Die Internationale Automobilausstellung (IAA) 2025 in München steht im Zeichen der Elektromobilität, der Digitalisierung, des vernetzten Fahrens und anderer Innovationen. Nur die deutschen Automobilhersteller und Politiker beklagen eine fehlende Technologieoffenheit, fordern ein Ende des Verbrennerverbots und fürchten um den Industriestandort Deutschland. Mit letzterem haben sie recht, allerdings nicht wegen des Verbrennerverbots.
Ein Blick in die Geschichte
Anfangs der 1970er Jahre kamen japanische Autos auf den deutschen Markt und eroberten aus dem Stand erhebliche Marktanteile. Woran lag das? Das Design war es nicht, sie waren nicht unbedingt eine Augenweide. Allerdings hatten sie, oft serienmäßig, beispielsweise elektrische Fensterheber und Zentralverriegelung. Es dauerte noch Jahre, bis diese teuren Sonderausstattungen bei deutschen Herstellern zur Normalität wurden.
Auch die Einführung des Katalysators, verbunden mit der flächendeckenden Versorgung mit bleifreiem Benzin, brachte nicht nur die deutsche Automobilindustrie scheinbar an den Rand des Ruins.
Während 1984 bereits mit Katalysator ausgestattete Fahrzeuge an Länder mit strengeren Abgasregeln ausgeliefert wurden, brauchte es für Deutschland eine Übergangsfrist bis 1989. Über das Verschlafen der Hybrid-Technologie, der Elektromobilität, Dieselskandal und ähnliches könnte man Bände schreiben, belassen wir es dabei.
Die deutsche Automobilindustrie ist kein Treiber bei Innovationen, sie ist schon lange zum Getriebenen geworden.
Verbrennerverbot und Technologieoffenheit
Was ist dieses Verbrennerverbot eigentlich? Schon 2022 sagte der niederländische Europaabgeordnete Jan Huitema (Renew) dazu: „Ab 2035 sollen alle neuen Autos, die auf den Markt kommen, emissionsfrei sein. Damit soll sichergestellt werden, dass der Verkehrssektor bis 2050 klimaneutral werden kann.“
Ist damit der Fokus auf Elektromobilität gesetzt? Die einfache Antwort ist „Ja“, die alternativen Lösungen sind den Nachweis, dass sie emissionsfrei arbeiten, bisher schuldig geblieben. Die einzige Ausnahme ist der Betrieb mit grünem Wasserstoff, allerdings wird das eher ein Nischenprodukt bleiben. E-Fuels sind, streng nach der Definition, nicht emissionsfrei. Schließlich werden die Abgase am Auspuff gemessen.
Das Problem bei den alternativen Kraftstoffen wird aktuell verschärft, für ihre Produktion ist Strom aus erneuerbaren Energien die Voraussetzung. Die deutsche Wirtschaftsministerin will allerdings mehr fossilen Strom.
Zurück zur IAA 2025 und der Politik
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder äußert sich deutlich, er will das „Verbrennerverbot“ kippen und Autofahren attraktiver machen.
Im Deutschlandfunk sagte er: „Jeder muss wissen, ohne Auto wird Deutschland industriell nicht funktionieren. Es gibt keinen Ersatz dafür. Und wenn uns das nicht gelingt, dieses Herzstück unserer Industrie zu erhalten, werden tausende von Menschen arbeitslos, werden ganze Regionen massiv betroffen. Und ich bin auch nicht bereit und wir sind nicht bereit, den Chinesen und anderen einfach die Automobilmärkte der Zukunft zu überlassen. Nicht nur unser, nicht den europäischen, sondern darüber hinaus.“
Bundeskanzler Merz ist scheinbar begeistert von der Entwicklung bei der Elektromobilität, fordert aber trotzdem: „Es ist wichtig, dass wir uns dabei Technologieoffenheit bewahren. Es gibt viele Technologien neben der Elektromobilität, die zu mehr Klimafreundlichkeit im Verkehr beitragen können und auch müssen.“
Auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer fühlt sich berufen, in dieses Lamento einzustimmen. In seiner Pressemitteilung vom 9. September äußert er sich: „Das geplante Verbrenner-Aus 2035 ist ein Irrweg. Es ist ideologisch getrieben, gefährdet unsere Wettbewerbsfähigkeit und zerstört industrielle Wertschöpfung in Deutschland. Wir brauchen Technologieoffenheit statt pauschaler Verbote.“
Die Frage, die sich stellt, ist: Wie sehen die Automobilmärkte der Zukunft, die Söder nicht den Chinesen überlassen will, aus und wird deutsche Technologieoffenheit einen Einfluss auf diese Märkte haben?
Anders gesagt: Verschläft die deutsche Automobilindustrie die Antriebswende?
Was sagt die Wirtschaft?
Ein Paradebeispiel ist Oliver Blume. Als Vorstandsvorsitzender von VW bekennt er sich zur Elektromobilität: „Mit Batteriezelle, Batteriesystem und E-Antrieb haben wir die Schlüsseltechnologien der E-Mobilität selbst in die Hand genommen und können so die besten Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden entwickeln.“ Die Schließung der Cellforce-Batteriezellfabrik in Kirchentellinsfurt, die er als Vorstandsvorsitzender von Porsche verantwortet, spricht eine andere Sprache.

Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), schätzt das Festhalten der deutschen Automobilindustrie am Verbrenner im Tagesschau-Interview wie folgt ein:
„Das sind noch immer die Nachwirkungen der verfehlten Politik der Vergangenheit. Man hat eben viel zu lange auf das Verbrennerfahrzeug gesetzt und auch versucht, in Brüssel die Grenzwerte aufzuweichen, alles dafür zu tun, dass das eben so bleibt.
Und diese vergangene Politik, das sind jetzt die Nachwirkungen und auch die Konsequenzen daraus, dass wir eben nicht schnell genug auf die Elektromobilität gesetzt haben, wo andere Länder, sei es jetzt auch spezifische Hersteller aus den USA, oder gerade aus China, sehr stark nach vorne geprescht sind und andere europäische Anbieter eben auch. Da müssen die Deutschen jetzt massiv aufholen.“
Fazit: Es gibt gegensätzliche Signale von der IAA 2025, einerseits Bekenntnisse zur Elektromobilität, auch vom Bundesministerium für Verkehr. Andererseits fordern Politiker das Aufweichen der Flottengrenzwerte, sogenannte Technologieoffenheit und die Aufhebung des Verbrennerverbots.
Am Ende wird hier der Markt entscheiden, wie ja gerade konservative Politiker immer fordern. Dessen Zeichen stehen aber auf Elektromobilität.
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Es gibt 11 Kommentare
Die Argumentation kann ich gut nachvollziehen – ein guter Freund ist ebenfalls mit Netzkarte unterwegs und berichtet regelmäßig von ähnlichen Schauergeschichten.
Aber wenn wir politisch endlich den längst überfälligen Schritt in Richtung schwellenarmer, nachhaltiger Mobilität getan haben, dürfen wir das nicht wegen jahrzehntelanger Versäumnisse wieder einstampfen.
Die aufgezählten Mängel müssen zügig behoben werden, da bin ich ganz bei Ihnen.
Doch wie lange wollen wir noch warten, bis der Schienenverkehr das Niveau erreicht, bei dem Ihre Sorgen kleiner wären?
Der Zug für eine vereinfachte und klimafreundliche Mobilität ist längst abgefahren – wir sollten alles daransetzen, dass er nicht endgültig verpasst wird.
Ja, man könnte das im Grunde aus einer Krisenintervention (das 9-Euro-Ticket lag als Idee vermutlich in einer Notfallschublade) herrührende Deutschlandticket quasi als Errungenschaft ansehen und zu etwas wie Daseinsvorge hinzudenken, lieber User “Christian”. Die Eisenbahn geht aber seit Jahren, eigentlich Jahrzehnten auf dem Zahnfleisch. Ich als wirklich erfahrener Bahnreisender sehe im Grunde nur Niedergang, etwa das Versagen eines ICE 4 bei flotter Fahrt, alleralbernste Defekte wie ausfallende Lokomotivführer-Monitore, die zur Zugräumung führen, und so weiter, vom Schienennetz gar nicht zu reden. Gerade bleibe ich anscheinend in Bad Hersfeld liegen. Ich bin nicht mit dem Deutschlandticket zugange, aber ich habe das, was man früher Netzkarte nannte. Ich kann nicht empfehlen, daß die Flatrate für den ÖPNV stärker staatlich gestützt wird, wenn die Schienenverkehrswege, die Bahnhöfe, das rollende Material und letztlich das Personal so ramponiert bleiben. Und ein einziges Fingerhakeln zwischen zahllosen Interessnvertretern (m/w/d) dafür sorgt, daß alles weiter niedergeht.
Viele zentrale Leistungen der Daseinsvorsorge – ÖPNV, Krankenhäuser, Schulen, Feuerwehr, Kultur, aber auch Bau und Erhalt des Straßennetzes samt der externen Kosten des Autoverkehrs! – sind dauerhaft Zuschussgeschäfte.
Sie werden bewusst aus Steuermitteln getragen, weil sie allen Bürgern zugutekommen, soziale Teilhabe sichern und nachhaltiger sind als rein privatwirtschaftliche Lösungen.
Gerade beim Verkehr senkt eine staatliche Finanzierung langfristig Folgekosten durch Klimaschäden, Luftverschmutzung und Infrastrukturverschleiß.
Das Deutschlandticket folgt also einem Prinzip, das wir an vielen Stellen längst akzeptieren und wollen. Ich sehe hier nur eine Rolle rückwärts zugunsten anderer Verkehrsträger.
Mehr als der heute konkret gemachte Preisaufschlag ab 2026 ist zu kritisieren, daß man sich nun einen jährlichen Preisanstieg genehmigt hat. Anscheinend will man rauskriegen, ab wann die Leute abspringen.
Ob, wie in
https://www.jungewelt.de/artikel/508629.%C3%B6ffentlicher-nahverkehr-verkehrsminister-verteuern-den-verkehr.html zu lesen ist, wer wenig verdient auch nicht fahren soll, halte ich allerdings für etwas dick aufgetragen.
Eigentlich ist dieses Ticket sehr günstig, für das, was es bietet. Eine drei-Zonen-Monatskarte war in vielen Verkehrsverbünden teurer, selbst mit zwei Zonen kam man mindestens in die Nähe. Was hat eine nur-Leipzig-Monatskarte zuletzt gekostet?
–
Es ist halt ein politisches Projekt, was im Hintergrund nicht ganz zuende gestaltet ist. Gut, dass es diese Pendlersubvention gibt (auch wenn es negative Effekte wie generierte Extranutzung bis zur stellenweisen Überlastung erzeugt), aber es muss halt auskömmlich finanziert werden. So gut es ist, dass die Verkehrsunternehmen mal über Sparpotential wie Fahrradleihe nachdenken, aber es kann ja nicht sein, dass durch solche Ideen des Bundes ganze Unternehmen ins Straucheln kommen, die eine Daseinsfürsorge betreiben.
Wieder ein Paradebeispiel politischer Kurzsichtigkeit:
Seit über zwei Jahrzehnten fließen Hunderte Milliarden Euro an direkten und indirekten Subventionen in den Autoverkehr, doch das Deutschlandticket – für das nach der bereits schmerzhaften Erhöhung auf 58 Euro ausdrücklich Preisstabilität versprochen wurde – soll schon wieder teurer werden.
Bayern wollte zunächst nicht einmal den Länderanteil von 1,5 Milliarden Euro beisteuern (siehe Bild, Pappnase rechts). Der Bund verweigert ebenfalls jede Aufstockung der Zuschüsse. Die Rechnung soll also am Ende der Fahrgast bezahlen.
Trotzdem glauben die Verantwortlichen allen Ernstes, mit einer weiteren Preisschraube noch neue Nutzerinnen und Nutzer gewinnen zu können.
Wer ernsthaft den Wandel zu einer nachhaltigen Mobilität will, darf solche Fortschritte nicht mutwillig torpedieren. Oder war das gar eine Hilfe für die Autolobby?
Ich halte Michael Kretschmers Statement für kein Klagelied. Er hat als Spitzenpolitiker einfach mal viele Aspekte “unter einen Hut” zu bekommen. Sie finden er könnte schnöde gekauft sein? Kann ich mir nicht vorstellen. Meine ich ganz unironisch.
Was ist eigentlich mit der Lastwagenmotorisierung? Soll die ab Fabrik in 10 Jahren auch vollelektrifiziert sein? (Was machen wir dann mit dem Verharmlosungsbegriff “Brummi”?) Ähm, wie wäre es mal mit Eisenbahn-Gütertransport? Ok, sollte nicht sein. Muß ein Irrtum unserer Vorfahren gewesen sein, ganz Plagwitz mit Anschlußgleisen zu versehen. Kann man heute schön auf den Trassen radeln, auch was!
MIV ist nicht per se schlecht – es gibt ja durchaus Situationen, wo das eigene Auto die mit Abstand sinnvollste Mobilitätsform ist: sonst zu umständlich, zu lange, zu teuer, zu gefährlich, was Größeres zu transportieren usw.
Die Frage, wer diese Entscheidung denn nun treffen darf, ist eigtl auch sehr einfach: Jeder Mensch selbst, wie auch sonst.
Dummerweise stimmen aber Stand heute die Rahmenbedingungen nicht, die zu dieser Entscheidung beitragen: Warum ist es denn zu umständlich/teuer/gefährlich? Werden da vielleicht die falschen Subventionen zu unserer aller Lasten verteilt? Wird an einer Infrastruktur gespart, die zB ÖPNV und Fahrrad attraktiver machen würde? Die Antwort weiß eigtl jede:r …
Die Probleme, mit denen wir heute kämpfen, werden durch den *exzessiven* MIV hervorgerufen: viel zu viele und viel zu große Autos (Platz/Ressourcenverschwendung, Umweltbelastung, riesige Kosten, usw), alles nichts Neues.
Reine E-Autos verbessern immerhin die erbärmliche Energieineffizienz und verringern bei geeigneten Geschwindigkeiten auch die Lärmbelastung. Das war’s an Fortschritten aber auch schon – auch E-Autos verstopfen die Straßen, sind meist viel zu groß und schwer, deren Lenker verursachen Unfälle mit Toten und Verletzten, oberhalb T30 entsteht kaum weniger Lärm, es werden Unsummen für den Straßenbau ausgegeben usw
Die deutsche Autoindustrie hat seit Jahrzehnten außer Lügen und Betrügen, Blockieren und Verhindern wenig beigetragen – insofern könnte man schadenfroh urteilen: Sie haben es nicht besser verdient als unterzugehen. Dummerweise hängt hierzulande in der Tat sehr viel daran – umso verantwortungsloser, dass unserem Michel nichts Besseres einfällt, als nur in das Gejammer einzustimmen.
Nennen Sie es gern Technologie-Transformation oder Technologiewechsel oder wie auch immer.
“Transitionen organisieren” ist genau der Punkt. Das heißt: klare Infrastrukturpläne, bezahlbare Angebote und Mitnahme für Regionen. Nur ein “weiter so” reicht halt nicht.
Wo sind da sinnvolle Vorschläge aus der aktuellen Politikerriege?
E-Autos sind natürlich nicht die ganze Antwort — aber ein Baustein.
“Neue Mobilität” heißt, das System so zu gestalten, dass Pendler, Familien und ländliche Regionen Optionen haben, ohne dass die Städte ersticken.
Es muss einen Systemwechsel geben, hin zu elektrischen Antrieben, Wasserstoff, synthetischen Kraftstoffen für Ausnahmen, digitale und energetische Integration (Ladeinfrastruktur, Netze, Logistik), multimodale Verkehrskonzepte (Sharing, MaaS, gutes ÖPNV-Netz) und natürlich auch eine Stärkung der aktiven Mobilität wie Rad oder Fußwege.
Und nun setzen Sie das mal den Aussagen der 2 obigen Pappnasen gegenüber: Da kann einem nur richtig schlecht werden.
Wie lange soll der alte Gaul noch geritten werden?
Geschürte Angst, lieber User “Christian”, gibt es überall. Etwa durch Wissenschaftler, die sich ungeniert vornehmen, der Politik “auch mal etwas Angst zu machen”, wie ich vor vielleicht vier Jahren aus dem Munde einer nicht ganz namenlosen hiesigen Koryphäe aus der Onkologie vernahm.
Was meinen Sie eigentlich mit “neuer Mobilität”? Mittelsachsen mit ÖV neu zu durchziehen? Gern!
Und was ist eigentlich am E-Auto so toll, gegeben, daß MIV per se als vorgestrig angesehen wird. Wieso dann noch Antriebswende?
Die Politik soll gefälligst dafür sorgen, Transitionen zu organisieren oder wenigstens zu befördern. Und zwar so, daß die Majorität der Menschen ernstgenommen bleibt. Dazu gehört mehr als Antriebswenden voranzutreiben (was für ein martialisches Wort).
Eine schöne Zusammenfassung.
Auffällig ist, wie hier mit Angst gearbeitet wird: Ohne Auto angeblich kein Industriestandort, ganze Regionen angeblich am Abgrund. Dabei ist es nicht die Bevölkerung, die verschläft, sondern die großen Autokonzerne, die viel zu lange an alten und bequemen Geschäftsmodellen festhielten.
Wer sich von dieser Rhetorik einlullen lässt, läuft Gefahr, genau die Antriebswende zu verpassen, die andere Länder längst ernsthaft vorantreiben. Stattdessen braucht es Ehrlichkeit: weniger Panikmache, mehr Innovation und Investitionen in neue Mobilität.
Die Frage ist gar nicht, ob das Auto bleibt – sondern ob die deutsche Autoindustrie beim Wandel noch eine Rolle spielen wird.
Diese haben sich bisher allenfalls auf Luxusfahrzeuge und hohe Margen konzentriert; günstige kleine E-Autos Fehlanzeige. (Diese Ziele hörte ich auch um 2 Ecken von einem Manager dieses Sektors).
Kretschmer und Söder betreiben hier astreine Lobbypolitik, auf Kosten der Zukunft. Und zum Machterhalt.
Doch das wird ausländische Hersteller nicht bremsen…