Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Heute geht es um ein Gotteshaus im Zentrum von Leipzig mit besonderer Verbindung zum historischen Herbst 1989. Die Evangelisch-Reformierte Kirche am Tröndlinring 7 in Leipzig ist das Gotteshaus der Evangelisch Reformierten Kirche zu Leipzig.

Seit dem Jahr 1700 bildeten in Leipzig die Glaubensflüchtlinge aus Frankreich, die Hugenotten, eine eigene Kirchengemeinde. Als ihre erste Kirche baute sie 1766 einen Betsaal in das Amtshaus ein, der 1841 umgestaltet wurde. Die Kirchgemeinde wuchs im Laufe der Zeit dank der Zuzüge aus anderen Gebieten.

Bauwerk

In den Jahren 1896–1899 wurde eine neue Kirche samt angeschlossenem Predigerhaus nach einem Entwurf der Leipziger Architekten Georg Weidenbach und Richard Tschammer erbaut. Der Gesamtkomplex gilt als erstes Beispiel für einen einheitlichen Kirchgemeindebau. Er wurde auf der Pariser Weltausstellung 1900 mit einem 1. Preis ausgezeichnet.

Der im Stil der Neorenaissance gehaltene Kirchenbau mit dem markanten, 73 Meter hohen Kirchturm befindet sich nördlich der historischen Innenstadt. Die Weihe der Kirche erfolgte am 12. März 1899.

Während der schweren Luftangriffe auf Leipzig am 4. Dezember 1943 wurde sie beschädigt, der Wiederaufbau dauerte bis 1969. In den Jahren 1992 bis 1996 wurde die Kirche umfassend renoviert.

Die Evangelisch-Reformierte Kirche Leipzig mit dem Pfarrhaus links (Joeb07, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7795069)
Evangelisch-Reformierte Kirche Leipzig mit dem Pfarrhaus links (Joeb07, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7795069)

Jehmlich-Orgel

Die Orgel wurde 1969 von der Orgelbauwerkstatt Jehmlich Dresden erbaut. Das Schleifladen-Instrument hat 24 klingende Register mit 1.810 Pfeifen auf zwei Manualen und Pedal.

Die Innenansicht, Blick zur Orgel (Tnemtsoni, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30167885)
Innenansicht, Blick zur Orgel (Tnemtsoni, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30167885)

Friedliche Revolution 1989

Ab dem 2. Oktober 1989 fanden in der Reformierten Kirche Friedensgebete statt. Am 9. Oktober 1989 filmten die Bürgerrechtler Aram Radomski und Siegbert Schefke die Montags-Demonstration aus einem Versteck in der Kirchturmspitze der Reformierten Kirche Leipzig. Sie übergaben die Filmkassette einem „Spiegel“-Korrespondenten – der nahm sie mit nach Hamburg und übergab sie dem Norddeutschen Rundfunk.

Diese Aufnahmen – die wohl ersten bewegten Bilder einer Montags-Demonstration in Leipzig – wurden am nächsten Tag im West-Fernsehen ausgestrahlt: zuerst in Ausschnitten in der Sendung „Report“ sowie ausgiebig in den ARD-„Tagesthemen“.

Jene Video-Momente wurden zum unschätzbaren Dokument und Beweis des nicht mehr politisch kontrollierbaren, kraftvollen Veränderungswillens in der Spätphase der sich selbst so bezeichnenden „Arbeiter-und-Bauern-Staats“ – und sie waren der vielleicht ausschlaggebende Impuls für den Anfang vom Ende der SED-Diktatur und der DDR. Zugleich machten sie Leipzigs Auftakt-Demonstration zur Friedlichen Revolution 1989 weltweit bekannt – und damit zumindest indirekt auch die Reformierte Kirche Leipzig.

Koordinaten: 51° 20′ 40,9″ N, 12° 22′ 24,1″ O

Die Reformierte Kirche auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Reformierte_Kirche_(Leipzig)

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