Existiert ein rechtes Netzwerk in Sachsens Sicherheitsbehörden? Nach dem Innenausschuss befasste sich am Dienstag, 4. September 2018, der Rechtsausschuss mit den Ermittlungen zum Chemnitzer Tötungsdelikt, dem geleakten Haftbefehl und den Neonazi-Demos. Am Mittwoch beschäftigt sich das Plenum mit den Ereignissen.

Das Bundesinnenministerium gab nun bekannt, die Identität des mutmaßlichen Syrers beruhe auf einer Selbstauskunft im Asylverfahren. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sei im Rahmen des laufenden Widerspruchsverfahren um eine Verifizierung bemüht. Der zweite Beschuldigte legte dem BAMF im November 2017 irakische Papiere vor, die sich später als Totalfälschungen herausstellten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sah sich deshalb gezwungen, Fehler einzuräumen. So habe die Untersuchung der Dokumente zu lange gedauert. Dies sei auf den Mangel an spezialisierten Mitarbeitern innerhalb der Behörde zurückzuführen.

Im Mittelpunkt der Sondersitzung stand am Dienstag jedoch der Leak des Haftbefehls durch einen Dresdner Justizbeamten. Vergangene Woche hatte ein Mitarbeiter der JVA Dresden den Haftbefehl gegen einen der Chemnitzer Tatverdächtigen abfotografiert und rechten Gruppen zugespielt. Der 39-Jährige war vergangenen Donnerstag suspendiert worden.

Sebastian Gemkow (CDU) möchte im Augenblick kein rechtes Netzwerk in sächsischen Justizkreisen erkennen. Der sächsische Justizminister sprach von einem „Einzelfall“. Die Opposition befürchtet hingegen weiter das Schlimmste. „Die Aufklärung der Umstände des geleakten Haftbefehls steht erst am Anfang“, findet Klaus Bartl (Linke). „Die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats in Sachsen ist in Zweifel gezogen, wenn sich Beamte offenbar mit voller Absicht über seine Regeln hinwegsetzen, um rechten Bewegungen zuzuarbeiten. Dadurch wird ein ungestörtes, unabhängiges Verfahren gefährdet und die Schuldfeststellung eher erschwert.“

Ob man inzwischen von einem rechten Netzwerk in sächsischen Sicherheitsbehörden sprechen könne, stehe auf einem anderen Blatt. „Das ist eine offene Frage, auf die der Ausschuss in seiner weiteren Arbeit Antworten finden muss“, so der Landtagsabgeordnete.

Am Abend des 4. September 2018 wurde bekannt, dass Angela Merkel nach Chemnitz reisen wird. Die Bundeskanzlerin nahm eine Einladung der Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) an. Ein Termin steht noch nicht fest. Am Mittwoch beschäftigt sich nun erst einmal das Landtagsplenum mit den Ereignissen des Ausschusses. Zum Beginn der zweitägigen Sitzung wird Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) eine Regierungserklärung abgeben.

Reise, Reise (2): Eine etwas andere Sicht auf eine Demo-Fahrt nach Chemnitz

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