Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Heute geht es um eine Kirche in Leipzig, die allzu oft übersehen wird – wohl weil sie auf den ersten Blick wie ein normales Wohnhaus aussieht.

Die Kirche Marienbrunn ist das Gotteshaus der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens in Marienbrunn, dem Stadtteil im Leipziger Stadtbezirk Süd, Lerchenrain 1. Sie wurde von 1927 bis 1928 erbaut und steht unter Denkmalschutz.

Das Gebäude ist von außen kaum als Kirche zu erkennen, auch weil es ohne Kirchturm ist. Es steht nahe dem Völkerschlachtdenkmal. Zum Gemeindebezirk gehören der Stadtteil Marienbrunn und das Neubaugebiet Lößnig.

Architektur und Ausstattung

Das Bauwerk, das ursprünglich nicht nur der Kirchgemeinde als Gemeindehaus diente, ist ein zweigeschossiger Putzbau mit Portal- und Fassadendekoration im Stil der 1920er Jahre nach Plänen von Architekt Georg Staufert. Das Gebäude ist als Teil der Gartenvorstadt Marienbrunn ortshistorisch, städtebaulich, baugeschichtlich und sozialgeschichtlich von Bedeutung.

Das Gemeindehaus ist mit Pilastergliederung, rundbogigem Portal sowie Dekor in Art-déco-Formen an Schlussstein und Gewänden gestaltet. Es hat ein geknicktes Walmdach mit Dreiecksgiebel über der Mittelachse. Rückwärtig schließt sich der Saaltrakt an.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Gemeindesaal zum Kirchensaal mit aktuell rund 180 Plätzen umgestaltet, der Altarbogen eingebaut und im Jahr 1950 das Christophorus-Fenster im Altarraum eingesetzt. Nach dem Entwurf der Künstlerin Paula Jordan zeigt das Fenster die Legende vom heiligen Christophorus, der das Christuskind durchs Wasser trägt. Dasselbe Motiv hat das Dienstsiegel der Kirchgemeinde.

Dem lange bei den Gottesdiensten genutzten Harmonium folgte Mitte der 1960er Jahre eine kleine Schuke-Orgel. Ihre Gesamtkosten betrugen 16.017 Mark, die damals ein Unterstützer aus Bleckede stiftete. Orgelweihe war am 16. Mai 1965.

Geschichte

Das Gemeindehaus Marienbrunn hat seinen Ursprung im Zuzug evangelischer Christen in die Häuser des damals neu errichteten Areals „Gartenvorstadt Marienbrunn“ der Internationalen Baufachausstellung von 1913. Evangelische Christen aus Marienbrunn gehörten zunächst zu Connewitz, wo sie den Gottesdienst besuchten. Später folgten Gottesdienste in der „Gaststätte Marienbrunn“ – kurz „Mary“ genannt.

Zu sehen ist der Glockenträger mit der geschenkten Glocke. Foto: Ghostwriter123, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=138369480
Der Glockenträger mit der geschenkten Glocke. Foto: Ghostwriter123, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=138369480

Im Oktober 1926 gründete sich ein „Marienbrunn Ausschuss“, der sich die Schaffung eines Kirchenraumes zum Ziel hatte: 366 Unterschriften unterstützten den Antrag zur Errichtung eines Kirchgemeindehauses.

Grundsteinlegung war am 31. Oktober 1927 – mit neun Hammerschlägen wurden die Arbeiten am Haus gesegnet. Die Baukosten betrugen 96.934,64 Reichsmark. Feierliche Einweihung war am 2. September 1928. Die erste Konfirmation gab es am 24. März 1929, dabei wurden elf Mädchen und sieben Jungen konfirmiert.
Anfangs wurde das Gebäude als Gemeindehaus im mehrfachen Sinn genutzt: Die Kirchgemeinde war der Hauptnutzer, darüber hinaus stand es für weitere Veranstaltungen offen.

Weiterhin bestand der Wunsch, eine eigene, richtige Kirche zu bauen. Das Grundstücksamt der Stadt Leipzig schlug 1930 einen Bauplatz zwischen Heinzelmannweg, Hirtenweg, Rapunzelweg und Zaubererweg vor – womöglich um an die ehemalige Heilig-Kreuz-Kirche Ölschwitz zu erinnern, die wohl in der Nähe der späteren Konsum-Verkaufsstelle „Märchenwiese“ gestanden hat.

1935 versuchte der damalige Pfarrer Kröning, den Bauplatz am östlichen Ende der Märchenwiese für den Kirchenbau zu erwerben. Jedoch blieben die Verhandlungen erfolglos. Aufgrund der Zugehörigkeit des Neubaugebietes in Lößnig gab es fast 30 Jahre lang zwei Pfarrer in Marienbrunn.

Kirchgemeinde

Seit 1929 gab es Bemühungen, Marienbrunn als eigenen Pfarrbezirk oder als selbstständige Gemeinde auszupfarren. Am 1. April 1950 wurde die eigenständige Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Leipzig-Marienbrunn gegründet. Vom 1. August 2006 bis 31. Dezember 2019 gab es eine Schwesterkirchverbindung mit der Auenkirchgemeinde Markkleeberg-Ost.

Aufgrund der Strukturreform der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens wurden am 1. Januar 2020 die Peterskirchgemeinde, die Bethlehemgemeinde, die Paul-Gerhardt-Kirchgemeinde und Marienbrunn vereinigt zur Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde im Leipziger Süden. Es besteht eine Schwesterkirchverbindung mit dem Kirchenquartett Probstheida-Störmthal-Güldengossa-Wachau.

Kirchenglocke als Geschenk

1995 feierte die Kirchgemeinde Marienbrunn das 10-jährige Bestehen der Gemeindepartnerschaft mit den Kirchgemeinden Duinzechtkerk und Vredeskapell aus Den Haag. Die Partnerkirchgemeinden hatten ein besonderes Geschenk dabei – sie brachten eine Kirchenglocke mit: Die Bronzeglocke mit 515 Millimeter unterem Durchmesser hat rund 80 Kilogramm Gewicht und den Schlagton ~ g′′.

Vier Jahre später, am 3. Oktober 1999, erklang sie erstmals im extra geschaffenen, hölzernen Glockenträger. Sie wird von Hand per Seilzug geläutet und ruft seitdem die Gläubigen zu Gebet und Gottesdienst.

Koordinaten: 51° 18′ 40,6″ N, 12° 24′ 5,2″ O

Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Kirche_Marienbrunn

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