Kommentar„Focus“-Chef Helmut Markwort konnte ja gut fordern im historischen „Focus“-Werbeclip: „Fakten! Fakten! Fakten!“ Wenn die, die auf den Fakten hocken, die Fakten nicht rausrücken, hat man auch als Journalist ein Problem. Erst recht, wenn es Institutionen wie das Leipziger Amt für Statistik und Wahlen sind, bei denen man 28 Jahre lang vorbildhaft erleben konnte, wie die informativen Berichte zur Stadtentwicklung pünktlich geliefert wurden.

Doch seit geraumer Zeit ist der Wurm drin. Was erst wieder so richtig auffiel, als das Amt in aller Stille am 18. Dezember das „Statistische Jahrbuch 2020“ online stellte. Dass es keine Medientermine mehr gibt, seit Corona auch solche Treffen fast unmöglich gemacht hat, kann man ja einsehen.

Man kann solche Jahrbücher auch in einen Postumschlag stecken und an die Redaktionsadressen schicken.

Schon 2019 war der Wurm drin und einige Berichte fielen sehr dünn aus. Da wurden wir beruhigt mit dem Hinweis auf die Wahlen – erst die Kommunalwahlen im Frühjahr, im Herbst die Landtagswahlen und dann die Oberbürgermeisterwahlen. Aber schon das war neu. Denn in der Vergangenheit hatten sich die fleißigen Bienchen im Statistik-Amt selbst in „Superwahljahren“ nie den Schneid nehmen lassen, die eingespielten Berichte trotzdem zu liefern – spätestens vor Weihnachten. Dann meist als großes Paket.

Dass gerade im Corona-Jahr auf einmal fast gar nichts mehr ging, erklärt sich nicht. Jedenfalls nicht aus der Routine der Amtsmitarbeiter/-innen. Und auch nicht aus den Corona-Einschränkungen, denn Zahlen und Grafiken kann man auch im Homeoffice bearbeiten.

Was fehlt?

Vielleicht das Dringendste, weil damit direkt Stadtpolitik gemacht und gesteuert wird: Die Auswertung der Bürgerumfrage 2019. Dazu gab es nur den Kurzbericht mit ein paar wenigen ausgewählten Ergebnissen am 30. Juni – mit dem Versprechen, dass der Gesamtbericht im September folgen würde. Aber nichts ist passiert. Und damit fehlt ein ganz elementares Zahlenwerk, den gefühlten Zustand der Stadt anhand der Bürgersicht zu untersuchen. Immerhin geht es um so simple Fragen wie Einkommen, Mobilität, größte Probleme, Zufriedenheit mit Stadtpolitik …

Der OBM ist nicht schuld daran, haben wir uns sagen lassen.

Also: Wo steckt der Bericht?

Und wo stecken die beiden Quartalsberichte Nr. 2 und Nr. 3 für 2020? Immerhin die spannendsten seit Jahren, weil sie in Zahlen geballt zeigen würden, wie es Leipzig seit Beginn der Corona-Pandemie ergangen ist. Stattdessen gab es die Nr. 1 im September schon mit dreimonatiger Verspätung. Und es sind ja nicht nur die Zeitungen, denen die aktuellen Zahlen fehlen, sondern auch den Stadträt/-innen fehlen sie, die ja nun Ratsversammlung für Ratsversammlung über die Corona-Folgen und deren Bewältigung diskutieren, wichtige Zahlen zur Orientierung aber einfach nicht zur Hand bekommen.

Und die Zahlen existieren alle. Das wissen wir. Auch die Praxis ist eingespielt, diese Berichte herzustellen, auch wenn das Amt zwischenzeitlich einmal umgezogen ist. Aber da sind die Zahlen garantiert nicht durcheinandergeraten.

Wir gehen also mit einem sehr flauen Gefühl aus diesem Jahr – dem Gefühl, dass die zentrale Informationsabteilung der Stadt einen Knacks bekommen hat und nicht mehr richtig funktioniert. Und das in einer Stadt, in der sich die Dinge längst schneller verändern, als das noch vor zehn Jahren der Fall war. Einer Stadt, die auch dringend auf regelmäßige Updates angewiesen ist, um rechtzeitig umsteuern zu können, wenn Dinge sich falsch entwickeln.

Das jetzt zumindest online verfügbare „Statistische Jahrbuch 2020“ hilft da auch nicht weiter, denn es enthält die Zahlen für 2019. Das Jahr 2020 ist – bis auf einige wenige Zahlen – eine regelrechte Blackbox.

Frohe Weihnacht mit der neuen „Leipziger Zeitung“ oder: Träume sind dazu da, sie mit Leben zu erfüllen

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