Manchmal versteht man die Stadträt/-innen der CDU einfach nicht. Da bestätigen sie in ihre Reden, dass ein eingebrachter Antrag nur zu berechtigt ist. Und dann behaupten sie trotzdem steif und fest, dass der Antrag aus ihrer Sicht sinnlos ist. Zum Beispiel der zu einer Forderung der Stadträt/-innen Anne Vollerthun (Grüne), Susanne Scheidereiter (Linke) und Andreas Geisler (SPD), der OBM solle sich in Dresden dafür starkmachen, dass die Staatsregierung endlich eine landesweite Katzenschutzverordnung erlässt. Denn was in Leipzig eingedämmt wurde, wird schon an den Stadtgrenzen zum Problem.

Besonderer Anlass für den Antrag der drei, der auch im Tierschutzbeirat der Stadt eine klare Zustimmung erhielt, war ein Netzwerktreffen von Fachleuten, die sich im März in Delitzsch trafen und wo das Problem mit Zahlen und Ursachen diskutiert wurde.

Und Andreas Geisler wurde recht deutlich, als er am 24. September in der Ratsversammlung vom Leid der frei laufenden und der Streunerkatzen erzählte, die dann in der Regel von Tierfreunden zu Tierärzten und in Tierheime gebracht werden.

Doch man sieht diese leidenden Katzen in Leipzig kaum noch, denn seit 30 Jahren hat Leipzig ein eigenes Kastrationsprogramm für frei lebende Katzen, mit dem jedes Jahr bis zu 600 Kater kastriert werden können. Ein Programm, das tatsächlich Erfolg zeitigt, wie auch CDU-Stadtrat Hans-Jürgen Raqué bestätigte, der selbst Tierarzt ist. Es gäbe in Leipzig kein Katzenelend mehr, bestätigte er.

Aber das Problem fängt nun einmal an den Leipziger Stadtgrenzen an, denn die Nachbargemeinden haben ein solches Programm nicht. Weshalb das Katzenelend in den Randlagen der Stadt eben doch sichtbar sei, wie Andreas Geisler betonte, weil es mit den unkastrierten Katzen aus dem Umland immer wieder zurückkehrt.

Weshalb Vollerthun, Scheidereiter und Geisler eben keine lokale Katzenschutzvorordnung allein für Leipzig beantragten, sondern eine Initiative, endlich (wie in anderen Bundesländern auch) eine Katzenschutzverordnung für ganz Sachsen zu erwirken.

Erst dann macht das systematische Vorgehen Sinn, bei dem alle frei lebenden Katzen möglichst registriert und kastriert werden, was eben nicht nur die Katzenpopulation einschränkt und Katzenleid vermindert, wie Anne Vollerthun betonte, sondern auch andere ökologische Folgen mindert – wie das Vogelsterben durch wildernde Katzen.

Frau Anne Vollerthun (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 24.09.25. Foto: Jan Kaefer
Anne Vollerthun (Bündnis 90 / Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 24.09.25. Foto: Jan Kaefer

In ihrem Antrag betonen die drei Antragsteller/-innen: „Eine Katzenschutzverordnung kann und wird (so belegt in allen Ländern und Kommunen, die das umgesetzt haben) das Leid der Tiere massiv mindern und der Überlastung der Tierschutzeinrichtungen und der Tierheime entgegenwirken. Der Freistaat Sachsen ist nach unserer Kenntnis das einzige Bundesland, welches diese Möglichkeit aktuell nicht nutzt und damit die ehrenamtlichen Tierschützer nicht mit Rechtssicherheit bei ihrer Tätigkeit unterstützt.“

Womit das Problem bei Namen genannt ist: die fehlende Katzenschutzverordnung auf Landesebene.

Eine Insellösung löst das Problem nicht

Und die Argumente von Hans-Jürgen Raqué und Sabine Heymann zur begrenzten Wirkung einer solchen Verordnung allein auf Leipziger Gebiet hatten sie schon im Antrag widerlegt: „Weil eine Insellösung keine wirkliche Lösung darstellt und sie die Probleme an den Gemarkungsgrenzen verstärken würde, plädieren Tierschützer und viele Mitglieder des Tierschutzbeirates der Stadt Leipzig für eine Einführung einer sachsenweiten Katzenschutzverordnung des Landes.

Es gibt viele Bundesländer, aber auch große Städte, die mit gutem Beispiel vorangehen und sich aufgemacht haben, dieses Tierleid zu beenden. Lassen Sie uns gemeinsam auch für Sachsen und Leipzig aktiv werden.“

Es hilft eben nicht, wenn allein in Leipzig in größerem Umfang kastriert wird. Die wild lebenden Katzen wandern über die Stadtrandlagen immer wieder ein. „Seit der Novellierung der Gebührenordnung für Tierärzte im Jahr 2022 sehen Tierschützer eine massive Zunahme unkastrierter Freigänger Katzen und Kater, was zu einer massiven Zunahme der Fälle bei Tierschutzvereinen und den Tierheimen führt und nach Aussagen der Wildvogelhilfe und von Tierärzten inzwischen zu einer Zunahme von Vogelnotfällen führt“, heißt es im Antrag.

Rund 10.000 frei lebende Katzen gibt es in Leipzig, nannte Geisler die geschätzte Zahl zur Leipziger Population. Und das Leipziger Kastrastionsprogramm habe nach Einschätzung der Experten auch tatsächlich dazu geführt, dass die hiesige Population zurückgeht. Das Problem sei gedämpft, aber nicht beseitigt, betonte Susanne Scheidereiter.

Die Staatsregierung spart auch beim Tierschutz

Aber die Staatsregierung hat auch den Tierschutz in ihrem Haushalt drastisch zusammengestrichen, wie der Antrag feststellt: „Außerdem sollen im Haushaltsentwurf des Freistaates die bereitgestellten Gelder für Tierschutz (Link siehe unten) um die Hälfte gekürzt werden. Aus diesen Mitteln wurde bisher Kastrationen über Tierheime und über Tierschutzvereine finanziert und es droht ein massiver Kollaps aller Beteiligten.“

Wer also redet der Staatsregierung nun ins Gewissen? Und mit wem sollte eigentlich gesprochen werden? Dazu schrieb die Freie Fraktion einen eigenen Antrag, sehr wohl wissend, dass man in Dresden erst mit einer Menge Leute reden muss, bis sich tatsächlich was bewegt: „Die Verantwortung für die Durchsetzung kommunaler Interessen im Sächsischen Landtag liegt in erster Linie bei den dort vertretenen Landtagsfraktionen.

Der Einfluss der Leipziger Parteimitglieder auf die jeweiligen Landtagsfraktionen scheint so unzureichend zu sein, dass es offensichtlich die Unterstützung des OBM bedarf. Durch seine Gespräche mit den jeweiligen Landtagsfraktionen hoffen wir, dass Interessen der Stadt Leipzig, insbesondere die Interessen der Kreisverbände von Grünen, SPD und Linken, bei der Landesregierungen und im Sächsischen Landtag Gehör finden, in diesem Fall bezüglich einer landesweiten Katzenschutzverordnung.“

Ein Anliegen, das Andreas Geisler gern mit in den Ursprungsantrag aufnahm.

Während Susanne Scheidereiter die Stellungnahme der Stadt geradezu als „unsachlich“ bezeichnete. Was sich möglicherweise darauf bezog, dass die Stellungnahme wieder nur auf Leipzig einging und nicht auf das Problem auf Landesebene. Die Zahlen in der Stellungnahme de Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamtes jedenfalls bestätigen den Erfolg des Leipziger Kastrationsprogramms.

Aber es geht eben nicht um Leipzig. Und so stellte Andreas Geisler eben doch den Ursprungsantrag mitsamt dem Antrag der Freien Fraktion zur Abstimmung. Und der bekam mit 34:22 Stimmen bei sechs Enthaltungen auch die nötige Mehrheit. Denn manche Probleme sind nun einmal nur lösbar, wenn man der Landespolitik auf die Füße tritt und landesweite Regelungen fordert, wo Insellösungen allein nicht reichen.

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