Am 10. Oktober tagte mal wieder die Fluglärmkommission des Flughafens Leipzig/Halle und verkündete tatsächlich mal wieder ein paar kleine Fortschritte in der Fluglärmminderung. Aber trotzdem kam es zu Ärger, denn bei einem wesentlichen Punkt setzten sich die Flughafennutzer mit ihrer Mehrheit wieder durch: Die Sitzungen der Fluglärmkommission sollen nicht transparenter werden.

Den Ärger verbalisierte nach dieser Sitzung die Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF), die die Fluglärminitiativen in diesem Gremium vertritt.

„Die Fluglärmkommission für den Flughafen Leipzig/Halle hat in ihrer Sitzung vom 10.10.2019 eine künftige Veröffentlichung von Sitzungsunterlagen der Kommission abgelehnt. Hintergrund der Diskussion war eine Änderung der Geschäftsordnung der FLK in verschiedenen Punkten. Hierzu hatten die Vertreter der Bundesvereinigung gegen Fluglärm den Antrag eingebracht, künftig auch für die FLK am Flughafen Leipzig/Halle mehr Transparenz zu schaffen, indem die Sitzungsprotokolle und die sonstigen Unterlagen, über welche die FLK berät, im Internet veröffentlicht werden“, formuliert die BVF das Problem.

„Hiermit hätte die FLK für den Flughafen Leipzig/Halle mit anderen Fluglärmkommissionen, bspw. an den Flughäfen Frankfurt/Main und Berlin Brandenburg, gleichziehen können und entsprechend der dort geübten Praxis die Beratungsunterlagen veröffentlichen können. Lärmbetroffene Bürger hätten so die Möglichkeit, sich aus erster Hand über die Bemühungen der FLK um einen verbesserten Schutz vor Fluglärm und Luftverunreinigungen durch Flugzeuge zu informieren.“

Aber dieses Ansinnen hat die Fluglärmkommission für den Flughafen Leipzig/Halle in ihrer Sitzung am 10. Oktober abgelehnt und stattdessen mehrheitlich dafür votiert, auch künftig nur mittels einer Pressemitteilung des Vorsitzenden über die Inhalte und Ergebnisse der Sitzungen zu informieren.

Rechtsanwältin Dr. Franziska Heß, die als örtliche Vertreterin der BVF den Änderungsantrag eingebracht hatte, bedauert die Entscheidung der FLK: „Es ist schlicht traurig, dass die FLK für den Flughafen Leipzig/Halle sich nicht dafür entschieden hat, für mehr Transparenz und eine umfassende Information der Öffentlichkeit einzutreten. Besonders unverständlich war für die Vertreter der BVF, dass sich auch die Mehrzahl der von den Gemeinden entsandten Kommissionsmitglieder gegen unsere Vorschläge und damit gegen eine bessere Information ihrer Bürger gewandt hat. Deshalb bleibt es leider auch künftig dabei, dass die Inhalte der Arbeit der FLK am Flughafen Leipzig/Halle für die lärmbetroffenen Menschen nicht nachvollziehbar sind. Die BVF wird an dem Thema weiter aktiv bleiben und sich auch künftig für mehr Transparenz in der FLK Leipzig/Halle einsetzen.“

Und so erfahren auch die Leipziger nicht, wie ihr Vertreter in der Fluglärmkommission abgestimmt hat. Hat er dagegen gestimmt? Es bleibt im Dunkeln.

Welche kleinen Verbesserungen hat die Kommission tatsächlich beschlossen?

So soll es endlich nachts eine etwas gleichmäßigere Bahnverteilung geben: „Die Deutsche Flugsicherung informierte über die Sachstände zur Einführung der neuen Anflugverfahren ab 30.01.2020 und zu den Maßnahmen der Risikominimierung bei Bahnkreuzungen. Mit der Einführung der neuen Anflugverfahren ist eine Kapazitätserweiterung im Anflugbereich möglich. Die Veränderung des Bahnnutzungskonzeptes trägt diesem Verfahren Rechnung. In der Nacht soll somit baldmöglichst auch eine gleichmäßigere Verteilung herbeigeführt werden, am Tage werden Anflüge im Sinne der Vermeidung von Bahnkreuzungen verteilt.“

Und endlich soll es auch einen Lärmschutzbeauftragten geben: „Dem Antrag der Städte Leipzig und Schkeuditz sowie der Gemeinden Rackwitz und Kabelsketal folgend empfiehlt die FLK mit einstimmigem Beschluss dem Freistaat Sachsen die Bestellung eines Fluglärmschutzbeauftragten für den Flughafen Leipzig/Halle.“

Und erstaunlich schnell wurde ja das Travis-Portal online: „Der Flughafen stellt ab heute Informationen zu Flugspuren und Messergebnissen der Fluglärmmessanlage auf seiner Homepage mit dem Portal Travis (https:/travislej.topsonic.aero/) zur Verfügung.“

Eine kleine Ausbuchtung

Aber gleichzeitig stellte die Fluglärmkommission auch verwundert fest, dass es eine hohe Fluglärmbelastung dort gibt, wo man so überhaupt nicht damit gerechnet hat: „Bei der Auswertung mobiler Fluglärmmessungen im Bereich Lützschena wurde für diesen Messstandort eine lärmphysikalische Besonderheit festgestellt. Entgegen den Ergebnissen durchgeführter Lärmberechnungen ergab die Messung teilweise höhere Lärmbelastungen. Durch weitere Untersuchungen, welche durch das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie begleitet werden, soll deren Wirkbereich abgegrenzt werden. Die FLK wird über die Ergebnisse weiter informiert. Für das am Messort gelegene Wohnhaus realisiert der Flughafen bauliche Schallschutzmaßnahmen.“

Das Haus liegt dummerweise außerhalb des scheinbar so üppigen Lärmschutzgebietes. Was die Kritik der Fluglärmbetroffenen gerade im Leipziger Nordwesten und Westen bestätigt, dass der Flughafen viel zu wenige Lärmmessstationen (zehn Stück) unterhält und gerade da, wo der Lärm über die „errechneten“ Grenzen schwappt, nicht misst. Zumindest nicht dauerhaft, denn dort sind bis jetzt nur zwei mobile Messstationen im Einsatz. Jetzt soll endlich noch eine dritte angeschafft werden: „Vor diesem Hintergrund sagte der Flughafen die Beschaffung einer dritten mobilen Messstelle zur Sicherung der Messdurchführung zu. Somit können die durch die FLK beschlossenen Messungen an weiteren Standorten gesichert werden.“

Das ist genau der Trott, den die Bürgerinitiativen immer wieder kritisieren. Die Probleme werden kleingeredet und vertagt, gemessen wird erst nach erheblichem Druck. Und wenn sich der Tatbestand dann bestätigt, will man erst einmal prüfen. Vielleicht ist es ja nur eine kleine Ausbuchtung im ausgewiesenen Lärmschutzgebiet. Und nicht die Folge einer bequemen Dauernutzung z. B. der Kurzen Südabkurvung.

Leipzigs neuer Lärmaktionsplan wird beim Fluglärm wohl wieder nur ein zahnloser Tiger

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Es ist ein Unding, dass in einem Gremium, welches als Folge von großflächiger Verlärmung (durch wirtschaftliche Interessen!) überhaupt erst existieren muss, Geheimniskrämerei betrieben wird.
Denn es geht hier nicht um Firmeninterna oder sicherheitsrelevante Informationen.

Hier muss dem beeinträchtigten Bürger dargelegt werden, dass sich um seine berechtigten Belange wie versprochen und konkret gekümmert wird.

Aber die Realität sieht sehr anders aus, wie man an dieser Meldung wieder einmal feststellen muss.

Bei solchen Informationen merke auch ich Aggressionspotential.
Wen wundert noch Politikverdrossenheit und Wutbürgertum?

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