Es gibt Vorschriften, die sind vor allem gut gemeint, sie lassen sich aber nicht wirklich umsetzen. Das trifft auch auf den Umgang mit den sorglos im öffentliche Raum entsorgten Zigarettenstummeln zu. Ihr Entsorgen auf Wegen, Wiesen und Plätzen ist zwar eine eindeutige Ordnungswidrigkeit und kann mit Bußgeldern belegt werden. Aber wer soll den Sündern eigentlich hinterherlaufen, sie auf frischer Tat ertappen und dann zur Kasse bitten? Gibt es überhaupt Zahlen zu den Zigarettensündern, wollte die SPD-Fraktion im Stadtrat wissen.

Denn dass sich das Leipziger Ordnungsamt auch um die wild im öffentlichen Raum entsorgten Zigarettenstummel sorgen sollte, war ja ein direkter Auftrag der Ratsversammlung.

Im September 2020 hat der Stadtrat beschlossen, bei Verstößen gegen das Verbot des Wegwerfens von Zigarettenresten den höchstmöglichen Bußgeldsatz von 50 EUR anzuwenden“, betonte die SPD-Fraktion extra in ihrer Anfrage. „Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass Zigarettenreste eine signifikante Quelle der Belastung von Oberflächengewässern mit Nikotin und weiteren Schadstoffen darstellen.“

Was ja auch stimmt. Aber: „Welche konkreten Maßnahmen wurden ergriffen, um den Bußgeldrahmen bei Verstößen gegen das Verbot des Wegwerfens von Zigarettenresten konsequent anzuwenden?“, fragte die SPD-Fraktion.

Berechtigter Unmut

„Die geschilderte Problematik stellt – wie in wahrscheinlich allen großen deutschen Städten – auch in Leipzig ein allgemeines Ärgernis dar. Derartige Verschmutzungen sind im gesamten Stadtgebiet anzutreffen und sorgen entsprechend für Unmut“, gesteht nun das Ordnungsamt in seiner Antwort zu.

„Gemäß Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft über Ordnungswidrigkeiten gegen die Umwelt (Bußgeldkatalog Umweltschutz), Punkt: A 2.1.2, (Bussgeldkatalog_2017_Abfall_Anlage1.pdf) sind im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens für derartige Abfälle Geldbußen von 20,00 EUR bis 50,00 EUR vorgesehen (auch als Verwarnungsgeld möglich). Im Regelfall wird derzeit ein Verwarnungsgeld in Höhe von 50,00 EUR ausgesprochen. Dies geht auch auf den Beschluss des Jugendparlaments im Stadtrat Leipzig zurück.“

Aber genau da entsteht das Problem: Wie kann man die Verursacher dingfest machen?

„Während die abgelegten Zigarettenstummel für jede Person sichtbar sind, setzt eine erfolgreiche Ahndung stets die Feststellung eines Täters voraus. Zumindest muss überhaupt ein Anhaltspunkt für Ermittlungen vorhanden sein, wie z. B. das Kfz-Kennzeichen, wenn der Täter mit einem Fahrzeug in Verbindung zu bringen ist. Daher ist die Dunkelziffer erheblich höher, als die tatsächlich vorliegende Anzahl der Anzeigen, ohne diese konkret benennen zu können“, schreibt das Ordnungsamt.

Man hat also überhaupt keine Zahlen – weder zu angezeigten Zigaretten-Delikten noch zu eingeleiteten Verfahren. Was natürlich vor allem personelle Gründe hat: „Durch den Stadtordnungsdienst werden im Rahmen der Streifentätigkeit auch Kontrollen der Einhaltung der Vorschriften in den Bereichen Ordnung und Sauberkeit durchgeführt und bei Feststellung o. g. Delikte entsprechende Maßnahmen zur Sanktionierung eingeleitet.

Eine flächendeckende Präsenz im gesamten Stadtgebiet ist jedoch unter Berücksichtigung der vorhandenen Personalkapazitäten nicht möglich.“

Keine Daten verfügbar

Und so liegen eben auch keine Daten oder Statistiken zu verhängten Bußgeldern vor, wie sie sich die SPD-Fraktion gewünscht hat.

Vielleicht gibt es sogar ein paar Anzeigen und entsprechende Bußgeldverfahren. Aber sie sind nicht einzeln zu ermitteln.

Oder mit den Worten des Ordnungsamtes: „Im Bereich der Verstöße gegen abfallrechtliche Bestimmungen (u. a. Kreislaufwirtschaftsgesetz) wurden für den Tatzeitraum 01.01.2024 bis 31.12.2024 insgesamt 909 Anzeigen und für den Tatzeitraum 01.01.2025 bis 09.09.2025 bereits 1.017 Anzeigen erfasst.

Mit aktuellem Stand der Abarbeitung wurden insgesamt für das Jahr 2024 bisher Verwarnungs- und Bußgelder in Höhe von 11.787 EUR und 2025 in Höhe von 5.748 EUR verfügt. Dazu ist anzumerken, dass es sich um die Gesamtanzahl an Ordnungswidrigkeitenverfahren aus diesem Rechtsgebiet handelt und sich diese Angaben nicht allein auf Zigarettenabfälle beschränken. Eine differenzierte statistische Auswertung ist in diesem Zusammenhang nicht möglich.“

Und so hat das Ordnungsamt auch keine Zahlen zur konkreten Belastung von „blauer und grüner Infrastruktur in Leipzig mit Nikotin und anderen Schadstoffen“.

„Nein, es liegen der Stadtverwaltung keine Daten zur Belastung mit Nikotin und anderen Schadstoffen vor, die auf das Wegwerfen von Zigarettenresten zurückzuführen sind.“

Wo man die Sünder nicht beim Wegwerfen ertappt, sind sie auch nicht zu belangen. Womit die Frage auch weiterhin offen bleibt, wie man die Raucher dazu bringen kann, ihre Zigarettenreste im nächsten Abfallbehälter zu entsorgen und nicht auf Wegen und Plätzen oder in der freien Natur.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 6 Kommentare

Das “Bataillon Dimpfelmoser” wird man die Seniorinnen und Senioren nennen, die in ihrem freilwilligen Pflichtdienstjahr auf Kippensünderjagd gehen, um die öffentlichen Haushalte zu stabilisieren.

Mir gefallen Texte, lieber Autor, bei denen man nicht rauslesen kann, ob sie nun Satire oder heiligen Ernst darstellen sollen. Die gute alte Sünde feiert hier Urstände, und das Dingfestmachen ebenso. Vielleicht durch den Wachtmeister Dimpfelmoser?

War das jetzt ein Ablenkungsmanöver vom Thema, oder ein schlecht platzierter Anglizismus?
Hier gehts um Müll in der Öffentlichkeit, nicht um Autos.
Dass Kippen nicht in die Umwelt gehören, das ist auch bei uns nichts Neues. Dass es Parkverbote gibt, und die auch beachtet werden sollten, und seit geraumer Zeit auch verstärkt kontrolliert werden, lässt sich auch beweisen. Was soll da jetzt “same same” sein, also übertragbar? Und selbst wenn es das wäre, was soll die Botschaft hier an dieser Stelle? Finden Sie es so toll, wenn die Kippen herumliegen?

“Hierzulande wird das” überall mit dem Auto rumgefahre “oft als Ausdruck von “Freiheit” angesehen bzw. die Anspruchshaltung eingenommen, dass an jeder Ecke ein” kostenfreier Parkplatz “zu stehen habe und wenn der nicht da ist, wird das Recht”, die eiegene Karre “einfach” überall abzulagern, ” für sich reklamiert, anstatt” sich an die gängigen Regeln zu halten…
Same same…

Yep, das haben einige Leute mitbekommen, die im Zuge der Weltausstellung dieses Jahr in Japan waren. Wo keine Mülleimer stehen, wird der Müll mitgenommen. Geht!

Das ist in erster Linie ein kulturelles Problem. In vielen Ländern der Welt ist es zum einen wesentlich teurer, seinen Müll illegal zu entsorgen (1000e $ bis hin zu Haftstrafen) zum anderen ist es einfach gesellschaftlich inakzeptabel und wird nicht gemacht (Japan, Singapur).
Hierzulande wird das Wegwerfen von Müll oft als Ausdruck von “Freiheit” angesehen bzw. die Anspruchshaltung eingenommen, dass an jeder Ecke ein Mülleimer zu stehen habe und wenn der nicht da ist, wird das Recht, den Müll einfach wegzuwerfen, für sich reklamiert, anstatt ihn mit nach Hause zu nehmen und dort in die eigene Mülltonne zu werfen…
So lange das so ist (und niemand dagegen einschreitet => Zivilcourage) wird sich daran auch kaum etwas ändern. Und höhere Strafen bringen nix, wenn niemand die Taten verfolgt bzw. erst mal zur Anzeige bringt…

Schreiben Sie einen Kommentar