Fünf Jahre ist es her, als ein jüngerer Wind in der Leipziger SPD zu wehen begann. Teil der Erneuerung war mit Irena Rudolph-Kokot eine Frau, die wie kaum eine andere schon zuvor das straßenpolitische Bild der SPD mitprägte. Antifaschistin, Gewerkschafterin, erste weibliche Stadtvorsitzende Leipzigs – nächste Station Landtag Sachsen? Irena Rudolph-Kokot im LZ-Gespräch.

Frau Rudolph-Kokot, drehen wir uns erst einmal um und schauen darauf, was Sie vor fünf Jahren erreichen wollten. Was ist gelungen, wo fehlts noch?

Ich bin 2018 als damals stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende angetreten, um den Verband zu verändern. Die Arbeit sollte nach innen transparenter und nach außen wahrnehmbarer werden. Außerdem hatten wir alle den Wunsch nach mehr Einigkeit in der Außenwahrnehmung und ich persönlich nach einem Schuss mehr Progressivität.

In der darauffolgenden Wahl wurde ich als erste Stadtverbandsvorsitzende in einer Doppelspitze in der Geschichte der Leipziger Sozialdemokratie gewählt – zumindest historisch betrachtet, werde ich dies bleiben.

Vieles ist in den Jahren gelungen – die Arbeit der Vorstände wurde transparenter und damit der Zugang zum Mitgestalten leichter gemacht, die Parität auf vielen Ebenen wurde eingeführt und die SPD ist wieder sichtbarer geworden in der Zivilgesellschaft. Mehr geht immer, das ist mir bewusst, nur im Ehrenamt ist alles auch eine Frage der Zeit und Kraft.

Klingt nach einem Weg, den man auch fortsetzen könnte. Warum wollen sie nicht noch mal für den Leipziger SPD-Vorsitz kandidieren?

Ich habe bis vor Kurzem gedacht, dass ich auch jetzt noch weitermachen muss im Vorstand, da lange Zeit keine Frau ihre Kandidatur erklärte. Dies hat sich jetzt geändert. Es liegt mindestens eine Interessensbekundung vor. Damit kann ich meine Kraft in ein anderes politisches Projekt stecken – meine Landtagskandidatur.

Ich möchte 2024 für den Landtag kandidieren und freue mich, wenn es dann Standverbandsvorsitzende gibt, die uns Kandierenden den Rücken freihalten und den Wahlkampf managen können.

Das lässt sich nicht verbinden?

Aus der Vergangenheit weiß ich, dass so ein Wahlkampf viel Einsatz braucht – zeitlich, finanziell und nervlich. Ich bin überzeugt, dass es meine Stimme gerade in Sachsen im Parlament braucht. Die Stimme einer Frau mit Migrationsgeschichte, einer Gewerkschafterin, Antifaschistin und leidenschaftlichen Demokratin.

Was ich auch nicht verschweigen möchte – ich gewinne wieder mehr Freiraum für mein zivilgesellschaftliches Engagement, welches für mich als Bewegungssozin sehr wichtig ist. In Zeiten der akuten Bedrohung der Demokratie und des von rechts erklärten Kulturkampfes, möchte ich authentisch und klar für die Themen eintreten können, die mir besonders wichtig sind.

Die wären?

Als Mensch mit Einwanderungsgeschichte reagiere ich sehr sensibel auf Ausgrenzung. Als Gewerkschafterin und jahrelange Arbeitnehmervertreterin ist mir alles um das Thema Gute Arbeit wichtig, egal ob es Tarifbindung, Mitbestimmung oder der Schutz unserer erkämpften Rechte als Beschäftigte ist.

Als Demokratin verteidige ich die Freiheitsrechte und verfolge deswegen sehr wachsam die Eingriffe des Staates. Als Antifaschistin stelle ich mich regelmäßig und, wo es nötig wird, Rechten entgegen.

Hat der Leipziger SPD-Vorsitz aber nicht auch eine förderliche Wirkung auch auf das Engagement in der Zivilgesellschaft?

Für die Effektivität in den eben genannten Arbeitsbereichen hat der Posten im Stadtvorstand keinen besonderen Nutzen. Meine über viele Jahre geknüpften Vernetzungen sind hierdurch auch nicht merklich beeinflusst worden.

Dass es nach außen, also außerhalb der Partei, gar keine ernstzunehmende Bedeutung hat, erlebte ich wiederholt durch die falschen Zuordnungen meiner Funktionen. Danach wurde ich sowohl im Stadtrat als auch im Landtag verortet, und das von Amtspersonen.

Es verfängt also eher die Wirksamkeit meiner Arbeit insgesamt als das vermeintliche Prestige des Postens.

Vielen Dank für die Einordnungen und das Gespräch.

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