Im Oktober veröffentlichte die Stadt Leipzig ihren ersten Entwurf zur Kommunalen Wärmeplanung. Zu dem nahm natürlich auch das Leipziger Bündnis 180° Wärmewende Stellung, das nun schon seit Jahren Druck macht, damit Leipzig auch beim Heizen aus den fossilen Energien aussteigt. Jetzt nimmt der Umbau endlich Konturen an. Aber, so das Bündnis: „Während wir viele Teile des Plans befürworten, fordern wir allerdings von der Stadt einen viel intensiveren Fokus auf die soziale Verträglichkeit der Wärmewende, und eine klarere Kommunikation und Planung zur Stilllegung des Gasnetzes.“
In einigen Debatten der letzten Zeit wurde ja tatsächlich noch darüber spekuliert, ob man die alten Gasleitungen, mit denen heute die Gebäude mit Erdgas versorgt werden, auch mit Wasserstoff befüllen könnte. Doch das würde kein Mensch bezahlen können. Und die Stadtwerke Leipzig haben auch gar nicht vor, so vorzugehen.
Was wird aus den Gasnetzen?
Was aus Sicht des Bündnisses 180° Wärmewende die Frage aufwirft: Warum planen die Stadtwerke dann nicht auch den Rückbau der alten Gasnetze?
„Die dezentrale Nutzung von Wasserstoff oder Biogas/Biomethan zur Wärmeerzeugung ist im KWP –richtigerweise – ausdrücklich nicht vorgesehen. Umso unklarer ist, weshalb in der Sensitivitätsanalyse (S. 87) Gasnetzentgelte berücksichtigt werden, die aufgrund eines zukünftigen Gasnetzbetriebs mit klimaneutralen Gasen anfallen würden.
Ein Gasnetzstilllegungsplan, der sich als logische Konsequenz aus den zuvor genannten Gründen ergibt, wurde nicht vorbereitet. Dies wird mit § 17 EnWG begründet, der jeder Kundschaft eine diskriminierungsfreie Möglichkeit zum Gasnetzanschluss einräumt, sofern dieser wirtschaftlich zumutbar ist. Der KWP sieht hierin einen Widerspruch, wo keiner besteht: Je näher das Jahr 2045 rückt, desto unwirtschaftlicher wird ein Gasnetzanschluss.
Durch eine Simulation der Anschlusskosten und den schrittweisen Austritt immer weiterer Verbraucher:innen – und damit steigender Netzentgelte – kann ein Stilllegungsplan erstellt werden. Ein fehlender Gasnetzrückbauplan schafft falsche Anreize und verursacht private wie volkswirtschaftliche Mehrkosten. Mit der kommenden Umsetzung der EU-Gasrichtlinie 2024/1788 in nationales Recht entsteht die Grundlage für die kommunale Gasnetzstilllegung. Wir fordern eine sofortige Planung der Gasnetzstilllegung, die für eine erfolgreiche Umsetzung unabdingbar ist.“
Zahlen am Ende vor allem die Mieter?
Es ist nicht der einzige Punkt, an dem 180° Wärmewende befürchtet, dass die Wärmewende in Leipzig vor allem zu Lasten der Mieterinnen und Mieter geht.
Der im Oktober vorgestellte Kommunale Wärmeplan stellte nämlich einen Konflikt fest: „Eigentümer tragen Investitionskosten, Mieter hingegen die Heizkosten, ohne Einfluss auf Technik oder Sanierungsumfang und -zeitpunkt.“ (S. 115).
„Tatsächlich werden jedoch die Investitionskosten – und sogar Gewinne darüber hinaus – durch die Modernisierungsumlage ebenfalls auf die Mieter:innen abgewälzt“, stellt 180° Wärmewende fest. „Vermieter:innen können nach einzelnen Modernisierungsmaßnahmen die Nettomiete dauerhaft um bis zu 8 % erhöhen (eine bundespolitische Erhöhung auf 12 % wird diskutiert).
Durch die prozentuale Mieterhöhung entsteht zudem ein zusätzlicher Gewinnertrag für Eigentümer:innen, da die Umlage bestehen bleibt, selbst wenn die Sanierungskosten bereits vollständig refinanziert sind. Ohne Gegenmaßnahmen der Stadt Leipzig würde dies soziale Spannungen verstärken und die Realisierbarkeit der Wärmewende gefährden. Der KWP muss bei der Maßnahmenplanung berücksichtigen, dass in Leipzig 87 % der Bevölkerung zur Miete wohnen und weder über finanzielle Mittel noch über Wohneigentum verfügen.“
Leipzig müsse daher appellativen Druck auf die Bundesebene ausüben und diese verfehlten politischen Entscheidungen klar kritisieren, stellt das Bündnis fest: „Statt eines Verständnisses vom ‘Schutz des Eigentums’ braucht es eine Perspektive der ‚Pflichten des Eigentums‘: Wer das Privileg besitzt, Wohneigentum zu haben, trägt auch die Verantwortung für dessen klimaneutrale Transformation.
Es gibt ein Grundrecht auf Klimaschutz – auch im Gebäudebestand – und dessen Umsetzung muss von den Eigentümer:innen getragen werden, die zugleich die Vorteile des Eigentums genießen. Wir fordern daher, dass sich die Stadt Leipzig für die Abschaffung der Modernisierungsumlage einsetzt und Eigentümer:innen als die Kostenträger der energetischen Gebäudesanierung betrachtet.“
Der Bund muss seine Hausaufgaben machen
Das ist letztlich die Frage, die geklärt werden muss: Wer am Ende tatsächlich die Kosten der Wärmewende bezahlt. Oder ob diese dann einfach als Kostenfaktor auf den Mieten aufschlagen, was für viele Leipziger das Wohnen erst recht unbezahlbar machen dürfte.
Erst recht, wenn es parallel zum Austausch der Heizmedien nicht auch Maßnahmen zur energetischen Sanierung geben wird. Denn teuer kann es auch werden, wenn dann zwar Fernwärme anliegt, das Haus aber energetisch ein Schweizer Käse ist.
Und so merkt das Bündnis auch noch an: „Nichtsdestotrotz fehlen trotz der im KWP vorgesehenen Erhöhung der Sanierungsquote von 1,0 %/a auf 1,5 %/a und der Analyse, in welchen Gebieten Sanierungen in welchem Umfang umgesetzt werden können, konkrete Maßnahmen zur praktischen Umsetzung der im Wärmeplan angenommenen Energieeinsparungen.“
Was aber ebenfalls wieder finanzielle Folgen für die Mieter hat. Das Grundproblem liegt im Grunde auf Bundesebene, wo sich bislang überhaupt noch nicht gründlich mit der Frage beschäftigt wurde, wie man die Wärmewende sozial verträglich abfedern kann. Man hat die Sache erst einmal an die Kommunen delegiert, die Wärmepläne aufstellen sollen.
Und die schon allein bei den technischen Anschubkosten merken, dass es hier sehr schnell teuer wird, weshalb Leipzig den Stadtwerken in den ersten Jahren jährlich 100 Millionen Euro zur Verfügung stellt, damit die Sache überhaupt ins Rollen kommt und vor allem jene Gebiete, wo Fernwärmeanschluss möglich ist, auch mit Fernwärmeleitungen bestückt werden.
Die Stellungnahme des Bündnisses 180° Wärmewende zum Kommunalen Wärmeplan der Stadt Leipzig
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