Gleich zwei sächsische Rechtsextreme machten heute Schlagzeilen: Der Eine wurde im Rahmen einer Razzia im Landkreis Meißen festgenommen, weil er verdächtigt wird, jahrelang rechtsextreme Lektüre über den Verlag „Der Schelm“ maßgeblich vertrieben zu haben. Der Andere soll monatelang als Pförtner das Gebäude des Verfassungsschutzes in Dresden geschützt haben. Außerdem plant der Wohnungskonzern Vonovia im Angesicht der Inflation Mieterhöhungen und ab heute kann das 9-Euro-Ticket im ÖPNV genutzt werden.

Razzia im Umfeld eines Neonazi-Verlags: Eine Festnahme

Bei einer Razzia hat die Polizei im sächsischen Röderaue (Landkreis Meißen) heute einen Mann festgenommen, dem die Mitgliedschaft in einer rechtsextremistischen kriminellen Vereinigung vorgeworfen wird. Bei dem Beschuldigten handelt es sich um Matthias B., der laut dem Generalbundesanwalt maßgeblich am Vertrieb nationalsozialistischer Lektüre über den Verlag „Der Schelm“ beteiligt war.

Matthias B. soll morgen (2. Juni) dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, der ihm den Haftbefehl eröffnen und über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheiden wird. Räumlichkeiten, die mit dem Verlag zusammenhängen, wurden zuletzt im Dezember 2020 polizeilich durchsucht – damals unter anderem die Privatwohnung des Leipziger Rechtsextremen und Ex-NPD-Stadtrates Enrico B.

Details zur heutigen Durchsuchungsaktion der Polizei und Hintergründe zu „Der Schelm“ hat Kollege Michael Freitag aufgeschrieben.

Neonazi arbeitete als Pförtner bei sächsischem Verfassungsschutz

Während einige Neonazis in Sachsen jahrelang rechtsextremistische, strafrechtlich relevante Schriften verbreiten können, ohne festgenommen zu werden, bewachen andere monatelang die Tore des Verfassungsschutzes, ohne identifiziert zu werden. Heute wurde bekannt, dass der Dresdner NPD-Politiker Hartmut Krien von März bis Mitte Mai als Pförtner des Verfassungsschutzs-Gebäudes in der Landeshauptstadt gearbeitet hat. Zuerst berichtete die „Bild“ darüber.

Angestellt war Krien demnach über eine Security-Firma, die vom Staatsschutz mit der Sicherung des Gebäudes beauftragt ist. Die Pforte, in der der Rechtsextreme Krien über mehrere Wochen hinweg alle Ein- und Ausgehenden überprüfte, sichert nicht nur den Zugang zu den Räumlichkeiten des sächsischen Verfassungsschutzes, sondern auch zum Terror- und Extremismus-Abwehrzentrum (PTAZ) des Landeskriminalamtes (LKA).

Hartmut Krien saß von 2004 bis 2019 für die NPD im Dresdner Stadtrat und wurde bereits in mehreren Verfassungsschutzberichten als Bundeschef der „Kommunalpolitischen Vereinigung der NPD“ erwähnt. Dass Kriens Gesinnung zu Beginn seiner Anstellung nicht aufgefallen sei, erklärt das Innenministerium mit der aktuellen Rechtslage. Eine routinemäßige Abfrage von Personendaten beim Verfassungsschutz vor einer solchen Anstellung sieht das Gesetz laut einem Ministeriumssprecher nicht vor.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) will nun einen Gesetzesentwurf vorlegen, um solche Abfragen in Zukunft möglich zu machen.

Immobilienkonzern Vonovia kündigt Mieterhöhungen an

Der börsennotierte Immobilienkonzern Vonovia hat angekündigt, seine Mieten künftig jährlich zu erhöhen, sollte die Inflationsrate auf dem aktuellen Niveau bleiben. In einem Interview mit dem „Handelsblatt“ sagte Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch, dass er im Angesicht der Inflation deutliche Mieterhöhungen für unausweichlich halte.

Daraufhin hagelte es heute Kritik an Deutschlands größtem Wohnungsunternehmen. Der Deutsche Mieterbund bezeichnete die Pläne Vonovias als Ausdruck des „unsozialen und spekulativen Geschäftsmodells börsennotierter Wohnungskonzerne“. Der Präsident des DMB, Lukas Siebenkotten, zeigt sich entsetzt darüber, „dass Mieterinnen und Mieter für den eingebrochenen Aktienkurs von Vonovia und höhere Zinsen am Kapitalmarkt herhalten müssen“.

Die Vonovia SE, Deutschlands größter Immobilienkonzern mit rund 565.000 Wohnungen, hat im Pandemie-Jahr 2021 rund 1,7 Milliarden EUR Gewinn erzielt und mit 1,66 Euro je Aktie die höchste Dividende der Unternehmensgeschichte ausgezahlt. Im selben Jahr wurden die Mieten in den konzerneigenen Wohnungen im Durchschnitt um 3,8 % erhöht, mit Steigerungsraten von bis zu 8 % allein in Berlin. Zusätzlich wurde für 19 Mrd. Euro die Deutsche Wohnen, der bis dahin zweitgrößte börsennotierte Immobilienkonzern mit rund 150.000 Wohnungen, übernommen.

Über eine halbe Million Wohnungen besitzt die Vonovia-Gesellschaft weltweit, davon Zehntausende in Leipzig.

Start fürs 9-Euro-Ticket, Mord an Walter Lübcke jährt sich und Warnstreik in Stahlbetrieben

Worüber die LZ heute berichtet hat: über den heute fortgesetzten Gerichtsprozess bezüglich eines Großbrands in Nordsachsen 2020,

über die Hintergründe der heutigen polizeilichen Durchsuchungsmaßnahme im Umfeld des rechtsextremen Verlags „Der Schelm“

über die „WTF? WTF! –Wissenschaft trifft Freundschaft“-Lesung im Rahmen des Wave Gotik Treffens (WGT)

und über den Erfolg des Pilotprojekts „Leipziger Reparaturbonus“

Was heute außerdem wichtig war: Seit heute kann der ÖPNV deutschlandweit mit dem sogenannten 9-Euro-Ticket genutzt werden. Interessierte können das Aktionsticket jeweils für die Monate Juni, Juli und August für neun Euro erwerben und innerhalb eines Kalendermonats unbegrenzt oft und verkehrsverbundübergreifend in Regionalbussen und -zügen genutzt werden.

Das Ticket wurde von der Bundesregierung vorübergehend eingeführt, um einen „Anreiz zum Energiesparen“ zu setzen und diejenigen zum Nutzen von Bus und Bahn anzuregen, „die den ÖPNV noch nicht kennen“.

Heute jährt sich außerdem der Tod des CDU-Politikers Walter Lübcke zum dritten Mal. Lübcke wurde in der Nacht von 1. auf den 2. Juni 2019 von einem Rechtsextremisten auf seinem Privatgrundstück per Kopfschuss ermordet. Lübcke war zuvor Opfer von rechten Hetzkampagnen geworden, weil er sich öffentlich wiederholt für die Aufnahme von Geflüchteten ausgesprochen hatte. Walter Lübcke ist der erste deutsche Politiker, der in der Bundesrepublik Deutschland aus rechtsextremen Motiven getötet wurde.

Was morgen passieren wird: In sieben ostdeutschen Stahlbetrieben legen Beschäftigte morgen ihre Arbeit im Rahmen eines Warnstreiks nieder. Das kündigte die IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen heute an. Bereits vor einigen Tagen hatte die Industriegewerkschaft (IG) Metall Warnstreiks ab dem 1. Juni angekündigt, um den Druck auf die Arbeitgeber/-innen zu erhöhen. Nach zwei Verhandlungsrunden im aktuellen Tarifstreit gibt es keine Einigung. Heute streikten deshalb bereits in Gelsenkirchen und Salzgitter Stahlarbeiter/-innen.

Die IG Metall fordert eine Erhöhung der Monatsentgelte um 8,2 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Darüber hinaus sollen die Tarifverträge zur Altersteilzeit über den Einsatz von Werkverträgen und zur Beschäftigungssicherung verlängert werden.

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