Am Dienstag, 24. November, hat Leipzigs Finanzbürgermeister Torsten Bonew dem Leipziger Stadtrat den Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2021 und 2022 vorgelegt. Für jedes Jahr enthält er ein Gesamtvolumen von 2 Milliarden Euro. Es werde keine Kürzungen geben, betonte Bonew in seiner Stadtratsrede. Aber mit entsprechenden zusätzlichen Kreditaufnahmen um die 200 Millionen Euro bis 2022 müsse die Stadt rechnen.

Gleichzeitig wolle die Verwaltung das Investitionsniveau hochhalten. Denn das sichert einerseits natürlich Arbeitsplätze in Unternehmen der Region. Andererseits muss Leipzig einen nach wie vor riesigen Investitionsstau abarbeiten, der durch das harte kommunale Sparprogramm ab 2005 noch weiter gewachsen ist. Und die geplante Verkehrswende muss ja auch finanziert werden. Da kann man nicht einfach zwei Jahre lang nichts tun.

Die Stadt plant daher für 2021 mit 238,8 Millionen Euro und in 2022 mit 285,2 Millionen Euro an Investitionen. Die wichtigsten Investitionsprojekte hat das Amt für Geoinformation und Bodenordnung diesmal erstmals in einer digitalen Karte sichtbar gemacht.

Auch das verriet Bonew den Stadträtinnen und Stadträten am Dienstag, als er ihnen die Grundzüge des Doppelhaushalts erläuterte. Diskutiert wurde natürlich nicht. Denn jetzt haben ja die Stadtratsfraktionen auch erstmals die Möglichkeit, sich das von Bonews Dezernat erarbeitete Zahlenwerk genauer anzuschauen.

Was übrigens auch die Bürger der Stadt Leipzig tun können. Dazu ist das ganze Zahlenwerk online einsehbar unter www.haushalt.leipzig.de.

Dort gibt es auch die entsprechenden Mitmachangebote. Motto: „Der Haushalt geht uns alle an! Sie können Ihre Einwände zum Haushaltsplanentwurf ab dem 7. Dezember 2020 einreichen.“

Und auf der Karte mit den Investprojekten kann jeder sehen, welche Bauvorhaben die Verwaltung für die nächsten zwei Jahre schon festgezurrt hat. An denen wird sich auch nicht mehr viel ändern, denn solche Vorhaben haben in der Regel fünf Jahre Vorlauf mit allem drum und dran. Oft sogar mehr, weil es mal an Fördergeldern fehlt, dann wieder ändern sich Förderbedingungen – oder eben auch leider nicht.

Ein Thema, das Leipzigs Baudezernent Thomas Dienberg am 24. Oktober bei einer Veranstaltung der Scientists for Future Leipzig benannte. Denn dass es im Leipziger Verkehrsraum gerade für den Umweltverbund oft so katastrophal aussieht, hat mit den deutschen Förderbedingungen zu tun. Die sind alle über 50 Jahre alt und beschreiben nach wie vor nur die Prioritäten für die autogerechte Stadt.

Was Leipzigs Planer zwingt, jede Straße und jede Brücke zuallererst vom Auto her zu denken. Radwege und Straßenbahngleise werden im Förderreglement als Hindernisse für „Freie Fahrt für freie Bürger“ betrachtet und verlieren schnell ihre Fördergrundlage, wenn sie nicht dem Primat des „beschleunigten Verkehrs“ genügen.

Da wundert man sich eher, dass überhaupt noch gebaut wird und Stadt und LVB die nötigen Straßenprojekte tatsächlich noch an den Start bekommen.

In der vom Amt für Geoinformation bereitgestellten Karte sieht man Projekte für 199 Millionen Euro (2021) und 221 Millionen Euro (2022) eingetragen. Manche Projekte wird man auch vermissen, weil augenscheinlich die Finanzierung einfach nicht wie geplant dargestellt werden konnte. So etwa das noch fehlende Teilstück des Elstermühlgrabens zwischen Lessingstraße und Friedrich-Ebert-Straße, das eigentlich schon 2020 gebaut werden sollte. Nun steht es zusammen mit dem Stadthafen für 11 Millionen Euro im Plan für die nächsten beiden Jahre.

Dafür ist die Erweiterung der Nikolaischule genauso drin wie die umstrittene Erweiterung der Apollonia-von-Wiedebach-Schule, wobei letztere ja auch schon in der Verspätung ist – die stattlichen Bäume auf dem Gelände wurden schon im Februar 2020 gefällt – gebaut und komplexsaniert wird aber erst ab 2021.

Karte mit den Investitionsprojekten 2021 / 2022. Screenshot: L-IZ
Karte mit den Investitionsprojekten 2021 / 2022. Screenshot: L-IZ

Man kann sich künftig hoffentlich auch nach Ortsteilen durchklicken und sehen, in welchem Ortsteil wie viel investiert werden soll.

In der Übersicht sieht man zumindest, dass der Stadtbezirk Mitte im Jahr 2022 mit 58 Millionen Euro die meisten Investitionen abbekommt. Im Jahr 2021 wird es der Leipziger Osten mit 45 Millionen Euro sein. Und zur Überraschung für viele Stadträt/-innen wird wohl auch gehören, dass die Stadt ab 2022 den „Neubau Volkshochschule und Musikschule am Standort Wilhelm-Leuschner-Platz“ plant mit der ersten Investitionstranche von 3 Millionen Euro. Wurde darüber wenigstens schon im Ausschuss informiert?

Mit 6,5 Millionen Euro steht der Neubau einer fünfzügigen Oberschule und Dreifeldsporthalle am Dösner Weg genauso im Plan wie das benachbarte Gymnasium mit 9 Millionen Euro. Die Schule am Adler wird zur reinen Oberschule umgebaut und an der Dieskaustraße beginnt der Ersatzneubau der 120. Schule für 13 Millionen Euro.

Die Leipziger/-innen können sich also ein recht detailliertes Bild davon machen, was in den nächsten zwei Jahren gebaut werden soll.

Die öffentliche Auslegung des Entwurfes für den Doppelhaushalt erfolgt ab dem 7. Dezember 2020. Den Leipzigern ist es möglich, ihn bis zum 18. Dezember 2020 einzusehen und bis zum 30. Dezember 2020 Einwände zu machen. Dies ist auch per Online-Formular möglich. Nach der Auslage des Entwurfs behandeln ihn die Fachausschüsse des Stadtrates und die Ortschaftsräte. Die Beschlussfassung des Haushaltsplanes ist im 31. März 2021 vorgesehen.

Am 24. November wurde der Terminplan zur Aufstellung des Doppelhaushalts beschlossen.

Ein kleines Problem hatten da noch die Stadträte Steffen Wehmann (Linke), Martin Biederstedt (Grüne) und Sven Morlok (FDP). Aber nach einem fünfminütigen Gespräch in der Pause mit Finanzbürgermeister Torsten Bonew hatte sich das erledigt. Sie zogen ihren Antrag zurück.

Der hatte bedingt durch die Corona-Pandemie gewünscht: „Der Oberbürgermeister wird spätestens im November 2021 eine Vorlage in Zusammenarbeit mit dem Stadtrat zur Entscheidung vorlegen, in der Vorschläge unterbreitet werden, wie ausgewählte Budgets des Leipziger Haushaltes für das Jahr 2022 erhöht werden.“

Aber das hatte die Verwaltung so schon in ihre eigene Neufassung der Vorlage übernommen, sodass sich das erübrigte. Entschieden werden muss sowieso flexibel, weil schlicht nicht absehbar ist, welche Arbeitsbereiche der Stadt von den Corona-Folgen besonders betroffen sein werden.

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Leipziger Zeitung Nr. 85: Leben unter Corona-Bedingungen und die sehr philosophische Frage der Freiheit

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