„Lasst Bäume wachsen“, hatte die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen mit einem neuen Antrag gefordert. Denn nach den vorliegenden Statistischen Jahrbüchern der Stadt hat Leipzig nur einen Waldanteil von 6,5 Prozent, ist also noch weit entfernt vom sächsischen Durchschnitt von 10 Prozent. Höchste Zeit also, ein bisschen Druck zu machen bei der Waldmehrung.

„Die Stadtverwaltung wird beauftragt bis zum 1. Quartal 2023 ein Konzept zu erstellen, um das Ziel der Erhöhung des Anteils der Waldfläche in Leipzig mittelfristig umzusetzen. Dabei orientiert sich die Stadtverwaltung an den Empfehlungen des Rates zur nachhaltigen Entwicklung, die eine Waldfläche von 10 % als sinnvoll erachten“, hatte die Grünen-Fraktion beantragt.

Und ihr umweltpolitischer Sprecher Jürgen Kasek erklärte in seiner Rede auch, worum es geht und warum Leipzig trotzdem Wege finden muss, mehr Wald zu pflanzen. Auch wenn es immerzu neue Flächenkonkurrenzen mit Wohnungsbau und Energiewende gibt. Beispielhaft ja am Energieberg Seehausen.

Kasek verwies auch auf das Stadtentwicklungskonzept INSEK, wo das ja eigentlich als Ziel festgelegt sei. Man sehe nur nicht allzu viel davon. Und es wäre nun Zeit, dass die Verwaltung ein echtes Waldkonzept vorlege.

Und irgendwie sah es dann so aus, als würden die Grünen mit dem Antrag wieder offene Türen einrennen. Auch wenn sie sich dann von der SPD-Fraktion überreden ließen, das Konzept schon fürs 1. Quartal 2023 bestellt haben zu wollen.

Biotopverbund und Auensystem mitdenken

Das wurde dann aufgeweicht zu einer „Information im Lauf des Jahres 2023“. Was überhaupt nicht nötig gewesen wäre. Das wurde spätestens klar, als Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal aus dem Nähkästchen plauderte und tatsächlich für 2023 schon die Vorlage eines Konzepts zur Waldmehrung in Aussicht stellte.

Da hatte die Stellungnahme des Amts für Stadtgrün und Gewässer noch viel nebulöser geklungen:

„Ein Konzept, die Waldfläche in Leipzig zu mehren und den Biotopverbund zu stärken, muss die strategische Ausrichtung des Biotopverbunds berücksichtigen. Denn der Verbund von Wald als Lebensraum von Tier- und Pflanzenarten ist einer von mehreren gleichrangigen Bausteinen im Biotopverbund, der gleichsam ein Verbund von Offenlandlebensräumen (z. B. Grünland, Gewässer) ist.

Die zu erarbeitende Biotopverbundplanung wird aktuell parallel in Umsetzung des Beschlusses zur Petition ‚Bauen und Natur erhalten‘ (VP-P-00832-DS-02) angegangen, eine entsprechende Beschlussvorlage befindet sich derzeit in Vorbereitung. Die Planung soll 2024 vorliegen.“

Das Auenentwicklungskonzept kommt auch noch dazu. Das gehört alles zusammen, denn Leipzig braucht eben nicht nur Wald, sondern gut miteinander vernetzte Lebensräume, zu denen ein lebendiges Auensystem genauso gehört wie Waldgebiete, die nicht trostlos und allein in der Landschaft stehen.

Was noch nicht heißt, dass 2023 gleich gepflanzt werden wird, wie Rosenthal betonte. Denn erst einmal ginge es ja darum, überhaupt erst einmal alle Flächen zu kartieren, auf denen möglicherweise Wald entstehen kann. Die Gelder für die tatsächliche Waldmehrung sollen dann im Doppelhaushalt 2025/2026 eingestellt werden.

Neue Erfassung: Leipzig hat ja schon 2.600 Hektar Wald

Das Ziel von 10 Prozent aber finde man richtig.

„Und das habe ich übrigens vor fünf Jahren auch so unterschrieben“, meinte OBM Burkhard Jung auch noch.

Und Rosenthal verriet noch etwas, was so im Statistischen Jahrbuch nicht zu lesen ist: Im Vorlauf der Masterplanung für Biotopverbund und Waldmehrung hat man das Kataster auf neuesten Stand gebracht, und danach habe Leipzig zum jetzigen Zeitpunkt sogar schon 8,7 Prozent Waldfläche.

Also nicht nur die bisher vermeldeten 2.100 Hektar Wald, sondern rund 2.600 Hektar. Um das Ziel von 10 Prozent zu erreichen, fehlten also nur noch 390 Hektar.

Über das Anliegen herrschte also überhaupt kein Dissens. Ganz offensichtlich haben die vier zurückliegenden Dürrejahre nur zu deutlich gemacht, wie wichtig Wald für die im Sommer völlig überhitzte Stadt und ihre Bewohner ist.

Und da SPD-Stadtrat Andreas Geisler schon mal in Fahrt war, erwähnte er nebenbei noch das ebenso wichtige Thema Straßenbäume. Da hängt Leipzig freilich um Jahre hinterher, um die vielen noch immer baumlosen Straßen in der Stadt endlich auch mit Straßenbäumen zu bestücken.

Das freilich stand am 13. Juli in der Ratsversammlung nicht zur Abstimmung. Nur der dann noch etwas entschärfte Grünen-Antrag, der im Grunde betont, was seit 2018 schon im INSEK steht und was laut Heiko Rosenthal tatsächlich schon in der Umsetzung ist: ein Konzept zur Waldmehrung bitte schon 2023. Verbunden dann mit jährlicher Information zum Stand der Dinge, wie Rosenthal betonte.

Ergebnis: eine deutliche Zustimmung mit 41 Stimmen dafür und sieben Enthaltungen. Jetzt kann man gespannt sein, wo Leipzig ab 2025 neuen Wald bekommen wird.

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Jürgen Kasek versucht sich rednerisch auf den Spuren von Robert Habeck, dem “Meister des Unkonkreten und Mastermind der Wolkigkeit.”…(allerdings muss man Habeck wohl etwas mehr Talent hierfür attestieren). Es geht halt um eine Green-Show. Schöne Konzepte für die Zukunft spinnen (die dann unverbindlich sind oder aller Voraussicht nach nie realisiert werden, oder auch einfach zu spät überhaupt greifen können) und gleichzeitig allem zustimmen, was mit Naturzerstörung verbunden ist. Das geht dann immer sehr schnell und zuverlässig.
Schön, wie Kasek von der „Wahrnehmung der Bürger“ spricht, dass immer mehr Grün verloren geht… Und eigentlich ist es ihm auch alles wurscht, es reicht ihm völlig aus, wenn ab und an über den Arbeitsstand berichtet wird…
Ich hatte am 13. März zum LZ-Artikel “Grüne beantragen ein Waldmehrungskonzept für Leipzig” einen Kommentar verfasst, der durch das Ergebnis nur bestätigt wird, daher brauch ich ihn nur zu wiederholen:
“Das ist ja ein besonders steiler (und lustiger, wenns nicht so traurig wäre…) Gipfel der Heuchelei, den die Grünen hier zu erklimmen versuchen, hier auf lokaler Ebene (zur Zeit kommen sie ja auch überall mit Slogans wie Frieden schaffen mit möglichst vielen Waffen…, Waldabhacken für Windindustrieanlagen… Schwächung des Artenschutzrechts und der Bürgerrechte für die Windenergieindustrie… die Aufzählungen könnte ich hier weiter führen…).
In Leipzig waren sie schon immer sehr treue Partner der Forstwirtschaft gewesen, Zustimmung zu allen Forstwirtschaftsplänen, garantiert! Aufreißen der klimatisch so wichtigen Kronendächer durch massive Altdurchforstungen und (Klein)Kahschläge. Geschenkt, die Förster wissen am besten, was gut ist für den Wald… Und wir wollen ja den Holzbau fördern…
B-Pläne, die mit massiven Verlusten an Wald und alten Baumbeständen verbunden sind, das verlässliche Ja der Grünen im Stadtrat ist garantiert. 2 ha Wald weghacken an der Prager Spitze. Gerne, ist doch für einen guten Zweck. Das Abhacken aller alten Bäume auf dem Leuschnerplatz, Bitteschön! Ist doch für ein ökologisches Leuchtturmprojekt!
Und 8 ha Waldabhacken auf der ehem. Deponie Seehausen (ein Biodiversitäts-Hotspot in Leipzig) für das fast vollständige Zupflastern mit PV-Anlagen, gegen die Schutzbemühungen des Ortschaftsrates. Supertoll, ist doch für die Energiewende! Der Wald wird überschätzt…
Für wie blöd hält eigentlich die Fraktion der Leipziger Grünen die Leipziger Bevölkerung?
Ein bißchen befremdlich für mich, dass Ralf Julke (den ich mit vielen Artikeln durchaus schätze) das auch so kritiklos übernimmt in diesem Artikel hier.“

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