Am 15. Juli beschloss der Sächsische Landtag das „Gesetz zur Einführung der Gemeinschaftsschule im Freistaat Sachsen“ mit den von CDU, Grünen und SPD initiierten Änderungen (Landtags-Drucksache 7/3000). Aus rein rechtlicher Sicht gilt der Volksantrag „Längeres gemeinsames Lernen in Sachsen“ damit formal als abgelehnt. Das Bündnis Gemeinschaftsschule in Sachsen hätte also sofort wieder ein Volksbegehren starten können, verzichtet aber darauf. Die Kraft wird jetzt anderweitig gebraucht.

Landtagspräsident Matthias Rößler teilte dem Bündnis entsprechend mit, dass ein Volksbegehren gestartet werden kann.

Aber auch wenn längeres gemeinsames Lernen in Sachsen mit dem durch die Regierungsfraktionen formulierten Gesetz nicht flächendeckend ermöglicht wird, hat sich das Bündnis „Gemeinschaftsschule in Sachsen“ dazu entschlossen, an dieser Stelle nicht weiterzugehen. Zukünftig sollen Initiativen, die längeres gemeinsames Lernen bei sich vor Ort realisieren wollen, mit aller Kraft unterstützt werden.

„Zwei Gründe sprechen gegen das Volksbegehren: 1. Der Volksantrag war politisch ein Erfolg: wesentliche Teile des Volksantrages sind nun Gesetz. Die Gemeinschaftsschule kommt, längeres gemeinsames Lernen wird ermöglicht, wenn vor Ort Eltern, Schüler, Lehrkräfte und Schulträger dies wollen“, kommentiert Burkhard Naumann, stellvertretende Vertrauensperson und Bündnis-Koordinator, den aktuellen Stand der Dinge.

„Wenn man allerdings auf die Schattenseiten schaut, dann könnte ein Volksentscheid einen größeren Erfolg versprechen, bei dem Gemeinschaftsschulen überall in Sachsen möglich wären, wie wir es ursprünglich im Volksantrag vorgesehen hatten. Der Ärger darüber ist in Teilen unseres Bündnisses groß. Deshalb ist aus meiner Sicht der 2. Grund gegen das Volksbegehren noch gewichtiger: 2. Ein Volksbegehren mit 450.000 Unterschriften bedeutet ein Vielfaches des Aufwands, den wir bereits beim Volksantrag durchlebt haben. Dies ist ehrenamtlich schlicht nicht leistbar.“

Was der sächsische Gesetzgeber da von den Bürgern verlangt, um ein Volksbegehren überhaupt auf die Beine zu stellen, ist nicht zu leisten, würde auch sämtliche Parteien im Freistaat gnadenlos überfordern.

Aber das war wohl beabsichtigt, als Sachsens CDU die Hürden für Volksentscheide und Volksbegehren vor fast 30 Jahren definierte: Die Bürger sollen sich in die Regierungsbelange nicht mit eigenen Gesetzesinitiativen einmischen.

Was das Bündnis Gemeinschaftsschule nach den Erfahrungen mit ihrem Vorstoß nun kritisch hinterfragt.

Drei Punkte zur Modernisierung der Volksgesetzgebung schlägt das Bündnis vor und fordert die Koalition zu raschen Reformen auf. Burkhard Naumann: „Der Volksantrag hat gezeigt, dass Bürgerinnen und Bürger aktiv mit Landespolitik und wichtigen Themen in Kontakt kommen – das Sammeln der Unterschriften und die Diskussionen auf Podien oder am Stand sind ein aktiver Beitrag zum Dialog und zur politischen Bildung. Es zeigt praktisch wie unser demokratischer Staat funktionieren kann.“

Die Forderungen des Bündnisses Gemeinschaftsschule in Sachsen:

1. Die Quoren, also die notwendigen Unterschriften für Volksantrag und Volksbegehren, müssen herabgesetzt werden. 15.000 Unterschriften für einen Volksantrag bzw. 150.000 für ein Volksbegehren sind ausreichend.

2. Es bedarf einer Beratung sowie Unterstützung und formal-juristischen Prüfung bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes durch die Landtagsverwaltung.

3. Der Unterschriftenbogen und Bestätigungsprozess muss modernisiert und vereinfacht werden. Zudem braucht es klare Ansprechpartner in der Regierung, die auch die Kommunen beraten können.

„Der gesamte Prozess der Volksgesetzgebung muss auf den Prüfstand“, betont Naumann. „Demokratische Hürden müssen auf sinnvolles Maß gesenkt werden und bürokratische Hürden dürfen nur minimal sein. Erst dann wird es im sinnvollen Maße möglich sein, dass das Volk gemäß Artikel 70 der Sächsischen Verfassung Gesetze einbringen und beschließen kann. Sachsen sollte ein wenig mehr direkte Demokratie wagen!“

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