Das war wohl der kürzeste Schlagabtausch mit Frage und Antwort, den Leipzigs Stadtrat jetzt erlebt hat. Als Stadtrat Marcus Weiss (Die PARTEI) seine Anfrage stellte, lästerten deutsche Satire-Shows noch über die schier riesigen Mengen von Weihnachtsbesuchern, die die Bundesregierung in diesem Jahr geradezu für selbstverständlich hielt. Zu einem Zeitpunkt, an dem fast alle deutschen Städte schon ihre Weihnachtsmärkte abgesagt hatten.

Es war einer dieser seltsamen Traumtänze der Bundesregierung, die immer wieder für Verwirrung sorgten – in diesem Fall auch in Sachsen, das sich binnen weniger Wochen zum Corona-Hotspot in Deutschland entwickelte und auch den Ministerpräsidenten endlich über einen harten Lockdown nachdenken ließ.

Und so fragte Marcus Weiß: „Die Corona-Pandemie zwingt das Land zur Ruhe. Diese Ruhe wird allerdings bald durch eine Reihe von Feiertagen und hunderttausenden Reisenden unterbrochen, was voraussichtlich zu einem steigenden Infektionsgeschehen führt. In vielen Ländern wurden und werden Massentests zur Feststellung der Durchseuchung veranlasst.

1. Plant die Stadt Leipizg Corona-Massentests?
2. Wenn Ja, wie ist/wird die Durchführung geplant? Wenn Nein, wieso nicht?“

Die Antwort gab es jetzt gleich schriftlich im Vorfeld der für heute nun abgesagten Ratsversammlung.

Die Antwort auf die Frage „Plant die Stadt Leipzig Corona-Massentests?“ aus dem Sozialdezernat war denkbar knapp: „Nein.“

Und wie ist das mit einer möglichen Durchführung eines Massentests? „Angesichts der nicht absehbaren Dauer der Pandemie und begrenzter Laborkapazitäten ist es sinnvoller, anlassbezogene Testungen sowie wiederkehrende Testungen von bestimmten Zielgruppen durchzuführen.“

Eine Antwort, die so knapp ist, dass sie auch verrät, warum die Pandemie in Deutschland derart aus dem Ruder laufen konnte. Denn das wäre genau das gewesen, was man aus dem rigiden Vorgehen etwa in China hätte lernen können: Dort wurden Cluster mit Corona-Infektionen rabiat abgeschottet. Aber gleichzeitig wurde auch umfassend getestet. Und mit einer Quarantäne in den deutschen Hotspots im Sommer und einem Massentest der kompletten dortigen Bevölkerung hätte man sich die Gewalt der Zweiten Welle wirklich erspart.

Aber lieber diskutierte man über Grenzöffnungen (und ließ auch den „kleinen“ Grenzverkehr mit dem Hotspot-Land Tschechien zu). Viele Unbedingt-Urlauber flogen zum Urlaub nach Spanien und brachten so die spanische Variante des Virus mit zurück nach Deutschland.

Vom epidemiologischen Standpunkt aus betrachtet haben etliche Deutsche in diesem Sommer alles getan, um dem Virus die allerbeste Verbreitung im ganzen Land zu verschaffen. Und sie trafen dabei oft genug auf Landräte, die den Ernst der Lage bis in den November hinein nicht begriffen.

Ergebnis: Fünf sächsische Landkreise – allen voran Bautzen und Görlitz – gehören jetzt zu den Top Ten der Landkreise mit den meisten Neuerkrankungen. Und über 1.700 Sächsinnen und Sachsen sind mittlerweile an COVID-19 gestorben.

Für Massentests ist es jetzt eigentlich auch zu spät, da man es nicht mehr – wie im Sommer – mit einzelnen Ausbruchszentren zu tun hat, sondern einem im ganzen Land sauber verteilten Virus, das man wohl erst mit der Impfung im nächsten Jahr einhegen wird.

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Es gibt 2 Kommentare

Ach, Herr Michael.
Sie schlussfolgern, dass jemand nur ansteckend ist, wenn
a) entsprechende Symptome deutlicher Ausprägung vorliegen
b) eine relevante Virenlast vorliegt.
Und setzen auch noch beides gleich bzw. attestieren das b) zu a) führen muss.
Ja und genau das ist das Übel, dass uns in diese eskalierte Situation gebracht hat.
Ich weiß manchmal nicht, ob es die Selbstüberhebung von Halblesenden, das “Ich hab jetzt dreimal dasselbe gelesen. Deshalb muss das stimmen. Keine Ahnung, ob das verschiedene Quellen sind” oder böswillige Absicht ist.

Ich versuche es trotzdem mal.
Das aktuelle SARS-CoV-2-Virus, das die Krankheit COVID-19 auslöst, sitzt nach jetzigem Stand (zumindest meinem) zuerst in den oberen Atemwegen, also Nase ganz weit drinne runter zum Rachen.
Und da vermehrt sich das, nach Lust und Laune und individuellen Gegebenheiten.
Und da so ein Virus ja “schlau” ist, also sowohl Körperzellen für sich übernehmen und zerstören aber auch gleichzeitig sich verbreiten will,
nimmt’s einfach die heftig mit, die jetzt bewegungs- und kontaktemäßig ihm jetzt nicht so helfen
und benutzt die Jüngeren, Aktiveren um sich auszubreiten.
Je nach Alter aufsteigend, mit wenig oder ohne da Schaden zu tun, sonst könnte es sich nicht weiterverbreiten.

Und zum zweiten bedeutet Ihre Behauptung im Umkehrschluss, dass die schwer Erkrankten und Verstorbenen, mit Menschen bei denen “entsprechende Symptome deutlicher Ausprägung vorliegen” einige Zeit (wohl 10-15 min ohne Abstand und Maske, Lüften) Kontakt gehabt haben müssen.

Logisch, dass dann auch, in hoffentlich wieder durch Abgrenzung, Impfung und Sonnenschein eingefangenen Zeiten, keine Kontakt-Nachverfolgung ohne “schlechtes Gewissen” möglich sein wird.
Weil Schuld sind dann nicht die Menschen, die ohne ihr Wissen andere infizieren,
sondern selbstgerechte und sich selbst überhebende Menschen, wie Sie, die andere in Not bringen. Wollen?

Natürlich wird niemand laut sagen, dass das “neuartige Coronavirus”, das man via aktuellem PCR-Test auch in 5 Jahre alten Blutkonserven “nachgewiesen” hat, nur dann weitergegeben wird, wenn entsprechende Symptome deutlicher Ausprägung vorliegen (relevante Virenlast). Aus der Teststrategie der Gesundheitsämter (nur noch Personen, die auch eine entsprechende Symptomatik haben, zu testen) und jahrelangen epidemiologischen Erfahrung mit Corona- und anderen Infektionen lässt sich dies jedoch schlussfolgern.

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