine Notwendigkeit für weitere Fußgängerzonen in der Innenstadt

 

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