Am 16. April stand nun auch erstmals ein Beschluss zu einem Hitzeaktionsplan für die Stadt Leipzig an, nachdem der Stadtrat diesen Plan 2023 dringend gefordert hatte. Denn die Hitzetage in Leipzig mehren sich – so wie auch sonst in Sachsen. Und die Hitze kostet Menschenleben, macht vor allem verletzlichen Gruppen wie Alten, Kranken und Kindern zu schaffen. Aber was kann die Stadt tun? Was kann sie mehr tun als in der Vergangenheit?

Genau das sollte dieser Plan versammeln und versammelt er auch. Samt einer App für die Leipzigerinnen und Leipziger, die bei Hitzegefahr informiert. Was übrigens vom Stadtrat genauso gefordert worden war, auch wenn es der fraktionslose Stadtrat Stefan Rieger kurzerhand mal für „Blödsinn“ erklärte. Wogegen sich Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal zu Recht verwahrte.

Reichen Wetterwarnungen, die die meisten Leute eh auf ihrem Handy haben, tatsächlich aus? Das ist so eine Frage. Denn Hitze ist eben oft auch sehr konkret, was eigentlich auch Rieger wissen sollte, da er ja sogar von der besonderen Hitzebelastung in einzelnen Leipziger Ortsteilen redete. Was ihn irgendwie auch aufregte, weil hier wichtige Kaltluftschneisen zugebaut werden.

Aber gerade diese Hitzeinseln sollten und müssen für die Betroffenen bei einer Warn-App eine Rolle spielen. Hier bleibt es ja nicht nur bei den eh schon belastenden Temperaturen über 30 Grad, sondern sorgt der Hitzestau erst recht für noch höhere Temperaturen. Hier muss also sehr konkret gewarnt und informiert werden.

Herr Stefan Rieger (Freie Wähler) im Leipziger Stadtrat am 16.04.25. Foto: Jan Kaefer
Stefan Rieger (Freie Wähler) im Leipziger Stadtrat am 16.04.25. Foto: Jan Kaefer

Diese App ist im Doppelhaushalt 2025/2026 mit 20.000 bis 40.000 Euro beziffert, muss also noch programmiert werden und wird – so kann man hoffen – dann auch tatsächlich ortsteil- oder sogar quartiersgenau.

Denn SPD-Stadträtin Anja Feichtinger hat natürlich recht: Man muss vor allem die vulnerablen Gruppen erreichen. Diese leiden unter der Hitze besonders. Ob die App dann auch alle 70 Stadträt/-innen informiert, wie Rieger meinte, anmerken zu müssen, ist völlig egal. Auch die werden sich freuen, wenn sie vor der nächsten Hitzewelle konkret gewarnt werden.

Mehr Trinkbrunnen im Stadtgebiet

Und viele Leipziger wollen natürlich auch wissen, welche Hilfsangebote die Stadt bereithält – wozu auch die Trinkwasserbrunnen im Stadtgebiet gehören, von denen die Wasserwerke Stück um Stück mehr aufstellen. In der Haushaltsdebatte im März wurde ein entsprechender Antrag abgelehnt. In einem gemeinsamen Antrag brachten Linksfraktion und Grünen-Fraktion auch die Trinkwasserbrunnen wieder ins Spiel.

Was dann CDU-Stadtrat Stefan Artmann wieder nicht gefiel, der die Extra-Abstimmung dieses Punktes beantragte. Und sich dann wohl wunderte über das Ergebnis, denn eine Stadtratsmehrheit von 35:16 bei 12 Enthaltungen stimmte der Beibehaltung des Antragspunktes Trinkbrunnen zu.

Herr Stefan Artmann (CDU) im Leipziger Stadtrat am 16.04.25. Foto: Jan Kaefer
Stefan Artmann (CDU) im Leipziger Stadtrat am 16.04.25. Foto: Jan Kaefer

Natürlich gehört er ins Konzept. Gefordert hatten Linke und Grüne mindestens einen neuen Trinkbrunnen pro Jahr und Stadtbezirk. Auch wenn Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal jetzt überlegen muss, wie der Antragspunkt umgesetzt werden kann. Denn was der Stadtrat im März abgelehnt hatte, waren die zusätzlichen Gelder für Trinkbrunnen. Da wird es schon kniffelig, wie man die Trinkbrunnen dann doch installiert.

Hitzeanpassungen in Schulen, Kitas, ÖPNV

Aber der Hitzeaktionsplan umfasst im Wesentlichen viele Maßnahmen zur Hitzeanpassung – nicht nur Schattendächer für Schulen und Kitas, wie Rieger anmerkte. Auch im ÖPNV geht es um Klimaanpassungen, genauso wie in Kindertagesstätten. Und auch in öffentlichen Gebäuden wird das Thema. Weshalb mit dem Beschluss zum Hitzeaktionsplan auch die Stelle eines Hitzeschutzmanagers geschaffen wird, der sich genau um solche Themen kümmern soll.

Themen, die natürlich auch die Leipziger/-innen selbst mitgestalten sollen. Genau das formulierte auch der Änderungsantrag von Linksfraktion und Grünen-Fraktion: „Zur Evaluation der ergriffenen Maßnahmen und im Rahmen der Fortschreibung wird eine umfassende öffentliche Beteiligung erfolgen, in denen Bürger*innen die Möglichkeit haben, ihre Ideen und Erfahrungen in den Hitzeaktionsplan einzubringen. Diese Beteiligungsformate finden ab 2026 jährlich statt. In der Fortschreibung des Hitzeaktionsplans wird dargelegt, an welchen Stellen man auf die Ergebnisse dieser Workshops eingegangen ist.“

Denn da Leipzig nun unweigerlich in ein heißeres Zeitalter eintritt, ist das auch ein Lernprozess für die ganze Stadt: Wie macht man eine für kühlere Temperaturen gebaute Stadt eigentlich hitzeresistent?

Und ohne Investitionen geht es nicht. Linke und Grüne bezifferten den Bedarf zusätzlicher Maßnahmen in den beiden nächsten Jahren auf 4 Millionen Euro. Davon sollen Trinkbrunnen finanziert werden, aber auch Hitzeschutzmaßnahmen in Schulen, Kitas und sozialen Einrichtungen. Und als Finanzierungsvorschlag gaben sie an: „Zur Finanzierung der aufgeführten zusätzlichen Maßnahmen soll das Klimawandelanpassungsbudget (VIII-HP-10223) herangezogen werden. Noch in 2025 umsetzbare Maßnahmen werden priorisiert. Der Fachausschuss Umwelt, Klima, Ordnung wird im 2. Quartal 2025 über das weitere Vorgehen informiert.“

Bei Umweltbürgermeister rannten sie damit offene Türen ein. Er übernahm den Änderungsantrag von Linken und Grünen mit in die Verwaltungsvorlage zum Hitzeaktionsplan. Und da auch der Punkt mit den zusätzlichen Trinkbrunnen drin blieb, stand das ganze Paket so zur Abstimmung und bekam mit 38:1 Stimmen bei 26 Enthaltungen auch eine deutliche Mehrheit.

Und da der Hitzeaktionsplan jetzt bis Ende 2026 gilt, steht dann für 2027 die nächste Fortschreibung an. Zeit genug für alle Stadträte, sich noch einmal mit Sinn oder Unsinn aller Maßnahmen zu beschäftigen und vielleicht bessere Vorschläge zu machen. Aber solche waren am 16. April nicht zu hören. Vielleicht kommt’s ja noch.

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Es gibt 2 Kommentare

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Leserkommentar zum Hitzeaktionsplan Leipzig

Der Hitzeaktionsplan Leipzig, der maßgeblich von Health for Future Leipzig und dem KLUG-Bündnis (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V.) initiiert wurde, ist ein wichtiger Schritt zur Anpassung an den Klimawandel. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der Plan längst nicht ausreicht, um die Herausforderungen der zunehmenden Hitzeperioden effektiv zu bewältigen.

Zwar wurden einige Maßnahmen wie die Schaffung der Stelle eines Hitzeschutzmanagers und die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in die Fortschreibung des Plans umgesetzt, doch fehlt es an konkreten und weitreichenden grünen Stadtplanungsinitiativen. Ein Blick auf andere Städte wie Medellín, die erfolgreich grüne Korridore zur Senkung der Durchschnittstemperatur eingeführt haben, zeigt, was möglich wäre. In Leipzig hingegen wird die grüne Infrastruktur, die so wichtig für das Stadtklima und die Gesundheit der Bevölkerung ist, sträflich vernachlässigt.

Der Masterplan Grün, der gemeinsam mit Bürgern, Umweltverbänden und der Stadtpolitik erarbeitet wird, ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch die Umsetzung lässt auf sich warten. Es fehlt an konkreten Projekten und Investitionen, um die grün-blaue Infrastruktur in Leipzig signifikant zu verbessern. Stattdessen setzt die Stadt auf halbherzige Maßnahmen wie Schattendächer für Schulen und Kitas, die zwar notwendig, aber bei weitem nicht ausreichend sind.

Die Kritik von Grünen und Linken, dass der Hitzeaktionsplan kaum konkrete Maßnahmen enthält, ist berechtigt. Es bedarf einer umfassenden Strategie, die nicht nur auf kurzfristige Lösungen setzt, sondern langfristig die Lebensqualität in der Stadt verbessert. Dazu gehört auch die Förderung von grüner Architektur und die Schaffung von grünen Korridoren, die zur Abkühlung der Stadt beitragen können.

Es ist höchste Zeit, dass Leipzig von anderen Städten lernt und mutige Schritte in Richtung einer grünen und klimaresilienten Stadtplanung unternimmt. Nur so kann die Stadt den Herausforderungen des Klimawandels gerecht werden und die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger nachhaltig schützen.

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