„Es ist absolut geil, wieder da zu sein!“, war der erste Satz von Miroslav Jagatic auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. Ein operativer Eingriff hatte den Chemie-Trainer die letzten vier Spieltage zum Zuschauen gezwungen. Den erhofften Heimsieg verpasste der 46-Jährige am Dienstagabend bei seiner Rückkehr an die Seitenlinie nur knapp. Lange hatten die Leutzscher nach einem Mäder-Elfmeter geführt, vier Minuten vor dem Ende konnte der BFC jedoch noch gleichziehen.

Beachtliche 4.400 Zuschauer hatten zum Dienstagabend den Weg in den Alfred-Kunze-Sportpark gefunden. BFC-Fans waren nicht dabei. Der Verein hatte aus Protest das für ihn bestimmte Kontingent von 500 Tickets komplett zurückgegeben, nachdem das Spiel auf Drängen der Polizei vom ursprünglich geplanten Termin am Samstag nun mitten in die Woche gelegt wurde.

Auch die BSG Chemie und ihre Fans waren wegen dieser Verlegung stocksauer. Entsprechend fanden die Zuschauer auf ihren Spruchbändern auch markige Worte gegen die Polizei, den Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) und dessen Präsidenten Hermann Winkler. Letzterer wurde dabei beispielsweise zum „Infantino des Ostens“ erklärt.

Seit vier Spielen waren die Grün-Weißen ungeschlagen und hatten bereits sieben Punkte mehr eingesammelt haben als der Gegner und letztjährige Regionalliga-Meister BFC Dynamo. Entsprechend druckvoll ging die BSG Chemie die Partie auf dem schwierigen, tiefen Rasen auch an. Ein herzhafter Rechtsschuss von Janik Mäder aus gut 20 Metern, klatsche in der 16. Minute aber nur an die Querlatte des Berliner Gehäuses.

1:0 Janik Mäder (BSG Chemie), 40. Minute
Mit einem Tor klappte es für den 26-jährigen Ex-Cottbuser dann aber doch noch – per Elfmeter. Einen weiten Abschlag von Chemie-Keeper Benjamin Bellot hatte Manasse Eshele in der gegnerischen Hälfte auf Mäder weitergeleitet. Der dringt über rechts in den Strafraum ein und schießt in Richtung langes Eck. Dort schlägt der Berliner Chris Reher den Ball noch von der Linie. Eshele holt sich aber die Kugel und geht in einem Zweikampf mit Marvin Kleihs zu Boden. Ein wirkliches Foul war nicht zu erkennen, doch Schiedsrichter Patrick Kluge war sich sicher und zeigte auf den Elfmeterpunkt.

Janik Mäder übernahm diese Aufgabe und blieb kühl. Während BFC-Torhüter Kevin Sommer schon nach links ins Eck unterwegs war, schob der Leipziger den Ball mit der Innenseite flach in die Mitte. Chemie führte 1:0.

Großchance Lucas Surek (BSG Chemie), 58. Minute
Es hätte schon so etwas wie die Vorentscheidung sein können. Lucas Surek stürmt mit dem Ball am Fuß auf der linken Seite in den Strafraum. Mit Links zieht er ab und visiert flach das lange Eck an. Torwart Sommer ist aber rechtzeitig unten und macht sich gaaaaanz lang. Mit den Fingerspitzen fummelt er den Ball noch gerade so um den Torpfosten herum zur Ecke.

Chemie mit der größten BFC-Chance, 74. Minute
Auch auf der anderen Seite musste der Torhüter seine ganze Körperlänge zum Einsatz bringen, um einen Gegentreffer zu verhindern. Joey Breitfeld (BFC) schickte am linken Strafraumeck den Ball in Richtung Torraum. Doch bevor das Spielgerät seine eingeplante Flugkurve genießen konnte, griff Paul Horschig (BSG Chemie) per Kopf ein. Allerdings wurde die Ballistik (!) jetzt noch gefährlicher, so dass nun auch Keeper Bellot ins Fliegen kam und mit langem Arm im letzten Moment rettete.

1:1 Erlind Zogjani (BFC), 86. Minute
Kurz vor dem Abpfiff war Bellot dann dennoch geschlagen. Bei diesem Angriff der Berliner wirkten die Leutzscher etwas unsortiert. Zunächst versuchte es Leonidas Tiliudis (BFC) im Strafraum mit einem Torschuss von halblinks. Den konnte der Chemie-Keeper noch abwehren. Schließlich kam Torjäger Christian Beck (BFC) an den Ball, der es diesmal nicht selbst versuchte, sondern für den erst 18-jährigen Youngster Zogjani auflegte, der einfach draufhämmerte. Irgendwie fand sein Schuss tatsächlich die Lücke durch zahlreiche Beine und Körper ins linke Toreck. Der Ausgleich – und auch der Endstand.

So bewerten die Trainer das Spiel

Heiner Backhaus (BFC Dynamo):
4.500 Zuschauer an einem Dienstagabend, Dauerstimmung von Chemie – ein besseres Ambiente in der Liga habe ich in der kurzen Zeit, die ich im Nordosten bin, noch nicht gesehen. Schade, dass der Platz nicht auf dem selben Niveau war wie die Stimmung im Stadion. Es war heute nicht anders möglich, als das System des Gegner für uns zu spiegeln: Viele Zweikämpfe, viel Intensität, viele Sprints, viele Umschaltmomente auf beiden Seiten.

Die ersten zehn Minuten haben wir Glück gehabt, dass wir nicht in Rückstand geraten. Dann haben wir uns gefangen und hatten selber auch zwei glasklare Torchancen. In der zweiten Halbzeit haben wir mehr Risiko gespielt, vor allem nach den Einwechslungen der jungen Spieler – bezeichnenderweise hat auch ein A-Jugendspieler heute sein erstes Tor gemacht hat. Das war verdient, ich freue mich sehr für den Jungen.

Wir müssen uns nicht schämen, dass wir hier einen Punkt mitnehmen. Mit dem Punkt bei einem absoluten Spitzenteam in diesem Jahr, können wir sehr gut leben.

Miroslav Jagatic (BSG Chemie):
Es ist absolut geil, wieder da zu sein! Der Empfang war riesig. Das ist unser AKS, da ist immer Stimmung drin. Wir haben wirklich die geilsten Fans, wenn man sieht, wie die uns anfeuern. Das macht einfach Spaß.

Die ersten 20 Minuten haben wir den BFC überrannt. Wir haben souverän und sehr oft auch risikoreich gespielt, gerade in der Spieleröffnung. Wir als Trainerteam müssen da draußen auch immer mal selbst schmunzeln, weil das so eine schöne Freude ist zu sehen, wie wir in die Saison gekommen sind und uns jetzt so festigen. 27 Punkte sind absolut geil.

Klar hatte der BFC auch ein, zwei Chancen. Aber wir haben es gut wegverteidigt. Ich muss sagen, wir haben heute hier ganz klar zwei Punkte liegenlassen. Aber wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen – wir sind eine Gemeinschaft, und da gehört das dazu. Wir werden durch diese Spiele lernen.

Die Statistik zum Spiel: https://www.fussball.de/spiel/bsg-chemie-leipzig-bfc-dynamo/…

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