Seit über zwei Jahren versuchen nun Jugendparlament und Ratsfraktionen irgendwie das Rauchverbot auf Leipziger Spielplätzen zu bekommen. Doch das Leipziger Ordnungsdezernat tut sich unheimlich schwer damit, auch nur die fünf versprochenen Pilotprojekte umzusetzen. Weshalb die SPD-Fraktion nach den Ferien wieder etwas ungeduldig wurde und nachfragte.

„Im September 2020 hatte die Ratsversammlung die Stadtverwaltung beauftragt, eine Vorlage zu erarbeiten, die ein generelles Rauchverbot für Spielplätze, Kitas und Schulen ermöglicht. Die Ergebnisse des Prüfauftrages sollten noch im Jahr 2020 vorgelegt werden“, stellte die SPD-Fraktion fest. Und schob auch gleich die erste Frage dazu nach: „Wie ist der aktuelle Stand zu dieser Thematik?“

Dass in Schulen und Kitas nicht erst ein Rauchverbot verhängt werden muss, ist eigentlich klar. Das herrscht dort längst.

Aber was wird jetzt mit den Spielplätzen? „Das Amt für Stadtgrün und Gewässer erarbeitet derzeit eine Grünanlagensatzung. Diese wird ein Verbot des Rauchens auf stadteigenen Spielplätzen vorsehen“, antwortete dazu da Ordnungsamt.

Ohne Satzung also kein Verbot?

Behörden ticken eben anders. Ohne einen Paragrafen, der das vorsieht, passiert nichts.

Rechtlich eigentlich nicht unzulässig

So teilt es auch das Ordnungsamt mit: „In der Abwägung eines Rauchverbots auf Spielplätzen ist Folgendes zu beachten:

Für den Erlass einer Polizeiverordnung ist zunächst das Vorliegen einer abstrakten Gefahr erforderlich, was immer dann gegeben ist, wenn aus bestimmten Handlungen und Zuständen nach der allgemeinen Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der bestehenden Verhältnisse typischerweise Gefahren für ein polizeiliches Schutzgut entstehen.

Die Gefahrensituation ist dabei nicht real in einem einzelnen Fall vorhanden, sondern besteht in einer unbestimmten Zahl im Einzelnen nicht bekannter Fälle. Der Eintritt des Schadens für ein polizeiliches Schutzgut muss dabei hinreichend wahrscheinlich sein. Polizeiliches Schutzgut wäre hier die Gesundheit der spielenden Kinder.

Die Aufnahme eines Rauchverbots auf öffentlichen Spielplätzen in die Polizeiverordnung wäre somit sowohl unter dem Aspekt des Schutzes vor Belästigungen und gesundheitlichen Folgen, als auch unter dem Gesichtspunkt der negativen Beispielwirkung rechtlich nicht unzulässig, im vorliegenden Fall dennoch nicht angezeigt.“

Das schaffen wir eh nicht

Solche Purzelbäume muss man erst einmal hinbekommen: Man könnte das Verbot einfach schon deshalb verhängen, weil die Gesundheit der Kinder gefährdet ist. Aber das wäre aus Amtssicht zu einfach.

Warum, das erklärt das Ordnungsamt so: „Problematisch ist, dass nicht alle frei zugänglichen Spielplätze der Stadt Leipzig unter den Geltungsbereich der Polizeiverordnung fallen. Zu den ca. 320 Spielplätzen der Stadt Leipzig kommt eine Vielzahl von Spielplätzen, welche in privatem Eigentum (z.B. Wohnungsgenossenschaften) stehen. Dort wäre ein Rauchverbot nach der Polizeiverordnung nicht durchsetzbar und käme demnach nur infrage, wenn die Eigentümer analoge privatrechtliche Regelungen festlegen und diese auch durchsetzen. Eine unterschiedliche Handhabung würde eine ungehinderte und wirksame Kontrolle durch die städtischen Inspektoren maßgeblich erschweren, was wahrscheinlich wiederum Unverständnis bei den Bürgerinnen und Bürgern verursacht.“

Da klingt zumindest überraschend, dass sich das Leipziger Ordnungsamt auch für private Spielplätze zuständig fühlt. Wenn man so an die Sache herangeht, schafft man tatsächlich nicht alles zu kontrollieren. Nicht mal die 320 öffentlichen Spielplätze.

Also soll das Verbot nicht einfach mit einem Satz in die Leipziger Polizeiverordnung geschrieben werden, obwohl es da hineingehört. Denn dann könnte man einfach Schilder aufstellen und die Ordnungsamtsmitarbeiter könnten, wenn sie mal zufällig Lust haben, auch die Einhaltung des Rauchverbots kontrollieren.

Eine neue Satzung

Aber warum einfach, wenn man es auch in einer anderen Satzung verstecken kann?

„Ein Rauchverbot auf öffentlichen Spielplätzen der Stadt Leipzig könnte insbesondere mittels kommunaler Satzung (z. B. Grünanlagensatzungen) gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 SächsGemO umgesetzt werden. Diese Möglichkeit ergibt sich dadurch, dass es sich bei Spielplätzen um öffentliche Einrichtungen (vgl. § 10 Abs. 2 SächsGemO) handelt, welche der Organisationshoheit – als Bestandteil der Selbstverwaltungsgarantie – der Gemeinde unterliegen. Unter Beachtung geltender Rechtsvorschriften kann die Benutzung öffentlicher Spielplätze durch die Gemeinde geregelt werden. Im Freistaat Sachsen gibt es hierfür bereits Beispiele“, schreibt das Ordnungsamt.

Also muss diese neue Satzung auch erst einmal erarbeitet werden. Warum einfach, wenn es auch mit mehr Papier möglich ist?

An der Zahl der vorhandenen Ordnungsamtsmitarbeiter ändert das ja nichts.

Kontrollieren dürften sie übrigens heute schon, stellt das Ordnungsamt noch fest: „Eine etwaige Belästigung z. B. durch Zigarettenrauch sowie eine Verunreinigung durch weggeworfene Zigarettenreste stellen auch jetzt schon Handlungen dar, die nach der Polizeiverordnung bzw. dem Kreislaufwirtschaftsgesetz unzulässig sind und gegen die damit ordnungsrechtlich vorgegangen werden kann.“

Denn der Mensch ist schlecht …

Aber das Amt hat ja das Stöhnen über zu viel Arbeit gelernt.

Also legt es noch einmal nach: „Unabhängig davon, in welcher Rechtsform ein solches Verbot erlassen wird, besteht die Erwartungshaltung, die Einhaltung zu kontrollieren, Verstöße zu sanktionieren und im Einzelfall geeignete Gefahrenabwehrmaßnahmen zu veranlassen. – Eine regelmäßige und dauerhafte Kontrolle der vorgenannten über 300 Spielplätze der Stadt Leipzig ist in Beachtung der Erwartungshaltung unrealistisch. – Eine Regelung des Rauchverbots auf Spielplätzen ist demnach in der Polizeiverordnung über öffentliche Sicherheit und Ordnung aus faktischen Gründen aus Sicht des Dezernates Umwelt, Klima, Ordnung und Sport nicht angezeigt.“

Was alles nur herbeigeholte Argumente sind, die davon ausgehen, dass sich die Leipziger nur dann an Verbote halten, wenn ein paar Politessen oder Polizisten in der Nähe sind. Das ist ganz altes Untertanendenken, hat aber mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun.

Die Wirklichkeit heißt: Vernünftige Verbote appellieren an die Einsicht der Menschen und die meisten halten sich auch dran. Dann reicht oft auch der Hinweis auf das Schild, und gedankenlose Zeitgenossen lassen sich auch vom Rauchen abbringen. Im Grunde geht es um ein Aufmerksammachen. Das können Hinweisschilder bewirken oder extra ausgewiesene Raucherzonen. Und wahrscheinlich werden Parkranger, die die gedankenlos Rauchenden freundlich auf das Verbot hinweisen, mehr erreichen, als Ordnungsstreifen mit Abmahnzetteln.

In der letzten Ratsversammlung fragte dann SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Zenker noch nach, wann die fünf 2020 versprochenen Pilotzonen für das Rauchverbot in Leipziger Parks kommen. Aber auch da wurde auf die noch zu erarbeitende Grünanlagensatzung verwiesen. Und so saß Herr K. auf der Parkbank und wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte.

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