Das Anprangern diverser SPD-Politiker, sie seien ganz alleine schuld daran, dass Deutschland derart in eine Abhängigkeit von russischen Gasimporten geraten ist, ist zum Glück vorbei. Entschuldigt haben sich die kommentierenden Jäger zwar nicht. Aber die nüchternen Zahlen erzählen nun einmal von einem Land, in dem auch die geliebten Häuslebauer nur zu gern auf Erdgas als Heizquelle gesetzt haben.

Und es sind eben am Ende immer die Kunden, die bestimmen, welche Produkte gefragt sind und welche nicht. Das Statistische Landesamt hat jetzt einmal die jüngeren Zahlen zu den Baufertigstellungen von Wohngebäuden von 2016 bis 2020 zusammengestellt.

So war Gas in Deutschland bei diesen Neubauten mit einem Anteil von 44,9 Prozent die am häufigsten eingesetzte primäre Heizenergie. In Sachsen lag der Anteil mit 39,7 Prozent unter dem bundesweiten Durchschnitt, war jedoch bei neu fertiggestellten Wohngebäuden ebenfalls die am häufigsten eingesetzte Heizenergie.

Umweltthermie folgte beim Vergleich aller Bundesländer mit 32,4 Prozent an zweiter Stelle (nach Gas). Auch in Sachsen war sie mit 32,5 Prozent zweithäufigste primäre Heizenergieart.

Wobei in den Regionen um die beiden Großstädte Leipzig und Dresden Fernwärme mit einem Anteil von über 30 Prozent ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt.

Große Spannweite bei regionaler Abhängigkeit in Deutschland

Regional zeigen sich bei den 2016 bis 2020 neugebauten Wohngebäuden Unterschiede: Gas als primäre Heizenergie wurde deutschlandweit im Landkreis Aurich mit 91,9 Prozent am häufigsten eingesetzt. Den geringsten Anteil Gas als primäre Heizenergie hatte die kreisfreie Stadt Flensburg mit 2,5 Prozent.

In Sachsen wird in der kreisfreien Stadt Chemnitz mit 47,5 Prozent am häufigsten Gas als Heizenergie verwendet, der geringste Anteil lag mit 32,1 Prozent im Landkreis Meißen. In drei sächsischen Landkreisen überstieg der Anteil Umweltthermie als primäre Heizenergie mit jeweils über 36 Prozent den Anteil von Gas, und zwar im Vogtlandkreis und in den Landkreisen Meißen und Nordsachsen, stellt das Statistische Landesamt fest.

Viele Erwerber von Eigenheimen haben also schon weit vor Putins Überfall auf die Ukraine auf Geothermie als klimafreundliche Art des Heizens gesetzt, die noch zudem unabhängig von Brennstoffimporten ist.
Aber das ändert erst einmal wenig am Bestand und schon gar nicht an den Heizbedingungen für Mehrfamilienhäuser in den Großstädten, wo Fernwärme eher das Mittel der Wahl ist, um eine Vielzahl von Wohnungen beheizen zu können.

Der Blick in den Wohnungsbestand aber zeigt, wie groß die Abhängigkeit beim Wohnen vom Erdgas ist und welche enormen Herausforderungen da in den nächsten Jahren auf die Immobilienwirtschaft zukommen, wenn sie auf eine klimafreundliche Beheizung ihrer Bestände umschwenken will.

Themenseite ermöglicht Bundesvergleich

„Betrachtet man nicht nur neu fertiggestellte Wohngebäude, sondern alle bewohnten Wohnungen in Deutschland, ist festzustellen, dass mehr als die Hälfte (52,1 Prozent) 2018 überwiegend mit Gas beheizt wurde“, stellt das Landesamt für Statistik fest.

„Auch hier gibt es regionale Unterschiede: Im Nordwesten Deutschlands wird Erdgas vergleichsweise häufig genutzt. Den höchsten Anteil hatte Gas als primäre Heizenergie deutschlandweit in der statistischen Region Weser-Ems mit 85,2 Prozent. Im Süden sind die Anteile von Gas als Heizenergieart in Wohnungen niedriger. Den geringsten Anteil hatte Gas in den statistischen Regionen Trier mit 23,5 Prozent und Niederbayern mit 24,5 Prozent.“

Auf einer Themenseite „Wie heizt Deutschland?“ im Statistikportal stellen die statistischen Ämter des Bundes und der Länder in einem deutschlandweiten Vergleich in interaktiven Karten Ergebnisse für bewohnte Wohnungen auf Basis des Mikrozensus 2018, für die von 2016 bis 2020 fertiggestellten Neubauten von Wohn- und Nichtwohngebäuden und für den Energieverbrauch der Industrie dar.

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