Im Rahmen einer digitalen Pressekonferenz stellte der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG) am Donnerstag, 27. Mai, die Zahlen zur Jahresstatistik 2020 vor. Zahlen, die einmal mehr zeigen, dass es auf dem sächsischen Wohnungsmarkt zwei völlig gegensätzliche Entwicklungen gibt. Während in den Landkreisen noch immer Wohnbestände rückgebaut werden müssen, wird in Städten wie Leipzig in Neubau investiert. Ein echter Spagat.

Mit einem Wohnungsbestand von 297.724 Wohneinheiten bewirtschaften Sachsens Wohnungsgenossenschaften 20,5 Prozent der Mietwohnungen in Sachsen und bieten Wohnraum für rund eine halbe Million Menschen. Die Bilanzsumme aller im VSWG organisierten Unternehmen betrug 2020 rund 9,5 Milliarden Euro.Als Unternehmen erwirtschaften sie mit jährlichen Umsatzerlösen von rund 1,36 Milliarden Euro einen Anteil von ca. 1,1 Prozent am sächsischen Bruttoinlandsprodukt. Sie beschäftigten mehr als 2.600 Mitarbeiter sowie 75 Auszubildende und 23 Studenten und sichern Aufträge sowie Arbeitsplätze in vielen weiteren, die Wohnungswirtschaft flankierenden Branchen.

„Gerade im coronageprägten Jahr 2020 waren sie somit auch ein sicherer Arbeitgeber ohne krisenbedingte Kündigungen, kaum Kurzarbeitergeld und einer weitergeführten Beschäftigung von Azubis und Studenten“, sagte Mirjam Luserke, Vorstand des VSWG.

Trotz der Auswirkungen durch Corona investierten die sächsischen Wohnungsgenossenschaften mit 567,5 Millionen Euro noch einmal mehr und lagen damit über 50 Millionen Euro über dem Vorjahreswert von 513 Millionen Euro. Neben den seit Jahren kontinuierlich auf nunmehr 304,4 Millionen Euro gestiegenen Instandhaltungsaufwendungen (Vorjahr 283,7 Millionen Euro) sind auch die Modernisierungsinvestitionen im Jahr 2020 deutlich auf 186,9 Millionen Euro gestiegen (Vorjahr: 135,2 Millionen Euro).

Damit zeigt sich zum einen der zunehmende Instandhaltungsaufwand der zweiten Sanierungswelle und zum anderen die Baupreissteigerungen der letzten Jahre. Lediglich für den Neubau wurden mit 76,2 Millionen Euro rund 18 Millionen weniger als im Vorjahr investiert.

„Dabei zu berücksichtigen sind zum Teil geringfügige Bauverzögerungen von drei bis vier Monaten, welche Lieferengpässe aufgrund der Corona-Pandemie mit sich gebracht haben. Für das Jahr 2021 rechnen wir daher mit einem Aufholeffekt bei den Baufertigstellungen“, erläutert Sven Winkler, Referent Betriebswirtschaft des VSWG.

Leerstand im Freistaat stieg weiter an

Besonders steigen die Leerstände außerhalb der drei Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz seit 2015 wieder langsam an. Mit einem aktuellen Leerstand von durchschnittlich 8,3 Prozent liegen die Leerstände bereits 0,5 Prozentpunkte über dem Tiefstwert von 2014 und 2015 bzw. 0,2 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert.

Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch der Rückbau wieder deutlich zunimmt, so der VSWG. Ohne diesen Rückbau wäre der Leerstand allein im Jahr 2020 um 0,4 Prozentpunkte angestiegen. Durch den Rückbau von 501 Wohnungen lag die Steigerungsrate nur halb so hoch.

Leerstand bei sächsischen Wohnungsgenossenschaften. Grafik: VSWG
Leerstand bei sächsischen Wohnungsgenossenschaften. Grafik: VSWG

Insgesamt variiert die Leerstandsquote bei den sächsischen Wohnungsgenossenschaften zwischen 0 und 38,1 Prozent. Mittlerweile weisen 15 von ihnen einen Leerstand von mehr als 20 Prozent auf. Das entspricht einem von 14 Unternehmen. Auf Kreisebene am niedrigsten liegt der Leerstand bei den Dresdner Wohnungsgenossenschaften mit 2,5 Prozent.

Das ist auch Ergebnis der Tatsache, dass Dresden seine eigene Wohnungsgesellschaft zur Entschuldung einst komplett verkauft hatte und die Wohnungsgenossenschaften die zentrale Rolle bei der Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums übernehmen mussten. Erst 2020 hat Dresden ja wieder eine eigene Wohnungsgesellschaft gegründet, um endlich wieder sozialen Wohnungsbau vorantreiben zu können.

In Leipzig liegt die Leerstandsquote der hier tätigen Genossenschaften genauso wie in Chemnitz bei 7,1 Prozent und damit deutlich unterm sächsischen Durchschnitt. Im Vergleich zur offiziellen Wohnungsleerstandsquote liegt der Wert freilich deutlich höher. 2019 meldete Leipzig eine Leerstandsquote von 2,8 Prozent.

Die Differenz hat teilweise damit zu tun, dass einige Wohnungsgenossenschaften vor allem Bestände in der Randlage besitzen, während auch zuziehende Leipziger vor allem das Wohnen in innerstädtischen Bereichen bevorzugen. Und das auch aus einem Grund, den die Genossenschaften kaum beeinflussen können: die oft ungenügende Anbindung der Wohngebiete durch den ÖPNV.

Trotz der etwas geringeren Investitionssumme konnten durch Neubau insgesamt rund 411 zusätzliche Wohnungseinheiten an den Markt gebracht werden. Die meisten entstanden in Leipzig (101), gefolgt von Dresden (79).

„Der Neubau ist eine wichtige Säule in der nachhaltigen Bewirtschaftung der Wohnungsbestände; nicht nur im urbanen, sondern auch im ländlichen Raum. Gleichwohl bedient der Neubau mit zur Refinanzierung der erforderlichen Mietpreise von mindestens 10,00 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nur eine vergleichsweise kleine Zielgruppe“, geht der VSWG auf das Hauptproblem bei heutigen Bauten ein: Für sozial verträgliche Mieten kann man bei heutigen Baupreisen nicht mehr bauen, wenn es dazu keine staatliche Förderung gibt.

Vor diesem Hintergrund sind die Neubauvorhaben insgesamt überwiegend kleinteiliger Natur zwischen zehn und 30 Wohnungen pro Bauprojekt. Die Neubauprojekte verteilen sich ziemlich genau je zur Hälfte auf die drei Städte Chemnitz, Dresden und Leipzig sowie die Gebiete außerhalb der drei Großstädte.

Um günstige Mieten zu erhalten, wird also vor allem in die Sanierung der Bestände investiert.

Die durchschnittliche Nettokaltmiete (Nutzungsgebühr) der sächsischen Wohnungsgenossenschaften ist im Jahr 2020 auf 5,11 Euro leicht gestiegen. Der Anstieg von nur 1,6 Prozent lag damit in etwa in der Größenordnung der Inflationsrate.

Durchschnittliches Mietniveau bei sächsischen Genossenschaften. Grafik: VSWG
Durchschnittliches Mietniveau bei sächsischen Genossenschaften. Grafik: VSWG

Berücksichtige man jedoch die Neubau- und Modernisierungsvorhaben, ergebe sich für den Bestand sogar eine deutlich geringere Mietendynamisierung, betont die VSWG.

So haben insgesamt 45,5 Prozent der Mietwohnungen vertraglich vereinbarte Mieten bis 5,00 Euro pro Quadratmeter. Hierunter fallen vor allem langjährige Mietverträge, Mietverträge in Märkten mit hohem Leerstand oder Mietverträge für Wohnungen in eher teilmodernisierten Wohngebäuden.

Weitere 38,8 Prozent haben vertraglich gebundene Mieten zwischen 5,01 und 6,00 Euro. Die 12,2 Prozent der Mieten im Bereich von 6,01 bis 7,00 Euro sind u. a. in überdurchschnittlich modernisierten Gebäuden im ländlichen Raum oder im urbanen Raum zu finden. Nur 1,0 Prozent aller Wohnungen weisen Mieten über 8,00 Euro aus, davon etwa jede Zehnte über 10,00 Euro. Diese Wohnungen sind fast ausschließlich im Bereich des Neubaus der letzten Jahre angesiedelt.

„Zusammenfassend liegen 85 Prozent aller Bestandsmietverträge der sächsischen Wohnungsgenossenschaften unter 6 Euro pro Quadratmeter und sind damit ein Garant für sicheres und bezahlbares Wohnen im Freistaat Sachsen“, betont der VSWG-Vorstand.

Freilich legten auch die Nebenkosten 2020 wieder zu.

Die Vorauszahlungen für kalte und warme Betriebskosten betrugen im Dezember 2020 insgesamt 2,24 Euro pro Quadratmeter und sind gegenüber dem Vorjahr (2,19 Euro pro Quadratmeter) leicht um 5 Cent pro Quadratmeter gestiegen. Die Erhöhung resultierte dabei vollständig aus den kalten Betriebskosten, die primär den Anstieg der kommunalen Gebühren für Abfall, Abwasser etc. sowie überwiegend externe Kosten für Hausmeister, Grünpflege und Winterdienst widerspiegelt. Die Kosten für warme Betriebskosten erhöhten sich nur marginal um 1 Cent auf 1,03 Euro pro Quadratmeter.

Ein wesentlicher Berichtspunkt waren freilich auch die Klimaschutzbemühungen der Wohnungsgenossenschaften.

Dazu kommen wir im nächsten Beitrag zum Thema.

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