Solange Minister aus neoliberalen Parteien die Finanzministerposten in Deutschland besetzen, wird die Bundesrepublik keine klug verwalteten Haushalte bekommen, werden die Schulden wachsen und wird trotzdem kein Geld dafür da sein, die dringend nötigen Investitionen zu finanzieren. Auch nicht den seit Jahren so dringend nötigen Wohnungsbau. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt benennt jetzt die Summe, die eigentlich nötig wäre, die Wohnungsbauziele zu erreichen.

Da sieht es auf den ersten Blick ganz vielversprechend aus, wenn im vergangenen Jahr in Leipzig insgesamt 2.659 Wohnungen neu gebaut wurden – darunter 185 in Ein- und Zweifamilienhäusern. Das sind 1.003 Wohnungen mehr als im Vorjahr. Insgesamt investierten die Bauherren im vergangenen Jahr in Leipzig rund 273,4 Millionen Euro für den Wohnungsneubau. Das teilt die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt mit. Die IG BAU Nord-West-Sachsen beruft sich dabei auf aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes.

Doch die Zahl begründet keinen Optimismus.

Für das laufende Baujahr warnt der IG BAU-Bezirksvorsitzende Bernd Günther vor einem Abwärtstrend: „Bauvorhaben werden auf Eis gelegt. Denn hohe Baukosten treffen auf hohe Zinsen und hohe Hürden beim Bauen durch staatliche Auflagen und Vorschriften. Das ist ein toxischer Mix für den Wohnungsbau.“
Die Kaufpreise beim Neubau seien längst „aus den Fugen geraten“ und die Mieten „klettern enorm nach oben“ – vor allem bei neu gebauten Wohnungen.

Entscheidend sei jetzt, was gebaut werde. „Die Wohnungen müssen zur Lohntüte der Menschen passen. Es kommt darauf an, vor allem bezahlbare Wohnungen und Sozialwohnungen zu bauen“, sagt der Vorsitzende der IG BAU Nord-West-Sachsen.

Viel zu wenige Sozialwohnungen

Gebraucht werde jetzt ein „Booster für den Neubau“ von sozialen und bezahlbaren Wohnungen. Eigentlich müssten in Leipzig jährlich 2.260 Sozialwohnungen neu entstehen. Doch von den 2.659 fertiggestellten Wohnungen 2022 waren gerade einmal 260 mit Mietpreisbindung versehen. Weder die Gelder, die der Bund auszahlt für Sozialwohnungsbau, noch das, was der Freistaat Sachsen dann an die Großstädte weiterreicht, reichen, um genug Sozialwohnungen zu bauen.

25 Millionen Euro für Leipzig sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Günther appelliert an die heimischen Bundestagsabgeordneten, sich in Berlin für ein „massives Aufstocken der Fördergelder“ starkzumachen. Aber auch das Land Sachsen sei mehr gefordert.

„Für mehr Sozialwohnungen und für mehr bezahlbare Wohnungen muss der Staat – müssen Bund und Länder – bis 2025 mindestens 72 Milliarden Euro in die Hand nehmen“, nennt Bernd Günther die entsprechend für den Bund geltende Zahl. Der Gewerkschafter beruft sich dabei auf Berechnungen von zwei Wohnungsbau-Studien, welche die IG BAU beim Pestel-Institut (Hannover) und beim Bauforschungsinstitut ARGE (Kiel) mit in Auftrag gegeben hat.

Das aber ist Geld, das nach all den Steuerreformen neoliberaler Finanzminister im Bundeshaushalt nicht mehr vorhanden ist. Man hat die Spitzensteuersätze gekappt und Erbschaftsteuern radikal gesenkt. Allein die jüngste Steuerreform von Finanzminister Christian Lindner (FDP) entzieht dem Bundeshaushalt 30 Milliarden Euro jährlich. Was allein den Freistaat Sachsen wiederum über 400 Millionen Euro allein 2022 kostet.

Geld, das nutzbringend in sozialen Wohnungsbau hätte investiert werden können.

Ein Sondervermögen könnte helfen

Konkret werde ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau benötigt.

„Nur dann kann es noch klappen, bundesweit 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr zu bauen“, so der IG BAU-Bezirkschef. Zusätzlich seien 22 Milliarden Euro für den Neubau von 60.000 bezahlbaren Wohnungen dringend erforderlich. Davon profitiere schließlich auch Leipzig.

Außerdem drängt die IG BAU auf ein „schlankeres Baugesetzbuch“: „Es geht um das Durchforsten von Gesetzen, Verordnungen und Normen, auf das die Branche seit Jahren wartet. Das muss jetzt passieren – und nicht irgendwann im nächsten Jahr.“

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