Der wichtigste Antragspunkt war schon sehr konkret: „Der Stadtrat beschließt den schnellstmöglichen Abbau des Goerdelerdenkmals vor dem Neuen Rathaus. Diese Maßnahme ist bis spätestens Ende 2024 umzusetzen.“ So hat es das Jugendparlament beantragt. Doch die Diskussion, die dann nach der Berichterstattung in der LVZ losbrach, geht doch gewaltig am eigentlichen Anliegen des Jugendparlaments vorbei.

„Das große öffentliche Interesse am Antrag zum Goerdeler Denkmal freut uns als Jugendparlament, trotzdem bemerken wir besorgt, dass der eigentliche Gedanke des Antrags grob missverstanden wurde“, meldet sich jetzt Hannah Lilly Lehmann, Sprecherin des Jugendparlamentes, zu Wort. „Keinesfalls wird ein ‘löschen’ oder ‘vernichten’ der Erinnerung angestrebt, vielmehr soll zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Figur Carl-Friedrich Goerdelers von Seiten der Stadt und der Zivilgesellschaft angeregt und die Frage aufgeworfen werden, ob Ehrungen wie Denkmäler oder Straßennamen eine sinnvolle und gerechtfertigte Art und Weise des Gedenkens sind.”

Also eine Debatte ganz wie 2020 um die Arndtstraße.

Adrian Habermann, kommissarischer Jugendbeiratsvorsitzender, meint: „Auch da der Antrag noch nicht aktiv im Ratsverfahren angelangt ist, gibt es noch keine Rückmeldung von Seiten der Verwaltung. Auch der allgemeine Weg des Antrags wurde in der Berichterstattung nicht berücksichtigt. Wir bedauern, dass dem Jugendparlament von journalistischer Seite kein Gesprächsangebot entgegengebracht wurde. Wir hoffen, dass es im anstehenden Ratsverfahren und der Auseinandersetzung mit den Fraktionen in den einzelnen Fachausschüssen zu einer sachlichen inhaltlichen Debatte kommt und wir von der bislang inadäquaten Debatte wegkommen.”

Ein zu simples Bild

Formuliert hat das Jugendparlament den Antrag „Ehre wem Ehre gebührt, kein Denkmal für Goerdeler” in seiner Sitzung am 30. November 2023. Dass es in der LVZ zu einer hitzigen Debatte darüber kam, hat auch mit der Rigorosität des Antrags zu tun. Junge Leute können ziemlich deutlich werden, wenn es um die Helden älterer Generationen geht.

„Allgemein sorgt die Aufzählung von Ereignissen unter Goerdelers Amtszeit in Leipzig und seine antisemitischen und antijüdischen Gedanken dafür, dass Goerdeler als zumindest Mitläufer im NS-Regime meiner Meinung nach absolut ungeeignet für ein Denkmal in der Stadt Leipzig, schlimmer noch genau an dessen politischem Zentrum, geeignet ist. Zu dem fragwürdigen Prozess rund um Planung und Bau des Denkmals gerne auf Nachfrage mündlich bei der Sitzung mehr“, heißt es im Antrag.

Der dann stichpunktartig auf Goerdelers Zeit als OBM in Leipzig eingeht, seine enge Kooperation mit den Nationalsozialisten und die Partei, für die er angetreten war: „Zur Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) nur kurz: Die Partei deren Mitglied Goerdeler war, war eine nationalistische, antisemitische, antidemokratisch-kaiserlich-monarchistische Partei. Ab 1930 gab es unter ihr mit der sogenannten Baum-Frick Regierung in Thüringen die erste Regierungsbeteiligung der NSDAP in Deutschland.“

Geehrt wird Carl Goerdeler in Leipzig ja vor allem für seinen Rücktritt 1936, als die Nationalsozialisten das Denkmal für Felix Mendelssohn Bartholdy vorm Neuen Gewandhaus demontiert hatten, und für seine Beteiligung an den Umsturzplänen zum 20. Juli 1944. Womit ein deutlich westdeutscher Blick auf den Widerstand gegen das NS-Regime deutlich wird, der sich seit Jahrzehnten fast ausschließlich auf die Attentäter des 20. Juli fokussiert.

Im Antrag des Jugendparlaments heißt es dazu kritisch: „Auch festzuhalten ist, dass das Attentat in der Meinung der Deutschen nach dem Krieg keine große Rolle spielt. Ein überhöhtes Interesse wurde dem Attentat erst ab Mitte der 1950er aus politischen Gründen, vor allem der Abgrenzung zu Kommunismus und der DDR beigemessen.“

Weshalb das Jugendparlament sich – falls es zu einem neuen Denkmal kommt – eine viel breitere Wahrnehmung der Gegner und Opfer des NS-Regimes wünscht: „In den Prozess über Inhalt und Aussehen des neuen Denkmals sind die Opfergruppen des NS-Regimes wie z.B. Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle sowie politische Gegner des Regimes, besonders Sozialdemokrat/-innen und Kommunist/-innen einzubeziehen.“

Festzuhalten ist nun einmal, dass es auch im Fall Goerdeler keinen „reinen Helden“ gibt, sondern einen Mann voller Widersprüche. Das Denkmal vor dem Neuen Rathaus wurde 1999 angelegt. Für hervorragende Arbeiten im Bereich Kommunalpolitik und -verwaltung wird in Leipzig seit 2000 auch der Goerdeler-Preis verliehen.

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Es gibt 13 Kommentare

Wann war je der Zeitgeist nicht fehlgeleitet, lieber User “Matthias”? Damals, Ende 1991, wollte man sich zügig von Karl Marx und Friedrich Engels und etlichen mehr im Straßennamenverzeichnis trennen (dabei waren beide genannten 1871 zwei von fünf Taufpaten von Karl Liebknecht, standen aber nicht persönlich – puh – am Taufstein der Thomaskirche, der heute dort noch in Gebrauch ist). Der einstmalige Friedrich-Engels-Platz, m.W. eine Kombi von Fleischerplatz und Theaterplatz und vielleicht noch mehr, heißt also seit 1992 Goerdelerring. Das o.g. genannte Denkmal kam dann 1999.

“Wenn er [der Zeitgeist] unsere Werte nicht mehr repräsentiert, dann sollte er nach einer sachlichen Debatte natürlich weg.” schreiben Sie, und ich werde etwas unruhig bei “unsere Werte”. Gibt es die? Und was soll ein “gesellschaftliches Narrativ” sein, von dem Sie schreiben? Sich einfach nur einzuschwingen auf das was posaunt wird, wem konnte das je reichen? Denn im Narrativ ist immer ein Spin drin.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich hatte unten einen Kurzvergleich Goerdelers mit meinem jahrgangsgleichen Opa versucht. Ich teile deren Haltung nicht, und ich will sie nicht weitergetragen sehen. Daß Sie betonen, daß der Wechsel historischer Sichten Menschen anstrengt, klingt aber irgendwie nach Sport oder nach “Medizin muß bitter schmecken”.

Jetzt nicht nur Goerdeler zu kritisieren, sondern betont den Abbau des Denkmals zu fordern, ist mir zu einfach und abkürzend. Möge man doch die Spannung aushalten, daß vor 25, 30 Jahren die damalige politische Klasse in Leipzig Goerdeler Glanz zu verleihen gedachte, der ihm nicht im dargestellten Umfang gebührt.

Im Novemberheft 1991 von Titanic – im November 1991 wurde auch die genannte Straßenumbenennungsaktion in Leipzig beschlossen – schrieb der Dichter (und Satiriker, klar) Wiglaf Droste unter der Überschrift “Papa, Adolf hat gesagt …” in seiner unvergleichlichen Art u.a. folgende Kritik von LInks an Salonlinken in (West-)Berlin:

“Die alte Kreuzberger Faustkeilregel – ‘Wer als erster Fascho! sagt, hat gewonnen!’ – feiert ein so nicht mehr für möglich gehaltenes Comeback, und in schon rührend glühender Pose legen Türken und Deutsche Hand in Hand ihr Gratisbekenntnis ab: ‘Ich bin Antifaschist!!!’ dröhnt es – natürlich, sicher, und was bist du sonst noch? Bzw.: Ist Antifaschismus denn eine Behinderung? Oder, deutsch bis in die Knochen, eine ‘Identität’? Oder nicht schlicht eine moralische, politische und intellektuelle Selbstverständlichkeit, mit der nur der sich in die Brust wirft, der das bitter nötig hat? Und gilt nicht doch, was der Neuss-Schüler Mathias Bröckers 1988 schrieb: ‘Kein Faschist ist nur, wer weiß, daß er einer sein könnte’?”

“Kein Faschist ist nur, wer weiß, daß er einer sein könnte” ist ein kluger Gedanke, den ich mir selbst von Mathias Bröcker seit Jahren sozusagen geliehen habe. Ich finde, er könnte auch den Jugendlichen, die Ihres Erachtens nach “nicht Goerdeler sein” wollen, beim Verständnis der Zusammenhänge des 20. und 21. Jahrhunderts generell und speziell der Rolle Goerdelers nützlich sein. Ich fürchte, die Jugendlichen des Jugendparlaments glauben vermutlich, man müsse sich sowas wie eine absolute politische Reinheit zulegen und daher das Denkmal ab- oder umbauen. Dabei ist es verdienstvoll genug, die historische Person Goerdeler und deren Rezeptionsgeschichte – ohne Verachtung – neu zu diskutieren und einzuordnen. Und möge daraus aber bitte kein Narrativ werden.

Wenn es nun aber richtig ist, dass ein Denkmal mehr über seine Erbauer als über die Person sagt, dem es gewidmet ist, wäre es doch noch wichtiger, sich wieder auf die Person und deren Taten zu konzentrieren.
Urs: ” Und warum sollte man den Zeitgeist der Neunziger nun einfach schnell verbuddeln?” Wenn er sich als fehlgeleitet herausstellt, wenn er unsere Werte nicht mehr repräsentiert, dann sollte er nach einer sachlichen Debatte natürlich weg. Genauso wie die Zeitgeiste von 1936, 1885, 1916 etc. Historische Persönlichkeiten fallen immer wieder aus dem gesellschaftlichen Narrativ heraus, werden aufgenommen, oder kehren zurück. Das strengt Menschen an, klar, aber bildet die Grundlage der Selbstversicherung, wer wir als Gesellschaft sein wollen.
Die Jugendlichen wollen nicht Goerdeler sein. Gut so!

Den “schnellstmöglichen Abbau” des Goerdeler-Denkmals, der im Antrag “Ehre nur, wem Ehre gebührt! Kein Denkmal für Goerdeler.” des Jugendparlaments gefordert wird, halte ich dennoch, also eben unter Berücksichtigung der aufgelisteten, durchaus stichhaltigen Einwände, für falsch (besonders albern ist die Forderung zur Abnahme seines Bildes im Neuen Rathaus; im Falle der darüber hinaus geforderten Aberkennung des Straßennamens Goerdelerring: Goerdeler hat bis heute 16 Nachfolger als OBM, aber wer davon käme als Ersatznamensträger in Betracht?).

Das Monument ist nun schon 25 Jahre existent, es gab von Anfang an Kritik (ich erinnere mich dunkel an Zeitungsberichte, daß der heute 95-jährige Klaus von Dohnanyi (übrigens Neffe von Dietrich Bonhoeffer, der noch im April 1945 gehenkt worden war), der1938-1940 in die Thomasschule in der Schreberstraße gegangen war und Goerdeler noch persönlich kannte, bei der Einweihung in offenen Streit mit Leuten geriet, die gegen das Bauwerk protestierten).

Erstens ist es eine alte Unsitte, sich Denkmale plötzlich vom Hals zu schaffen. Denn diese sind jeweils Ausweis des Denkens oder wenigstens des Zeitgeistes bei Aufstellung Und warum sollte man den Zeitgeist der Neunziger nun einfach schnell verbuddeln? Ich möchte doch annehmen, daß der einstige Superintendent von Leipzig-Ost, Friedrich Magirius (heute 93 und seit zwei Jahren Ehrenbürger Leipzigs), den ich im Geiste noch auf der Kanzel der Nikolaikirche predigen höre und sehe, der eben dann 1990 Stadtpräsident wurde, einer unter vielen war, die damals in den Neunzigern entschlossen waren, Carl Friedrich Goerdeler, von dem man vorher zwar gehört, aber vielleicht nur von Rücktritt und späterer Ermordung gewußt hatte, zu ehren. Es hilft m.E. nichts, als sich sowohl mit der Person Goerdelers auseinanderzusetzen, als auch mit dem Wandel seines Ansehens. Und trotz seines Antisemitismus’ und seines Lavierens hat Goerdeler Verdienste: https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Friedrich_Goerdeler

Was die nach 1990 ebenfalls im Stadtrat beschlossene Mißachtung der Ehrung der Kapp-Putsch-Opfer angeht: ich war im März 2022 selbst bei der Wiedereinweihung der Grabanlage auf dem Südfriedhof, bei eisiger Kälte standen dort insbesondere die rührigen Leute der Paul-Benndorf-Gesellschaft mit Würde vor der erschienenen Menschenmenge und berichteten von Tausenden, die 1922 ebendort schon gestanden hatten, zwei Jahre nach dem Kapp-Putsch, übrigens.

@fra Draüber hinaus gedenken wir der Katholischen Kirche nicht mit Straßen-/ Platzbenennungen oder Mahnmalen. Es gibt auch einen Unterschied zwischen historischer (also ständiger, intergenerational gesellschaftlicher) und juristischer (einmaliger, individueller) Aufarbeitung.

@fra Und sollte man es daher lassen? Weil es Mühe macht? Diese Fragen müssen immer wieder neu ausgehandelt werden. In Schule und Leben, denn non scholae sed vitae discimus, oder?
@Urs Der Stadtrat hat offenbar in den späten 90ern auch beschlossen, das Mahnmal für die im Kapp-Aufstand ermordeten Arbeiter auf dem Südfriedhof abzureißen. Es wäre wirklich interessant, wenn erforscht würde, was die Hintergründe der je getroffenen Entscheidungen waren.

Ich habe mir die Mühe gemacht, unter https://ratsinformation.leipzig.de/allris_leipzig_public/wicket/resource/org.apache.wicket.Application/doc3507392.pdf die längere (eigenartigerweise in Ich-Form erstellte) Sachverhalts-Darstellung zu Goerdeler durchzulesen. Ich verstehe die Kritik an ihm jetzt etwas besser. Diese ist nicht zuletzt auch eine Kritik am Stadtrat der 1990er. Wer waren die, die damals auf einer herausgehobenen Würdigung Goerdelers bestanden haben, die es bis dahin in Leipzig nicht gegeben hatte? Und warum?

Wenn man von dem heutigen Kontext ausgeht, müsste man auch so konsequent sein die katholische Kirche wegen der Hexenverfolgungen und anderen Taten (siehe Kinder) zur Verantwortung ziehen. Zusätzlich wären noch andere Personen und Organisationen zu finden, da hätte man ganz schön zu tun.

Und was ist mit dem heutigen Kontext? Schüler*innen lernen, ein historisches Sachurteil und ein Werturteil auf Grundlage des GG zu verfassen. Das erste könnte beinhalten, dass Goerdeler schon historisch falsch lag, weil er einer rektionären Partei angehörte und dann deren Politik der Förderung und Einbindung der NSDAP unterstützte. Das Werturteil muss ihn ablehnen. So wie Wagners und Luthers Antijuda- und -semitismus und anderen menschenfeindlichen Unsinn.

Wenn man sich das Verhalten der Personen ohne geschichtlichen Kontext ansieht könnte man leicht darauf kommen. Also weg auch mit Wagner, Luther, ….

Ja, lieber Autor, Goerdeler war ein Mann voller Widersprüche. Und wenn man sein politisches Testament https://digitalisate.sub.uni-hamburg.de/recherche/detail?tx_dlf%5Bdouble%5D=0&tx_dlf%5Bid%5D=16713&tx_dlf%5Bpage%5D=24&tx_dlf_navigation%5Bcontroller%5D=Navigation&cHash=452f2fdf778d8744bc348c6b52df804c liest, schüttelt man jedenfalls weithin mit dem Kopf, aber eben nicht nur. Mein Großvater väterlicherseits war ebenfalls Jahrgang 1884, stammte aber hier aus der Gegend und sah sich dennoch als Preuße, was ihn als Offizier in die kaiserliche Armee eintreten ließ, der er meiner Kenntnis nach in weiten Teilen des WK ab 1914 als Hauptmann der Rückwärtigen Dienste angehört hat. Er war stockkonservativ wie Goerdeler. Beiden waren Kommunisten zuwider. Beide standen für Aufrüstung. Und beide verabscheuten die vulgären Nazis. Der Unterschied ist, daß Goerdeler sich ab einem bestimmten Punkt gegen das NS-Regime exponierte. Das wäre meinem Opa nicht eingefallen. Ich nehme an, er hat Goerdeler als Verräter angesehen. Dabei hat Goerdeler ein Verdienst. Im Kampf gegen den Hitlerfaschismus haben andere ebenfalls Verdienste, einige höhere. Daß 1999 das Bodenmonument aufgestellt wurde, war m.E.n. damals schon nicht ohne Kontroverse geblieben. Vielleicht finden Sie in Archiven, wer damals die Protagonisten dafür waren?

Der Antrag des Jugendparlaments ist völlig richtig. Goerdeler und seine Partei waren die Steigbügelhalter der Nazis. Das hat nichts mit Haltung zu tun. Erst 1936, nach den Nürnberger Gesetzen, zurückzutreten, dann, wenn die Sicherung der Staatsmacht durch die Nazis erfolgreich beendet war und die Verfolgungen noch offener wurden, ist kein Widerstand. Den haben andere geleistet; Straßennamen in Leipzig zeugen davon.
Kennt eigentlich jemand Georg Elser? Der war Widerständler.

In der heutigen besserwisserischen Gegenwart sich zu profilieren mit einem Urteil über Personen, die einer schrecklichen Zeit ein Mindestmaß an Humanität bewiesen haben und sich heute nun Mal nicht mehr verteidigen können, dass ist wirklich sehr mutig und auch so uneigennützig. Bravo

Dass sich jemand im Rahmen seiner Möglichkeiten bewegt, und in diesem Rahmen Gutes erreicht hat, genügt einigen Leuten nicht. Sie wollen reine Helden haben, ideale Menschen. In Folge dessen entstehen “interessante” Fragen wie
Sollte man ein Computerspiel im Kontext von Harry Potter angesichts der Transfeindlichkeit (sic!) der Buchautorin kaufen?
Kann man heute noch Michael Jackson hören?
Darf eine Straße noch so heißen, wenn man weiß, was diese Person noch so gesagt hat?

Ich bin nicht für Heldenkult. Klar kann man zu Goerdeler auf der Erklärtafel auch sagen, dass er dies und jenes gesagt hat, was man heute wahrscheinlich eher kritisch sieht. Vielleicht fehlt dieser Aspekt an der Gedenkstätte. Aber abreißen? Seine Geschichte, sein Wirken und sein Schicksal sind mindestens “interessant” im Sinne von bildend für spätere Generationen, wie Dinge zur Nazizeit laufen konnten und liefen. Man stolpert so viel eher darüber, als wenn diese Gedenkstätte nicht vorhanden wäre.

Ich lese gerade ein Buch über den (mehrmaligen) (Wieder)Aufbau des Deutschen Museums in München. Während der Nazizeit eine wirklich interessante Geschichte, die sich zum Beispiel um die Steuerung der Zusammensetzung von Gremien dreht, oder um die Raumvermietung und den Einfluß der Nazis auf den Museumsbetrieb.
Die jeweils begehbaren Gestaltungsspielräume zu kennen und sich innerhalb dieser Möglichkeiten zu bewegen, scheint mir eine höhere Anerkennung zu verdienen, als reines Heldentum, möglichst ohne Kratzer.

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