Elektrisch fahren die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) zwar schon seit 124 Jahren und teilelektrisch auch schon geraume Zeit auf einigen Buslinien. Aber das richtige E-Bus-Zeitalter begann im Probebetrieb am 5. Mai auf der Linie 89. Seitdem rollen dort die nagelneuen Elektrobusse der LVB im Regelbetrieb, sieben Busse, die seit Montag, 6. September, sogar im 10-Minuten-Takt fahren. Zeit für einen Lokaltermin.

Denn bei der Gelegenheit luden die LVB zum Termin an der Endhaltestelle Connewitz Kreuz, dort, wo auch die Ladestation für den Bus steht. Alle zwei bis drei Runden fährt der Busfahrer unter den Ladearm und lässt seinen Bus vier bis fünf Minuten lang wieder auftanken.Die Batterie wird nie leergefahren, betont Ronald Juhrs, technischer Geschäftsführer der Leipziger Verkehrsbetriebe. Stets ist die Batterie noch 60 bis 70 Prozent aufgeladen. Indem sie in kurzen Abständen wieder nachgeladen wird, bleibe die Batterie länger funktionstüchtig.

Auch ans Sparen wird gedacht bei den neuen Bussen, denn ein E-Bus dieser Bauart ist mit 650.000 Euro ungefähr doppelt so teuer wie ein neuer Diesel-Bus.

„Mit dem Einstieg in die E-Bus Technologie wollen wir die Stadt Leipzig in ihren Bemühungen zum Klimaschutz weiter unterstützen und einen Beitrag für eine klimabewusste Stadt leisten. Dafür beschaffen wir nicht nur neue Fahrzeuge, sondern bauen auch die notwendige Ladeinfrastruktur auf der Strecke und auf unserem Betriebshof in Lindenau aus“, so Ronald Juhrs.

Der auch betont, dass der Umstieg auf E-Busse auch ein kompletter Technologiewechsel im Unternehmen ist. Das hat Vor- und Nachteile. Zu den Vorteilen gehört: Der Aufwand in der Betriebswerkstatt verringert sich, denn die E-Busse haben deutlich weniger Bauteile, die verschleißen. Im Betrieb laufen sie ruhiger als Busse mit Verbrennermotoren. Selbst das ständige Halten und Wiederanfahren in der Stadt kommt ihrer Bauweise viel mehr entgegen als der von Verbrennern.

Pressetermin an der Endstelle Connewitz Kreuz. Foto: Ralf Julke
Pressetermin an der Endstelle Connewitz Kreuz. Foto: Ralf Julke

Schwieriger wird es, so Juhrs, wenn die LVB auch die längeren Buslinien – wie etwa die 60 oder die 70 – auf E-Busse umstellen wollen. Denn dann machen sich die Ladezeiten im Ablaufplan bemerkbar. Aufgeladen wird ja immer nur an der Endstelle. Und wenn die Busse längere Touren haben, muss auch länger aufgeladen werden. Von Verspätungen auf dem Rundkurs ganz abgesehen. Absehbares Ergebnis, so Juhrs: „Wir brauchen zehn bis zwölf Prozent mehr Busse.“

Und damit auch Busfahrer. Wobei er auch einschränkt, dass das noch in Teilen Zukunftsmusik ist und die Planungen bei den LVB noch laufen. Denn neue Batteriegenerationen auf dem Markt können das Bild schon wieder ganz anders aussehen lassen.

Denn fest steht erst einmal nur, dass nach der Linie 89 die Linien 74 und 76 die nächsten sein werden, die auf E-Busse umgestellt werden. Schon Mitte September gehen hier die E-Busse in den Probebetrieb.

Die notwendige Ladeinfrastruktur für den E-Bus-Betrieb wurde in den letzten Wochen aufgebaut. An der Haltestelle Herzzentrum (Linie 76) und Holzhausen, Sophienhöhe (Linie 74) wurden die Ladestationen aufgestellt. Bis Dezember soll es dann auch auf diesen Linien in den Regelbetrieb gehen.

„Mit dem verbesserten Angebot auf einer weiteren Buslinie testen wir weiter die Fahrzeuge und die Technologie mit unseren Fahrgästen. Bereits auf Buslinie 89 und 75.000 rein elektrisch gefahrenen Kilometern konnten die Fahrzeuge ihre Verlässlichkeit zeigen. Besonders der Fahrkomfort kommt bei Kunden und Mitarbeitern gut an“, erklärt Torsten Schmidt, LVB-Projektleiter E-Bus.

Der auch schon berichten kann, was die E-Busse eigentlich an Strom fressen. Und da gab es durchaus eine positive Überraschung, denn im Schnitt verbrauchen sie nur 1,1 Kilowattstunden auf einen Kilometer, was umgerechnet rund 11 Litern Diesel auf 100 km entspräche. Ein im Busverkehr erstaunlich niedriger Wert, denn für gewöhnlich verbrauchen Dieselbusse auf 100 Kilometer rund 38 Liter Sprit.

Die Werte schwanken natürlich – an kalten Tagen wird mehr Strom verbraucht, etwa für die Heizung, an warmen Tagen wie am Montag sogar weniger als 1 Kilowattstunde/km. Was eben auch heißt, dass sich die Busse im Lauf ihrer zehnjährigen Betriebszeit auch über den deutlich niedrigeren „Sprit“-Verbrauch amortisieren. In welchem Maß genau, das freilich muss auch Torsten Schmidt noch beobachten. Denn wirklich abrechenbare Zahlen zum Verbrauch von Strom und Diesel gibt es ja erst am Jahresende

Insgesamt 21 neue E-Busse haben die LVB in diesem Jahr beschafft, eine weitere Beschaffung von E-Gelenkbussen (Stückpreis um die 850.000 Euro) ist für 2022 vorgesehen. Damit steigen die LVB schrittweise in die E-Bus-Technologie ein und sind – so betont das Unternehmen – voll im Plan.

Ab Mitte nächsten Jahres sollen dann die zehn neuen E-Gelenkbusse auf Buslinie 60 eingesetzt werden. Der Auftrag ging nach einem Ausschreibungswettbewerb an VDL Bus & Coach.

Und dass das ganze E-Bus-Programm mit in die Mobilitätsstrategie der Stadt gehört, betonte bei der Gelegenheit Michael Jana, der Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes der Stadt. „Entsprechend unserer Mobilitätsstrategie 2030 und des Nahverkehrsplans tragen die emissionsfreien Fahrzeuge zum Klimaschutz und zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Mit der Angebotsverdichtung stärken wir nicht nur die Innenstadt und die Händler, sondern erleichtern auch den Umstieg vom Auto in den ÖPNV“, so Michael Jana.

Und da die E-Busse, die nach Auskunft der LVB allesamt mit Ökostrom fahren, auch keine Emissionen abgeben, tragen sie direkt auch zur Luftsauberkeit in Leipzig bei. Und in den Vierteln, durch die sie fahren – natürlich auch in der Innenstadt – zur Senkung des Geräuschpegels.

Seit dem Frühjahr errichten die Verkehrsbetriebe auch noch auf dem Busbetriebshof Lindenau einen neuen Busport zum Laden und Abstellen der E-Busse. Mitte August begannen hier die Hocharbeiten und der Bau liegt im Plan. Ende dieses Jahres soll der Busport in Betrieb genommen werden. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie durch das Landesamt für Straßenbau und Verkehr.

Und das Unternehmen nutze die Gelegenheit, auch noch zu werben für das nun wesentlich komfortablere Angebot auf Buslinie 89. Am Montag, 6. September, waren LVB-Mitarbeiter/-innen auf den Fahrzeugen unterwegs und verschenkten 2.000 Gutscheine für die Milchbar Pinguin in der Innenstadt. Mit weiteren Aktionen wollen die LVB auf die Verbesserungen aufmerksam machen.

„Für die Leipziger gestalten wir schrittweise die Leipziger Verkehrswende und wollen damit eine echte Alternative sein. Dafür fahren wir mit 100 Prozent Ökostrom und bauen unser attraktives Angebot weiter aus: mit der Verlängerung der Buslinie 60, der Taktverdichtung auf Linie 89, weiteren Flexa-Pilotgebieten im Stadtgebiet und dem weiteren Ausbau der E Bus-Technologie“, so Sandy Brachmann, Bereichsleiterin Marketing der Leipziger Verkehrsbetriebe.

Wobei es noch einige Jahre und noch viele Fördergelder braucht, bis die LVB ihr komplettes Busnetz auf Elektro umgestellt haben. Oder andere klimafreundliche Antriebsarten wie etwa die Brennstoffzelle, denn auch diese wird vom Bund gefördert. Und ohne Förderung wäre der komplette Technologiewechsel nicht zu stemmen für die LVB, so Juhrs. Der sich schon freut, dass die LVB inzwischen wieder 70 bis 80 Prozent der Fahrgäste haben wie in der Zeit vor Corona.

Was auch für die Schaffung neuer Angebote wichtig ist, denn ohne Zuspruch der Fahrgäste oder gar die Neugewinnung von Fahrgästen machen neue Angebote wenig Sinn. Bis zum Jahresende wünscht sich Juhrs jetzt zumindest 90 Prozent der Vor-Corona-Zahlen im Fahrbetrieb, was durchaus gelingen könnte, wenn das öffentliche Leben weiter erwacht.

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Es gibt 4 Kommentare

“Der sich schon freut, dass die LVB inzwischen wieder 70 bis 80 Prozent der Fahrgäste haben wie in der Zeit vor Corona.

Was auch für die Schaffung neuer Angebote wichtig ist,denn ohne Zuspruch der Fahrgäste oder gar die Neugewinnung von Fahrgästen machen neue Angebote wenig Sinn.”

Aha. Kein zusätzliches Angebot, wenn es nicht mehr Fahrgäste werden… Aber werden es nicht höchstwahrscheinlich mehr Fahrgäste, wenn es zusätzliche Angebote gäbe? Wie viele Mio. Fahrgäste müssten es denn konkret werden, damit die LVB (und die Stadt) aktiv werden? Möchte man keine Positivspirale anschieben, statt auf der Stelle stehen zu bleiben?

2019 sind – schon vor Corona – die Fahrgastzahlen gesunken, obwohl die Stadt gewachsen ist. 2018 haben sie stagniert. Ist das kein Weckruf gewesen?

Leider verfestigt sich bei mir der Eindruck, dass mit den LVB keine Verkehrswende zu schaffen ist! Und mit den beaufsichtigenden Stadträten auch nicht.

“Pressetermin an der Endstelle Connewitz Kreuz.”

Dem aufmerksamen, regelmäßigen Nutzer wird aufgefallen sein, dass die LVB die Haltestelle seit einiger Zeit “Connewitzer Kreuz” nennt.

Macht sich gut, der Bus. Klappert bislang weniger als die Solaris-Standardteile und beschleunigt besser als die MAN-Hybriden.

Die beschaffte Ladetechnik kommt übrigens, soweit ich weiß, aus Böhlitz-Ehrenberg. Auch schön, dass der Auftrag aus der Region bedient wird und der Traditionsstandort (“VEB Schaltanlagenbau”) gestärkt wird.

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