Die AfD ist ein Trojanisches Pferd. Im Wahlkampf hat sie für mehr Volksabstimmungen geworben und so getan, als sei das ein zentrales Anliegen ihrer Politik. In der Praxis tut sie das Gegenteil und beantragt die Kürzung der eh schön kärglichen Mittel, die im Haushalt des Landes zur Absicherung möglicher Volksentscheide eingestellt sind.

Im Januar war die Alternative für Deutschland (AfD) zwar mit einem Antrag vorgeprescht, Sachsen solle sich im Bundesrat für Volksentscheide auf Bundesebene stark machen. Als aber die anderen Fraktionen darauf nicht eingingen, weil es über eine symbolische Geste nicht hinausgegangen wäre, sah man gleich mal die direkte Demokratie behindert.

Aber der Handlungsraum des sächsischen Landtags ist nun einmal die Landespolitik. Und da sind es derzeit Grüne und Linke, die einen Antrag eingereicht haben, die Hürden für direkte Demokratie zu senken, nicht die AfD.

Die hat nun im Haushaltsausschuss gezeigt, was sie eigentlich vom Thema hält: Gar nichts. Sie hat die Kürzung der Mittel beantragt, die zur Kostenerstattung möglicher Volksentscheide vorgesehen sind. Sind zwar nur Peanuts. Und in der letzten Zeit wurden sie auch nicht eingesetzt, weil die Hürden in Sachsen so hoch sind, dass Volksbegehren meist gar nicht erst zustande kommen.

Lutz Richter, demokratiepolitischer Sprecher der Linksfraktion, empfand die beiden von der AfD eingebrachten Änderungsanträge zum Doppelhaushalt als geradezu makabren Scherz: “Achtung, das ist kein Aprilscherz: Die AfD-Fraktion, die sich in der Vergangenheit mehrfach für eine Stärkung direktdemokratischer Instrumente ausgesprochen hat, begehrt die Streichung dafür vorgesehener Mittel. In ihren heutigen Sitzungen behandeln der Verfassungs- und Rechts- sowie der Finanzausschuss zwei Anträge der AfD-Fraktion, die darauf abzielen, das im Regierungsentwurf eingestellte Budget zur Erstattung von Kosten für Volksanträge, Volksbegehren und Volksentscheide empfindlich zu kürzen. Im Bereich des Justizministeriums (Einzelplan 06) sollen die Mittel gar komplett gestrichen werden”, meldete sich die Linksfraktion am Mittwoch, 1. April, zu Wort.

“Das Vorhaben, die ohnehin schon geringen Mittel in diesem Bereich deutlich zu reduzieren, weisen wir zurück. Sachsen braucht mehr Demokratie und mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten”, sagt Richter. “Wer dieses Ziel tatsächlich verfolgt, muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Bedingungen für die Volksgesetzgebung zu verbessern. Das betrifft selbstverständlich auch die Töpfe für Kostenerstattungen. Die Vorschläge der AfD, dort zu streichen, müssen deshalb als Angriff auf die direkte Demokratie gewertet werden. Auch beweisen sie, dass alle Verlautbarungen der AfD, sie setze sich für mehr Bürgerbeteiligung ein, lediglich wahltaktischer Natur sind.”

So fängt man sich nicht nur Absagen der beiden Regierungsfraktionen CDU und SPD ein, sondern auch deftige Kritik von Linken und Grünen, die auf wichtigen Themenfeldern nun schon seit Jahren ackern.

Dabei ist der Antrag auf die Streichung der Mittel zur Kostenerstattung für Volksbegehren und Volksentscheiden von 24.000 auf 0 Euro sogar noch rechnerisch falsch, wenn die AfD hier nur auf eine Ersparnis von 14.000 Euro kommt. Dass die AfD gerade hier streichen will, ist umso frappierender, weil diese Summen in einem 17-Millarden-Euro-Haushalt tatsächlich nur Peanuts sind. Damit könnte man nicht mal einen neuen Polizisten einstellen oder eine neue Lehrerin.

Ein Streichvorschlag also mit hohem Symbolwert.

“Selbstverständlich sind die Hürden für die Volksgesetzgebung zu hoch. Das rechtfertigt es aber nicht, vorauseilend weitere Rahmenbedingungen zu verschlechtern. Dem Anliegen der Volksgesetzgebung ist damit ganz sicher nicht gedient. In der Haushaltsdebatte betrachtet die AfD das Thema offenbar als Manövriermasse”, meint Lutz Richter. Und verweist darauf, dass die Linke nun schon eine ganze Reihe von Initiativen für eine bessere Volksgesetzgebung in Sachsen gestartet hat, zählt die Jahreszahlen 1993, 1999, 2004 und 2010 auf. Alle Anträge von der Regierungsmehrheit abgelehnt. Der jetzt mit den Grünen gemeinsam vorgelegte Antrag ist also die Nr. 5.

Es war also sichtlich reine Camouflage, als die AfD mit dem Versprechen, mehr Volksbeteiligung zu erstreben, in die Wahlkämpfe zog. Da, wo es drauf ankommt, tut sie sichtlich das Gegenteil.

Oder mit Lutz Richters Worten: “Die AfD ist neu im Landtag. Lange hat sie nicht gebraucht, um sich in Angelegenheiten der direkten Demokratie unglaubwürdig zu machen.”

AfD-Antrag zur Streichung der Kostenerstattung für Volksanträge, Volksbegehren und Volksentscheide.

AfD-Antrag zur Kürzung der Kostenersattung für Volksbegehrern und Volksentscheide.

Gesetzantrag von Grünen und Linken zur Stärkung der direkten Demokratie.

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