Irgendwie war der Schnellzug 2014 schon unterwegs, als die Sachsen im Herbst ihr „Stopp“ in die Wahlurne warfen. Ein kleines „Stopp“, das erst einmal nur den kleinen Verantwortlichen für die rigide Kürzungspolitik in Sachsen aus dem Landtag warf - die FDP. Aber was die Wähler nicht mehr verhindern konnten, war, dass die gebündelten Kürzungsvermerke mit dem Doppelhaushalt 2015/2016 wieder zum Beschluss wurden.

Das betrifft nicht nur die Polizei, zu der die Linksfraktion die berühmten kw-Vermerke (für „künftig wegfallend“) schon thematisiert hat. Auch für die sächsische Justiz hat der Landtag mit dem Doppelhaushalt noch einmal heftige Personaleinschnitte beschlossen, obwohl auch 2014 schon viele Gerichte unter Personalmangel und Aufgabenstau klagten. Es fehlt an Richtern und Staatsanwälten. Zivilprozesse an sächsischen Landgerichten dauern im Schnitt ein volles Jahr, in Leipzig sogar fast 16 Monate. An den Verwaltungsgerichten liegt die Verfahrensdauer im Schnitt bei 14 Monaten, an den Sozialgerichten ebenfalls.

Umso erschreckender ist natürlich, wenn auch für das Jahr 2016 noch einmal 104 kw-Stellen im Plan stehen.

Dass das so eigentlich nicht funktioniert, ist auch Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) bewusst. Katja Meier, rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, hatte ihn gefragt, wie er mit diesen Stellenstreichungen umgeht. Wieder besetzen kann er die Stellen rein rechtlich in diesem Jahr nicht wieder. Beschlossen ist beschlossen.

„Der im Jahr 2016 zu leistende Stellenabbau wird durch den Vollzug der kw-Vermerke zum 31. Dezember 2016 erbracht“, teilt Gemkow mit, versucht aber trotzdem, die Stellen bis Jahresende soweit zu nutzen, wie es rechtlich möglich ist: „Bis zu diesem Zeitpunkt können die im Haushaltsplan des Einzelplans 06 mit einem kw-Vermerk 2016 versehenen Stellen ( …) im Rahmen der Stellenbewirtschaftung genutzt werden.“

Und dann?

Hat die Regierungskoalition von CDU und SPD wenigstens die Weichen umgelegt und ab 2017 dafür gesorgt, dass wieder Richter und Staatsanwälte eingestellt werden?

Hat sie wohl. Aber was in den Haushaltsverhandlungen an Zahlen festgeschrieben wurde, will der Justizminister der neugierigen Grünen-Abgeordneten noch nicht verraten. „Es gibt Planungen, zur Kompensation des im Jahr 2016 zu erbringenden Stellenabbaus zum 1. Januar 2017, 104 neue Stellen im Einzelplan 06 auszubringen“, gibt er zu. Also das, was 2016 gestrichen wurde, soll – so sieht es zumindest der Justizminister – 2017 wieder neu besetzt werden. Aber über die Details streiten sich noch die Minister: „Von einer Mitteilung der Einzelheiten zu den geplanten neuen Stellen (Fachbereich, Besoldungsgruppe und Kapitel des Einzelplans 06) wird gemäß Art. 51 Abs. 2 SächsVerf abgesehen. Der Regierungsentwurf für den Haushaltsplan 2017/2018 wurde bisher noch nicht von der Sächsischen Staatsregierung verabschiedet und in den Sächsischen Landtag eingebracht. Planungen für ein Ausbringen neuer Stellen als Kompensation für einen Teil des zu erbringenden Stellenabbaus sind daher noch immer Gegenstand der internen Willensbildung der Staatsregierung.“

Und „Gegenstand der internen Willensbildung“ heißt ja wohl: Man rauft sich noch um die Größenordnung und die Finanzierung. Denn ab 2018 muss ja ebenfalls weiter eingestellt werden, um die aufgerissenen Lücken der letzten Jahre zu schließen. Und da geht es jedes Mal ums Geld: Wie weit geht der Finanzminister mit? Und wo hat er seine Stoppschilder aufgestellt, was die Ausgaben fürs heißgeliebte Personal betrifft?

Die Kultusministerin und der Innenminister kennen das Gekabbel schon. Jetzt hat auch der Justizminister damit zu tun.

Anfrage von Katja Meier zu den kw-Vermerken im Justizressort. Drs. 5141

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