Ohne Frauen läuft auch in Sachsens Wirtschaft nichts. Darauf macht die Arbeitsagentur Sachsen mit aktuellen Zahlen zur Frauenarbeit in Freistaat aufmerksam. Aktuell leben 1,2 Millionen Frauen im erwerbsfähigen Alter in Sachsen. Rund 783.000 von ihnen arbeiten sozialversicherungspflichtig, in Voll- oder Teilzeit. Damit lag die Beschäftigungsquote der Frauen im vergangenen Jahr in Sachsen bei 64,6 Prozent. Das ist die höchste Quote im Vergleich aller Bundesländer, so die Arbeitsagentur. Auffällig sei jedoch, dass viele Frauen in Teilzeit arbeiten und im Vergleich zu männlichen Kollegen seltener Führungsaufgaben übernehmen.

Die Beschäftigungsquote der Frauen in Sachsen liegt aktuell bei 64,6 Prozent. Im langjährigen Vergleich ist die Quote immer weiter gestiegen. Beispielsweise lag sie im Jahr 2014 noch um rund 5 Prozentpunkte unter dem heutigen Wert. Zurückzuführen ist dieser Anstieg auf die langanhaltende positive Arbeitsmarktentwicklung in Sachsen und den demografisch bedingten Bevölkerungsrückgang.

Dabei lag der Wert 2022 mit 66,0 Prozent sogar noch ein bisschen höher. „Der Rückgang der Beschäftigungsquote seit 2022 ist zum Großteil auf den Bevölkerungsanstieg bei den Frauen im Kontext der geflüchteten Menschen aus der Ukraine zurückzuführen“, erklärt die Arbeitsagentur dazu.

Unterschiede auch innerhalb Sachsens

Im Vergleich aller Bundesländer liegt Sachsen mit der Frauen-Beschäftigungsquote von 64,6 Prozent weiter auf Platz eins. Gefolgt von Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Die geringsten Beschäftigungsquoten gibt es in Bremen, im Saarland und in Nordrhein-Westfalen mit 55 bis 56 Prozent. Im bundesweiten Durchschnitt liegt die Beschäftigungsquote der Frauen bei 58,9 Prozent.

„In Sachsen liegt die Beschäftigungsquote der Frauen bundesweit am höchsten. Ein Grund für die hohe Beschäftigungsquote im Vergleich zu den anderen Regionen liegt vor allem an der traditionell hohen Erwerbsneigung der Frauen in Sachsen“, versucht Klaus-Peter Hansen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen, die Unterschiede zu den westlichen Bundesländern zu erklären.

Was natürlich nur eine mögliche Erklärung ist. Eine andere ist das im Osten nach wie vor deutlich niedrigere Einkommensniveau, das viele Frauen geradezu zwingt, mit eigener Erwerbsarbeit das Familienbudget aufzubessern.

Dass die Erwerbsquote der Frauen auch etwas mit der Höhe der Durchschnittseinkommen und der Stellung im Erwerbsleben zu tun hat, zeigt auch der Blick auf die unterschiedlichen Erwerbsquoten in den sächsischen Landkreisen.

Im sachsenweiten Vergleich sind die Beschäftigungsquoten der Frauen in Zwickau (68,1 %), in der Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge (67,8 %)und im Landkreis Nordsachsen (67,8 %) am höchsten. Die geringsten Beschäftigungsquoten gibt es in den drei Kreisfreien Städten Chemnitz (61,7 %), Leipzig (62,6 %), Dresden (65,1 %) sowie im Landkreis Görlitz (62,7 %).

Die Landesarbeitsagentur erklärt diese Unterschiede so: „Die Unterschiede innerhalb Sachsens sind beispielsweise auf die verschiedenen Wirtschaftsstrukturen zurückzuführen. In Städten mit Universitätsstandorten und Ausbildungszentren (Bildungseinrichtungen) sind die Beschäftigungsquoten geringer, weil dort vergleichsweise mehr junge Frauen (Studentinnen) leben, die jedoch keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen.“

Mehr als jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit

Aktuell arbeiten rund 783.000 Frauen in Sachsen sozialversicherungspflichtig. Die Mehrheit von ihnen – insgesamt 422.000 – sind in Teilzeit beschäftigt (54 Prozent). Zurückzuführen ist der hohe Beschäftigungsanteil der Frauen in Teilzeit beispielsweise auf die immer flexibler werdenden Beschäftigungsverhältnisse, versucht die Arbeitsagentur eine Erklärung.

Am Arbeitsmarkt existieren neben der dominierenden Vollzeittätigkeit zahlreiche Arbeitszeitmodelle, die eine Beschäftigung in Teilzeit ermöglichen. Vom klassischen Halbtagsjob bis hin zu Menschen, die „vollzeitnah“, zum Beispiel 32 Stunden an vier Tagen die Woche arbeiten. Bereits eine Abweichung von einer Stunde lässt Arbeitsverhältnisse in der Statistik als Teilzeit zählen.

Aber dass Frauen in Teilzeit arbeiten, hat eher weniger mit der schönen neuen Arbeitswelt zu tun, dafür eine Menge mit den Rahmenbedingungen für Familie und Kinderbetreuung, die Vollzeitarbeit oft kaum möglich machen.

„Frauen sind häufiger teilzeitbeschäftigt als Männer. Sie entscheiden sich oft wegen der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen oder wegen weiteren persönlichen oder familiären Verpflichtungen für eine Teilzeitbeschäftigung“, stellt denn auch Klauus-Peter Hansen fest. „Deshalb bewerte ich die Entwicklung der Teilzeitbeschäftigung differenziert. Die Möglichkeit in Teilzeit zu arbeiten ist gut, wenn sie auf Wunsch der Beschäftigten erfolgt. Kritisch ist die Teilzeitarbeit nur, wenn sie erzwungen ist.“

Und da kommt man zu jenem Problem, das seit 2020 zwar die Medien beschäftigt hat, aber nicht wirklich gelöst wurde: Dass Frauen in vielen sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten und dort auch deutlich überrepräsentiert sind.

Oder mit den Worten der Arbeitsagentur: „Die meisten sozialversicherungspflichtig tätigen Frauen in Sachsen arbeiten in personenbezogenen Dienstleistungsberufen wie medizinischen und nichtmedizinischen Gesundheitsberufen, Erziehung, lehrenden und ausbildenden Berufen oder in kaufmännischen und unternehmensbezogenen Dienstleistungsberufen wie in der Unternehmensführung und -organisation oder Handelsberufen.“

So sind 96,3 Prozent der Arzt- und Praxishilfen weiblich, 93,7 Prozent der Beschäftigten in der Apotheken oder 91,5 Prozent in der Körperpflege.

Insgesamt sind die 783.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in Sachsen sehr gut qualifiziert, stellt die Landesarbeitsagentur fest. Etwa 90 Prozent von ihnen haben einen Berufsabschluss oder einen akademischen Berufsabschluss. Deshalb arbeiten 85 Prozent der Frauen in Sachsen als Fachkraft, Spezialistin (Meister-/Technikerniveau) oder als Expertin (Akademikerniveau). Die übrigen 15 Prozent der Frauen arbeiten im Helferbereich.

Aber dafür sind sie in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert: In Sachsen beträgt der Anteil an Frauen auf der ersten Führungsebene 35 %, auf der zweiten Führungsebene 46 %. Der Frauenanteil an allen Beschäftigten liegt bei 44 %. Damit gehört Sachsen trotzdem zur Spitze beim Anteil von Frauen auf der ersten Führungsebene und liegt bei der zweiten Führungsebene auch über dem Bundesdurchschnitt.

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